Koalitionsvertrag Ampel gibt grünes Licht für weitere Atomwaffen-Lagerung in der Eifel

Trier · Jedes Jahr demonstrieren am Fliegerhorst Büchel in der Eifel Friedensinitiativen für den Abzug der letzten US-Atomwaffen aus Deutschland. So wie es aussieht, wird sich an den Protesten auch unter der neuen Berliner Koalition nichts ändern.

 In Büchel finden seit Jahren Friedensproteste gegen die hier gelagerten mutmaßlich letzten Atomwaffen in Deutschland statt.

In Büchel finden seit Jahren Friedensproteste gegen die hier gelagerten mutmaßlich letzten Atomwaffen in Deutschland statt.

Foto: dpa/Thomas Frey

Werden die auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel gelagerten amerikanischen Atombomben in absehbarer Zeit abgezogen? Entsprechende Hoffnungen oder Befürchtungen gab es im Vorfeld der rot-gelb-grünen Koalitionsverhandlungen. Doch seit der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags sind die Spekulationen vom Tisch. Die Ampel-Parteien haben sich darauf verständigt, am Status quo nichts ändern zu wollen.

Schätzungen zufolge lagern auf dem Fliegerhorst Büchel noch etwa 20 Atombomben, die im Ernstfall von Kampfjets der Bundeswehr abgeworfen werden sollen.  Nach offiziell unbestätigten Informationen gelten die Atombomben als Teil der nuklearen Abschreckung der Nato. Offiziell wird das aber weder von deutscher noch von US-Seite bestätigt.

Allerdings war die Nato durch die jüngsten Äußerungen einiger Politiker im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen alarmiert. Nach einem Treffen mit der noch amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Ampelparteien dazu auf, die nukleare Teilhabe Deutschlands zu sichern.

Deutschland habe eine besondere Verantwortung, seine Rolle als Dreh- und Angelpunkt der nuklearen Abschreckung des Bündnisses aufrechtzuerhalten und seine Verteidigung zu stärken, wurde Stoltenberg von amerikanischen Medien zitiert.

Die Strategie der Allianz zur gemeinsamen Nutzung von Atomwaffen beinhaltet nach den Worten des Nato-Generalsekretärs die Lagerung von US-Atomwaffen an verschiedenen Standorten in Europa, darunter mindestens ein Stützpunkt in Deutschland. Stoltenberg nannte die Strategie „unsere ultimative Sicherheitsgarantie. Die Nuklearwaffen, die wir in der Nato teilen, bieten den europäischen Verbündeten einen wirksamen nuklearen Schutzschirm.“

Nach einem Bericht der FAZ soll Stoltenberg bei einer Konferenz in Berlin gesagt haben, die nukleare Teilhabe sei „für Deutschland und Europa ein Platz an dem Tisch, an dem die Entscheidungen getroffen werden“. Die Alternative wäre eine Verlagerung und Stationierung der Nuklearwaffen in den Osten Europas.

Im 177 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag der Ampel wird genau auf diese Äußerung Stoltenbergs indirekt Bezug genommen. „Solange Kernwaffen im Strategischen Konzept der Nato eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben“, heißt es auf Seite 144 wörtlich. Im nächsten Satz ist zudem davon die Rede, dass sich die Koalition „zur Aufrechterhaltung eines glaubwürdigen Abschreckungspotenzials“ bekenne. Im Klartext heißt das nichts anderes, als das es unter einer von Olaf Scholz geführten Bundesregierung keine Absicht geben wird, die Atomwaffen aus Büchel abzuziehen, auch wenn es an anderer Stelle im Koalitionsvertrag heißt: „Unser Ziel bleibt eine atomwaffenfreie Welt und damit einhergehend ein Deutschland frei von Atomwaffen.“

 Amerikanische Atomwaffen sollen nach offiziell nicht bestätigten Angaben neben Büchel auch in Belgien, der Türkei und in den Niederlanden lagern. Bei den regelmäßig stattfindenden Manövern wird geübt, wie die Atombomben sicher aus unterirdischen Magazinen zu den Flugzeugen transportiert und unter die Kampfjets montiert werden. Erst im Oktober gab es eine solche Übung mit dem Namen „Steadfast Noon“ (Unbeugsamer Mittag).

Im Koalitionsvertrag der Ampel ist jetzt sogar die Rede davon, zu Beginn der Legislaturperiode „ein Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado“ zu beschaffen. Den Beschaffungs- und Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe Deutschlands werde die Koalition „sachlich und gewissenhaft begleiten“. Ein Satz, der Friedensinititiativen übel aufstößt.  „Mit der Festlegung auf die Anschaffung neuer Trägerflugzeuge für die Atombomben in Büchel wird die nukleare Teilhabe zementiert“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“.

Der Luftwaffenstandort Büchel wird derzeit großflächig modernisiert. In den nächsten fünf Jahren sollen dort 240 Millionen Euro verbaut werden, unter anderem in die Start- und Landebahn sowie für neue Flugzeughangars.

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