Melbourne Schwarzer Sonntag für Kerber und Federer

Melbourne · Aus im Achtelfinale: Zwei der großen Favoriten scheitern überraschend beim Tennis-Grand-Slam-Turnier in Australien.

 Wenn es kalt wird im Sommer von Melbourne, dann greifen die Tennis-Asse schon mal zum Handtuch, um sich am liebsten zu verstecken. Im Achtelfinale der Australian Open kassierten Angelique Kerber und Roger Federer überraschende Niederlagen.

Wenn es kalt wird im Sommer von Melbourne, dann greifen die Tennis-Asse schon mal zum Handtuch, um sich am liebsten zu verstecken. Im Achtelfinale der Australian Open kassierten Angelique Kerber und Roger Federer überraschende Niederlagen.

Foto: dpa/Hamish Blair

(dpa) Angelique Kerber schaute nach ihrer klarsten Niederlage bei einem Grand-Slam-Turnier konsterniert drein und gestikulierte fragend, Roger Federer winkte noch einmal tapfer ins Publikum und hob den Daumen. Völlig überraschend haben sich am Sonntag zwei der großen Favoriten schon früh von den Australian Open verabschiedet. Kerber erlebte beim 0:6, 2:6 gegen die furchtlose Amerikanerin Danielle Collins eine Demontage, Federer erkannte nach dem 7:6 (13:11), 6:7 (3:7), 5:7, 6:7 (5:7) die Überlegenheit seines 20 Jahre alten griechischen Kontrahenten Stefanos Tsitsipas fair an.

„Ich habe gegen einen besseren Spieler verloren, der sehr gut gespielt hat“, sagte Federer nach dem Duell der Tennis-Generationen. Der Champion der vergangenen beiden Jahre erlebte damit erneut einen bitteren Abend auf großer Bühne und kann seine Bilanz von 20 Titeln bei den vier wichtigsten Turnieren auch in Melbourne nicht ausbauen. „Sagenhaft“ nannte der deutsche Herren-Tennis-Chef Boris Becker den Auftritt von Tsitsipas. Mit einem siebten Triumph in Australien wäre Federer alleiniger Rekordsieger des Turniers geworden.

Wie sie die Achtelfinal-Niederlage erlebt hatte, konnte Kerber schon beschreiben. Über womöglich tiefergehende Ursachen und die Wirkung des 0:6, 2:6 gegen die wie aufgedreht spielende Collins wusste die Wimbledonsiegerin an diesem strahlend schönen Sommer-Sonntag in Melbourne noch nicht recht etwas zu sagen. „Ich habe alles versucht, was ich konnte, aber es war komplett nicht mein Tag“, sagte Kerber. Auf dem quälend langen Heimflug haben die Australien-Siegerin von 2016 und ihr Team mit dem neuen Trainer Rainer Schüttler Gelegenheit, jene 56 Minuten zu ergründen, in denen die Weltranglisten-Zweite von der Nummer 35 der Welt an die Wand gespielt und immer wieder vorgeführt wurde. „Trotzdem werde ich Australien mit einem guten Gefühl verlassen, denn dieses Turnier ist für mich immer was Besonderes. Da wird kein Match, keine Niederlage was dran ändern“, betonte Kerber, auch wenn sie in diesem Moment noch so wirkte, als sei dieses Gefühl gerade so weit weg wie die winterliche Heimat.

Verständlich, denn die 25-jährige Collins, die vor den Australian Open noch kein Match im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers gewonnen hatte, spielte noch viel stärker als bei ihrem unerwarteten Erstrunden-Erfolg über Julia Görges. „Ich habe ihr vom ersten Punkt an gezeigt, dass ich das Match diktiere“, sagte sie. Es wirkte, als seien die S-Bahn-Züge von der benachbarten Bahntrasse direkt durch die Margaret-Court-Arena und ständig über Kerber hinweggerattert. „Dass diese amerikanische College-Spielerin unsere Beste quasi vom Platz fegt, hatte man so nicht erwartet“, sagte Becker.

Für das Team Kerber/Schüttler ergibt sich nach dem gelungenen Jahresauftakt beim Hopman Cup, dem Viertelfinale in Sydney und der bitteren Niederlage in Melbourne nun eine neue Situation. Der einstige Melbourne-Finalist Schüttler und sein Schützling müssten sich nun ein bisschen Zeit nehmen, sagte die Damen-Tennis-Chefin Barbara Rittner. Schon 2017 war Kerber – damals als Titelverteidigerin – in Melbourne fast ähnlich schlimm vorgeführt worden: ebenfalls im Achtelfinale, ebenfalls von der Nummer 35, damals die ebenfalls hart schlagende Coco Vandeweghe.

Anschließend fiel Kerber in eine tiefe Krise, aus der sie sich im Vorjahr auf beeindruckende Weise befreite. Mittlerweile gilt die Norddeutsche als gereift. „Ich werde das akzeptieren, das Jahr ist noch lang“, sagte Kerber. Für die erste Fed-Cup-Runde am 9. und 10. Februar in Braunschweig gegen Weißrussland hat Kerber abgesagt, die direkt danach folgenden Turniere in Doha und Dubai werden erste Fingerzeige geben, wie sie das Debakel vom Sonntag verdaut hat.

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