Johanna und Harald Sperlich benötigen ein Podest von 50 Zentimetern Höhe, fünf Meter Breite und 3,50 Meter Tiefe. Eine Steckdose muss außerdem vorhanden sein. Die Raumhöhe sollte im Podestbereich mindestens drei Meter betragen, und der gesamte Saal sollte verdunkelt sein. Das Ehepaar Sperlich hat einen guten Grund, solche Dinge zu verlangen. Beide betreiben das "Hohenloher Figurentheater", bei dem sie riesige Stabpuppen verwenden und dementsprechend viel Platz auf der Bühne beanspruchen. Die ICV-Halle in Schweich-Issel dürfte ihren Ansprüchen genügen. Dort spielen die Hohenloher am kommenden Samstag die Geschichte von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann", der sein Lebensglück in Geld, Macht und Genuss sucht und dabei scheitern wird. Die Veranstaltung organisiert das noch junge "Theaterzentrum Stierstall". Bodo Maibaum hat diesen Verein gegründet, um in Schweich einen Ort für Figurentheater zu schaffen. Da das Haus, in dem das Zentrum einmal seinen Platz finden soll, noch nicht renoviert werden konnte, will Maibaum im Vorfeld "Kostproben" für die Vereinsarbeit geben. "Wir müssen auf unser Ziel hinarbeiten und aktiv sein", sagt er. Zur Jahresplanung gehören neben der "Jedermann"-Aufführung zum Beispiel das Puppentheater Kuklamu von Volker Schills, der für Anfang September angekündigt ist, oder die Ausstellung "Faszination Figurentheater" etwa zur gleichen Zeit. Diese hat der Puppen-Experte Karl-Heinz Rother konzipiert. Mitte November wird außerdem "Gustav und sein Ensemble" in Schweich gastieren. Dahinter verbirgt sich Albert Roser, der "weltbekannteste Puppenspieler Deutschlands", so Maibaum. Der betont: "Die Termine sind für mich ein Testprogramm, wie viel Interesse es gibt." Johanna und Harald Sperlich kennt Bodo Maibaum noch von den Internationalen Figurentheatertagen, die er selbst in den 80er Jahren in Schweich veranstaltet hat. Später kamen die Sperlichs mit "Goethes Faust", dem "Besuch der alten Dame" und Wilhelm Hauffs "Das kalte Herz" in die Region. Bei der "Jedermann"-Vorführung wird das Hohenloher Theater acht Stabpuppen verwenden, die die Figurenschnitzer Barbara und Günther Weinhold aus Berlin ebenso hergestellt haben wie deren Kostüme und das aufwändige Bühnenbild. Harald Sperlich hat den Text des "Jedermann" für das Figuren-Spiel umgeschrieben. Gemeinsam mit seiner Tochter Tammy führt er auch die Regie. Das Familienunternehmen folgt einer 150-jährigen Tourneetheater-Tradition. "Das wird eine ganz dramatische Sache", verspricht Maibaum für den "Jedermann". "Wichtig ist, dass man erkennt: Figurentheater kann gleichberechtigt neben dem Menschentheater stehen, wenn es künstlerisch gemacht wird." Der ehemalige Direktor der Stefan-Andres-Realschule in Schweich beschäftigt sich seit 50 Jahren mit Figurentheater, hat es im Werk-Unterricht des öfteren einfließen lassen und ist selbst ein begeisterter Puppenspieler. "Wo das große Theater nicht mehr glaubwürdig erscheint, setzt das Puppenspiel an", erklärt er weiter und nennt Märchen und Mysterien als Beispiele. Tiere sprechen und handeln wie Menschen

Deshalb gehören zur Welt der Puppen Verwandlungen, Zaubereien, Träume und überirdische Wesen; Geister und Gespenster können auftreten; Tiere sprechen und handeln wie Menschen; Gegenstände scheinen lebendig zu werden. "Hier wird die Wirklichkeit vom Wort ins Bild, vom Bild ins Spiel und von dort auf die Bühne geholt." Das ist der Trick beziehungsweise das Geheimnis des Figurentheaters: Die reale Welt wird auf kleine, überschaubare Ausschnitte reduziert, die typisierte Puppen stellvertretend vorführen. Dabei werden häufig auch Werte und Moral vermittelt. Im "Jedermann" merkt die Hauptperson, dass seine Beliebtheit nur auf seinem Wohlstand beruht: "Da ist kein Ding zu hoch noch fest, das sich mit Geld nicht kaufen lässt." Die Aufführung ist am Samstag, 29. März, 19.30 Uhr, in der ICV-Halle in Schweich-Issel. An der Abendkasse kosten die Karten 11 Euro, im Vorverkauf 10 Euro. Der läuft bei Schreibwaren Sachsenweger und im Autohaus Bojahr in Schweich sowie bei Interbook und in der Buchhandlung Ile de Ré in Trier. Kontakt und weitere Informationen: Bodo Maibaum, Telefon 06502/8382.