Premiere von „Drown Desdemona“ im Grand Théatre

Am Freitagabend feiert im Grand Théatre Luxemburg eine Produktion Premiere, die sich als ein herausragendes Ereignis des Kulturhauptstadt-Jahres entpuppen könnte. „Drown Desdemona“ ist eine außergewöhnliche Grenzüberschreitung zwischen Tanztheater, Schauspiel, Oper, Musik und Videokunst.

Davon träumt man: Dass es gelingen könnte, die verschiedenen Formen der Theaterkunst zu einer Art Gesamtkunstwerk zu verschmelzen. Wie selten das funktioniert, sieht man daran, dass es für eine solche Form im Deutschen nicht einmal einen Namen gibt. Die Franzosen tun sich damit leichter: Die Ballettoperndramakonzertperformance nennt man dort einfach „Création“.Eine solche „Création“ hat der Choreograph Philippe Talard mit „Drown Desdemona“ geschaffen. Es geht um Shakespeares Eifersuchts-Tragödie „Othello“, deren Motive Talard in Gedankenspielen, Szenen, Rückblenden, Träumen neu verhandelt.

Sieben Tänzer, Schauspieler und Sänger rollen die Geschichte wieder auf und verwischen dabei mit unglaublicher Konsequenz ihre Genres. Tänzer sprechen, Sänger tanzen, Schauspieler singen und schaffen damit ungeahnte Möglichkeiten und Varianten der Darstellung. Der Luxemburger Komponist Gast Waltzing hat dazu eine minimalistische, filmmusikartige Begleitung geschrieben, die wiederum live von dem Cellisten André Mergenthaler und dem Percussionisten Alexandre Régis ergänzt und aktualisiert wird. Damit nicht genug: Der Trie-rer FH-Professor und Videokünstler Johannes Conen erzählt, kommentiert und konterkariert die Handlung in beeindruckenden, permanent fließenden Video-Sequenzen.

Und was die Faszination von „Drown Desdemona“ ausmacht: Die verschiedenen Formen laufen nicht einfach nebeneinander her oder wechseln sich ab, sie sind aufs Filigranste miteinander verzahnt und ineinander verschränkt.Die Handlung spielt sich auf der Bühne in drei hart beleuchteten, großen, käfigartigen Karrees ab, die Talard gemeinsam mit Francois Valentiny entwickelt hat. Ihre massive Stabilität erlaubt den Tänzern und Schauspielern, (Sascha Ley, Martina Roth, Ana Arroyo, Eric Trottier, Frigyes Funtek, Philippe Chartier), ungemein kraftvoll, ja fast gewaltsam untereinander und mit dem Ambiente zu agieren.Es geht ja auch um eine brutale Geschichte: Die Ermordung Desdemonas durch ihren Mann Othello, eine Tat aus Eifersucht, jener Leidenschaft, die laut Volksmund mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Schlaglichtartig zeigt Talard - in teilweise von Shakespeare abweichender Reihenfolge - die in letzter Konsequenz tödlichen Konflikte wie in einem Wiederaufnahme-Prozess. Die Sopranistin Nicola Beller Carbone ist eine Art Kommentatorin, die anklagt, verteidigt, vermittelt, einordnet. Ihre wunderschön gesungenen und arrangierten, nur vom Cello begleiteten Arien aus Verdis „Othello“ klingen lange nach, gerade wegen der bisweilen extremen Kontraste zu den Bildern, die auf Bühne und Leinwand zu sehen sind.

Wenn die Produktion halbwegs das hält, was die Schlussproben andeuteten, sollte man sie nicht versäumen. Vorstellungen sind am Freitag, 6., Samstag, 7. und Sonntag 8. Juli jeweils um 20 Uhr, es gibt noch Karten. Tickets: 00352/4708951. Infos: www.theater-vdl.lu

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