Winzer Das Klima und der Weinbau - Mal zu trocken, mal zu nass, mal zu heiß

Wittlich · Die Klimaveränderung hat positive und negative Auswirkungen auf den Weinbau. Winzer müssen vorausschauender agieren. 500 Besucher informieren sich beim Weinbautag über Trends und neue wissenschaftliche Erkenntnisse.

 Aufmerksame Zuhörer am Dienstag beim Weinbautag in Wittlich.

Aufmerksame Zuhörer am Dienstag beim Weinbautag in Wittlich.

Foto: TV/Winfried Simon

Eine Aussage von Professor Hans Reiner Schulz von der Hochschule Geisenheim beim Mosel-Weinbautag gestern im Eventum Wittlich verblüffte die rund 500 Zuhörer besonders. „Hätten wir jetzt wieder solche Weinjahrgänge wie 1980, 1984 oder 1987 wäre der deutsche Wein am internationalen Weinmarkt weg vom Fenster.“

Jeder Winzer weiß: Diese Jahrgänge waren außerordentlich schlecht, die Mostgewichte sehr niedrig und die Säurewerte umso höher. Doch seit 1987 hat es in Deutschland keinen schlechten Jahrgang mehr gegeben. Hauptgrund ist die Klimaveränderung.

Mit ihren Auswirkungen auf den Weinbau befasst sich Schulz seit 25 Jahren. Eine Erkenntnis lautet also: Der Klimawandel hat dem deutschen Wein eine bessere Position im Sinne einer verlässlichen qualitativen Produktion am Markt verschafft.

Doch was bringt die weitere Zukunft? Wie sieht es in 20, 30 Jahren aus? Schulz ist Wissenschaftler und hält sich an Fakten. Er malt nicht wie manch anderer ein Horrorszenario an die Wand. Vor fünf Jahren verunsicherte eine wissenschaftlich nicht fundierte Vorhersage die Weinwelt. Viele traditionelle Rebsorten würden wegen der Klimaveränderung von ihren bisherigen Standorten verschwinden, hieß es.

Schulz: „Die Rebsortendiskussion wurde hochgradig vereinfacht, an der Mosel wird es auch weiterhin den Riesling geben.“ Die Landwirtschaft sei kein Korallenriff und sehr anpassungsfähig. Das Augenmerk müsse auf Strategien gelegt werden, die die Klimaveränderung berücksichtigen. Zu nennen seien unter anderem neue Begrünungspflanzen und Unterlagssorten oder die Ausrichtung der Rebzeilen in Nord-Süd oder Ost-West-Richtung.

Fakt ist: In unseren Breitengraden sind die Durchschnittstemperaturen vor allem in der Reifeperiode, also von August bis Oktober, um deutlich über zwei Grad gestiegen. In der Vegetationszeit verdunstet mehr Wasser. In Zukunft komme es darauf an, möglichst früh über den Wasserhaushalt des Bodens Bescheid zu wissen, um weinbauliche Maßnahmen ergreifen zu können. Die Hochschule Geisenheim arbeite derzeit an einer App, die dem Winzer für jede einzelne Parzelle Informationen über den aktuellen Wasserhaushalt an die Hand gebe.

Ein weiterer Effekt der Klimaveränderung: Niederschläge mit großen Mengen in sehr kurzer Zeit nehmen zu.

Damit steige die Gefahr der Bodenerosion, was vor allem die Steillagen betreffe. Und: Höhere Temperaturen in Verbindung mit starkem Niederschlagsaufkommen führen zu stärkerer Fäulnisentwicklung. Auf eine Auswirkung der Klimaveränderung wies Schulz besonders hin. Die Variabilität, also die Schwankungen bei den Niederschlägen und der Temperatur nimmt zu. Das heißt: Die Winzer müssen in Zukunft im Weinberg viel vorausschauender agieren.

Das Jahr 2018 war wegen der Hitze und extremen Trockenheit eines der Außergewöhnlichsten überhaupt. Wie wird sich das auf die Inhaltsstoffe und damit auf den Geschmack des Weines auswirken? Schulz. „Das ist die Gretchenfrage überhaupt.“

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