Gesundheit Zur Grippeimpfung in die Apotheke?

Trier · Was hinter dem Streit zwischen Ärzten und Apothekern über ein Modellprojekt in Rheinland-Pfalz steckt.

 In einigen Apotheken soll es demnächst möglich sein, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Dagegen laufen die Ärzte Sturm.

In einigen Apotheken soll es demnächst möglich sein, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Dagegen laufen die Ärzte Sturm.

Foto: dpa/Felix Kästle

Geht es um die Corona-Impfungen, arbeiten Apotheker und niedergelassene Ärzte Hand in Hand. In den Impfzentren, wie es sie in der Region in Trier, Bitburg, Hillesheim und Wittlich gibt, sind von Anfang an Mitarbeiter aus örtlichen Apotheken und Mediziner gleichzeitig im Einsatz. Doch Ende des Monats stellen die Impfzentren ihre Arbeit ein. Dann sollen die Corona-Impfungen überwiegend von den niedergelassenen Ärzten und vereinzelt noch von mobilen Impfteams übernommen werden. Oder man kann sich in Impfbussen, die noch eine Zeit lang über Land rollen, impfen lassen.

Dann ist es wohl auch vorbei mit der Zusammenarbeit von Apothekern und Ärzten in Sachen Impfen. Denn seit Wochen machen die Mediziner Front gegen ein Modellprojekt der Krankenkasse AOK mit dem Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz. In ausgewählten Apotheken sollen Mitglieder der Krankenkasse kostenlos gegen Grippe geimpft werden. Die Chefin der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Martina Niemeyer, spricht von einem „echten Mehrwert. Unkompliziert, einfach und sicher wird die Impfung durch unsere Gesundheitspartner angeboten.“

Die Gesundheitspartner sind in dem Fall Apotheken. Welche das in Rheinland-Pfalz und damit auch in der Region Trier sein werden, stehe derzeit noch nicht fest, teilt ein Sprecher der Krankenkasse auf Anfrage unserer Redaktion mit. Rechtzeitig zum Start der Grippesaison im Oktober würden die teilnehmenden Apotheken öffentlich gemacht. Man gehe von einem Erfolg wie im Saarland aus, so der AOK-Sprecher. Dort würden mehr als 30  Apotheken teilnehmen und Grippeimpfungen anbieten. Das Angebot werde von den Versicherten gut angenommen.

„Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass mehr Menschen in Rheinland-Pfalz gegen Grippe geimpft werden“, erklärt Andreas Hott, Vorsitzender des Apothekerverbands Rheinland-Pfalz (LAV). Ziel sei es, auch die Menschen zu erreichen, die nicht zum Arzt gehen, um sich impfen zu lassen. „Wir fühlen uns ermutigt durch die Landesregierung, die sich im Landtag für ein Modellprojekt auch in Rheinland-Pfalz ausgesprochen hat“, sagte Hott bei der Vorstellung des Modellprojektes im Juni.

In der Tat hat sich Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) Ende Juni positiv zu dem Projekt geäußert. Er verwies in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion auf die guten Erfahrungen mit den Grippe-Impfungen in Apotheken im Saarland, in Niedersachsen und in Bayern. Und: „Das Beispiel der guten Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen und Ärzten und Apothekerinnen und Apothekern in den rheinland-pfälzischen Impfzentren zur Bewältigung der Corona-Pandemie kann dabei als zielführendes Vorbild dienen“, sagte Hoch. Die Landesregierung gehe davon aus, dass sich durch zusätzliche Grippe-Impfungen in den Apotheken „die Einnahmesituation in Arztpraxen nicht wesentlich verändern“ werde.

Die gesetzliche Grundlage für die Impfungen in den Apotheken wurde durch eine Änderung des Sozialgesetzbuches im März vergangenen Jahres geschaffen. Darin wird geregelt, dass Apotheken  oder Landesapothekerverbände  Krankenkassen oder deren Landesverbände auffordern können, mit ihnen entsprechende Verträge für Grippe-Impfungen zu schließen. Ärzte sehen darin einen Angriff auf ihren Berufsstand. Jede Impfung sei ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten, bei dem es auch zu Komplikationen wie etwa allergischen Reaktionen kommen könne, warnt Heinz Rausch, Landesvorsitzender des Berufsverbands Deutscher Internistinnen und Internisten. Dieser kritisiert das Modellprojekt als „Unsinn“ und als „völlig überflüssig“. Apotheker seien für die Impfungen nicht qualifiziert. Die Apothekerverbände hingegen verweisen auf die „intensive Vorbereitungen“ der Apothekerinnen und Apotheker. Der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Günther Matheis, sieht durch die Grippeimpfung in den Apotheken den Patientenschutz in Gefahr. „Wie soll beispielsweise in einer Apotheke auf eine akut auftretende medizinische Komplikation reagiert werden?“, fragte er, als das Modell vorgestellt wurde. Impfen gehöre zum täglichen Kerngeschäft der niedergelassenen Ärzte, sagt der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, Peter Heinz.

Der rheinland-pfälzische Hausärzteverband, dessen zweite Vorsitzende die Bitburger Ärztin Heidi Weber ist, lehnt das Projekt „in aller Klarheit und Schärfe“ ab. In einem internen Schreiben an die Mitglieder im August hieß es,  die Patientensicherheit bei Impfungen könne nur unter „ärztlicher Expertise gewährleistet werden, wie dies übrigens bei Corona-Impfungen nicht infrage gestellt wurde“.
Die Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Hausärzteverbandes, Barbara Römer, fordert die Mitglieder in dem Schreiben auf, das Gespräch mit den Apotheken vor Ort zu suchen, um „unmissverständlich deutlich zu machen, wer für die Grippeimpfungen verantwortlich zeichnet“.

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