Die meisten bösartigen Erkrankungen ließen sich vermeiden

Viele Menschen scheuen eine Darmspiegelung – Nicht wenige bezahlen das mit ihrem Leben

Die meisten bösartigen Erkrankungen ließen sich vermeiden
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Unter den Tumorarten ist der Darmkrebs einzigartig. Im Gegensatz zu anderen bösartigen Erkrankungen lässt er sich nicht nur frühzeitig aufspüren, sondern sogar vermeiden. Denn in fast allen Fällen entwickelt sich der Krebs aus Darmpolypen, welche sich in aller Regel rasch und simpel entfernen lassen. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Jährlich erkranken in Deutschland noch immer über 60.000 Menschen an Dickdarm- oder Mastdarmkrebs, und fünf Jahre nach der Diagnose lebt nur mehr die Hälfte der Betroffenen, beziffert das Robert Koch Institut. Zwar ging sowohl die Zahl der Neudiagnosen wie auch die Sterberate in den vergangenen Jahren zurück, doch für unheilbar erkrankte Patienten und deren Angehörige ist die Statistik nur ein schwacher Trost.

Dabei ließen sich die meisten Darmkrebsleiden problemlos verhindern, weiß Privatdozent Dr. med. Thomas Zimmer, Internist und Facharzt für Gastroenterologie. Der niedergelassene Mediziner praktiziert in seinen Arztpraxen in Bernkastel-Kues und Wittlich und ist Konsiliararzt im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen Ehrang. Zimmer verweist auf Studien, wonach sich 90 Prozent der Tumoren aus den leicht aufspürbaren Polypen entwickeln. Meist dauert es Jahre, bis die Wucherung außer Kontrolle gerät und zu einem Krebs wird. Das Tückische: Häufig zeigen sich Symptome erst in einem relativ späten Stadium, etwa in Form von Bauchschmerzen, Stuhlveränderungen wie anhaltende Durchfälle oder Verstopfung, Blähungen oder in Form von Blutungen. Zwar können die Ursachen für letzteres auch in eher ungefährlichen Leiden wie Hämorrhoiden liegen, doch rät Dr. Zimmer, bei Blutungen in jedem Fall den Hausarzt aufzusuchen und sich an einen Facharzt für Gastroenterologie überweisen zu lassen.
Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, steigt mit dem Alter. So erhält mehr als die Hälfte aller Betroffenen die Diagnose erst ab dem 70. Lebensjahr, nur rund 10 Prozent der Erkrankten sind jünger als 55 Jahre. Das ist einer der Gründe, warum gesetzlich Versicherten ab dem 55. Lebensjahr eine Darmspiegelung zur Früherkennung zusteht. Zudem können Kassenmitglieder bereits im Alter zwischen 50 bis 54 Jahren jährlich einen Test auf verstecktes Blut im Stuhl verlangen. Zwar zeigten vielfältige Kampagnen, die für eine regelmäßige Darmkrebsvorsorge werben, Wirkung, doch noch immer meidet die Mehrzahl der Menschen die Koloskopie und wird erst aktiv, wenn Symptome den Weg in die Praxis weisen.

Dr. Thomas Zimmer erlebt häufig, dass das Thema nach wie vor schambehaftet ist, so auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Gerade ältere Menschen täten sich noch schwer mit der Vorstellung, eine Darmspiegelung machen zu lassen, doch auch bei jüngeren gebe es eine gewisse Furcht vor Schmerzen und Komplikationen. Der Mediziner kann hier beruhigen: Die Patienten werden für die Dauer der Untersuchung, die in der Regel nach 20 Minuten abgeschlossen ist, in einen kurzen Tiefschlaf versetzt. Von dem Endoskop, das ihnen rektal eingeführt wird, bekommen die allerwenigsten etwas mit. Und das Risiko, dass es im Zuge einer Koloskopie zu heiklen Situationen kommt, sei extrem gering, betont Zimmer. Bei nur einer von 10.000 bis 15.000 Spiegelungen komme es zu ernsthaften Komplikationen, beziffert er.

Stößt Zimmer im Darm auf einen Polypen, trägt er diesen sogleich ab und schaltet diesen Risikofaktor aus. Auch größere Polypen entfernt der Konsiliararzt, erst ab einer bestimmten Größe oder wenn es sich bereits um einen Tumor handelt, ist der Chirurg gefordert. Zimmers Patienten hilft dessen enge Zusammenarbeit mit dem Klinikum Mutterhaus: "Ich habe das Klinikum im Rücken. Entferne ich in der Praxis einen größeren Polypen, weise ich meine Patienten ins Klinikum Mutterhaus ein, wo sie noch ein bis zwei Tage unter meiner Aufsicht stationär überwacht werden." Für Zimmer ist klar: Wer eine Darmkrebsvorsorge meidet, läuft Gefahr, später einen hohen Preis und nicht selten sogar mit seinem Leben dafür zu zahlen. Allein schon die große Chance, die eine Spiegelung in punkto Vorsorge und Früherkennung böte, sei Grund genug, sich untersuchen zu lassen.
Wie es auch gute Gründe gibt, bereits in jungen Jahren seinen Teil zur Prävention beizutragen. So ist längst erwiesen, dass Faktoren und Verhaltensweisen wie Übergewicht, Bewegungsmangel, fettreiche Ernährung und geringer Gemüseverzehr die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Darmkrebs zu erkranken. Auch Rauchen und häufiger Alkoholkonsum begünstigen die Entstehung eines Tumors. Nichtraucher, die sich viel bewegen, ballaststoffreich ernähren und nur in Maßen Alkohol genießen, haben somit bessere Chancen, dass eine Darmspiegelung in späteren Jahren das gewünschte Ergebnis bringt: alles im grünen Bereich.

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