Oberstdorf „Am liebsten würde ich heulen!“

Oberstdorf · Vollkommen unerwartet springt Markus Eisenbichler zum Start der Vier-Schanzen-Tournee aufs Podest.

 Markus Eisenbichler (links) jubelt mit seinem Teamkollegen Karl Geiger über den zweiten Platz beim Start der Vier-Schanzen-Tournee in Oberstdorf.  Foto: dpa

Markus Eisenbichler (links) jubelt mit seinem Teamkollegen Karl Geiger über den zweiten Platz beim Start der Vier-Schanzen-Tournee in Oberstdorf. Foto: dpa

Foto: dpa/Angelika Warmuth

(dpa) Im Auslauf des Skisprung-Hexenkessels brüllte Markus Eisenbichler seine ganze Freude hinaus. Nach seinem vollkommen überraschenden zweiten Platz zum Auftakt der 67. Vier-Schanzen-Tournee konnte der 27 Jahre alte Siegsdorfer sein Glück kaum fassen. Mit Sprüngen auf 133 und 129 Meter hatte Eisenbichler die DSV-Adler in Oberstdorf nach dem Scheitern der Olympiasieger Andreas Wellinger und Severin Freund vor einem durchwachsenen Tournee-Auftakt bewahrt. Er musste sich nur mit 0,4 Punkten dem japanischen Überflieger Ryoyu Kobayashi geschlagen geben.

„Die vier Zehntel tun nicht so weh, weil der Markus auch das Niveau hat, woanders ein Springen zu gewinnen. Für uns ist es super. Es war ganz, ganz wichtig für ihn“, lobte Bundestrainer Werner Schuster seinen impulsiven Schützling, der so oft zwischen den Extremen Weltklasse und Durchschnitt wandelt. „Ich bin überglücklich. Am liebsten würde ich heulen, aber ich reiße mich nochmal zusammen. Es ist unbeschreiblich. Dass es so gut läuft, das ist natürlich schon traumhaft“, sagte ein völlig überwältigter Eisenbichler.

Vor 25 500 Zuschauern am ausverkauften Schattenberg hatte er zuvor als einziger Deutscher seine Ambitionen in der Tournee-Gesamtwertung gewahrt, bevor es an Neujahr (14 Uhr/ARD und Eurosport) zur zweiten Station nach Garmisch-Partenkirchen geht. Dritter wurde der Österreicher Stefan Kraft, dem umgerechnet auch nur ein Meter auf Sieger Kobayashi fehlte.

Mit seinem ersten Flug auf 133 Meter hatte Eisenbichler lange Zeit in Führung gelegen und endlich die Leistung gezeigt, auf die sein Trainer so lange bei ihm gewartet hatte. „Das ist toll, ich freue mich riesig“, betonte Schuster. Der Österreicher, der in elf Jahren als Bundestrainer noch nie die Tournee gewonnen hat, ist bei „Eisei“ zuversichtlich für den weiteren Verlauf des ersten Saisonhöhepunkts. „Die Situation wird nicht einfacher, aber es kommen jetzt Schanzen, die er aus dem Schlaf springen kann“, sagte Schuster. „Er hat uns den Tag ein bisschen gerettet“, kommentierte Richard Freitag über seinen Teamkollegen.

 Abseits der Eisenbichler-Überraschung boten die DSV-Adler mehr Schatten als Licht. Die jahrelangen Top-Adler Freund und Wellinger schieden schon im ersten Durchgang aus und müssen alle Hoffnungen auf eine gute Platzierung im Tournee-Gesamtklassement vorzeitig begraben, auch Karl Geiger (12.) und Stephan Leyhe (13.) erfüllten die hohen Erwartungen nicht ganz.

„Ich muss das sacken lassen. Gestern habe ich den richtigen Schritt gemacht, heute waren es wieder zwei zurück. Das macht keinen Spaß“, kommentierte ein genervter Wellinger, der sich nach Rang 39 selbst „einen Scheißsprung“ attestierte. Die weitere Tournee kann er für seinen Formaufbau in Richtung WM in Seefeld im Februar nutzen.

Ob es bei Severin Freund so weit überhaupt kommt, ist offen. Der langjährige Spitzenmann des DSV scheiterte in Oberstdorf einmal mehr im ersten Durchgang und muss nun fürchten, nach der zweiten Station in Garmisch nicht mehr zum Team zu gehören. „Schade, schlechte Leistung. Es war nicht das, was ich gestern angeboten habe. Ich kann deutlich besser springen“, erklärte Freund. Als 36. landete der Niederbayer zwar noch vor Teamkollege Wellinger, in den vergangenen Wochen hatte Freund aber schon häufiger solche Resultate angeboten.

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