Watutinki Krisenbewältigung in Putins Disneyland

Watutinki · Löw ist gefordert wie nie. Heute geht’s nach Sotschi.

(dpa) Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Nach dem alarmierenden Auftakt-Crash gegen Mexiko zogen sich Joachim Löw und seine entzauberten Fußball-Weltmeister erstmal in ihr Refugium in den Wäldern von Watutinki zurück, um intern die Reihen zu schließen. Es grummelt im DFB-Team, der WM-Kurs stimmt nicht. Leistungsträger sind außer Form, eine gemeinsame Strategie von Offensive und Defensive existiert nicht. Löws Masterplan für einen bis Russland stets erfolgreichen Turnierstart verpuffte erstmals in seiner Amtszeit als Chef. Am Montag herrschte großer Redebedarf im Quartier. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Und deshalb sei auch die Niederlage „schon ein Zeichen“.

War der 17. Juni 2018 womöglich der Anfang vom Ende einer Goldenen Generation? Acht Weltmeister von 2014 standen auf dem Rasen der Finalarena. Aber sie schienen sich irgendwie fremd zu sein. Sind einige über dem Zenit? „Wir haben keine zu alte Mannschaft, davon sind wir weit entfernt“, wehrte Löw ab. „Unser Gerüst bilden Spieler, die über viel Erfahrung und eine hohe Qualität verfügen, auch wenn man das nicht so gesehen hat.“ Was tun, Herr Löw?

Der erfahrene Turniercoach muss sich in einer „für uns absolut ungewohnten Situation“ bewähren. Sein Krisenmanagement eröffnete er noch vor der Weltpresse, als er angesprochen auf die zuletzt in der Vorrunde ausgeschiedenen Weltmeister Frankreich (2002), Italien (2010) und Spanien (2014) mit Trotz reagierte: „Uns wird es nicht passieren! Wir werden es schaffen!“

Gelingen muss die Wende nun im Disneyland-Ambiente der Olympiastadt Sotschi, einem Urlaubsparadies im Reich von Wladimir Putin. Dorthin reist der DFB-Tross schon am Dienstag, vier Tage vor dem Schweden-Kracher. Ursprünglich war der Plan, sich nach einem Auftakterfolg am Schwarzen Meer in einem Hotel direkt an der Strandpromenade entspannt auf das zweite Gruppenspiel einzustimmen. Da, wo überwiegend russische Urlauber in Bettenburgen logieren und in einem angrenzenden Freizeitpark auf der Achterbahn durch Loopings rasen. Es sollte eine willkommene Abwechslung zur Abgeschiedenheit in Watutinki vor den Toren der Millionenmetropole Moskau sein.

(dpa)
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