Amok-Prozess Opfer fleht mutmaßlichen Trierer Amokfahrer an: „Warum sagen Sie denn nichts?“

Update | Trier · Im Prozess gegen den mutmaßlichen Amokfahrer von Trier haben am Dienstagmorgen mehrere Opfer ausgesagt. Eine 70-jährige Zeugin konnte während der Verhandlung ihre Gefühle nicht mehr zurückhalten. Andere berichten von Angstzuständen und verlorenen Erinnerungen.

 Der mutmaßliche Amokfahrer wird am Dienstag von einem Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt.

Der mutmaßliche Amokfahrer wird am Dienstag von einem Justizbeamten in den Gerichtssaal geführt.

Foto: Rolf Seydewitz

Die Frau, die von dem Raser in der Brotstraße am Fuß erwischt wurde und wie durch ein Wunder körperlich weitgehend unverletzt blieb, wandte sich in der Verhandlung plötzlich in Richtung des Angeklagten und fragte mehrfach mit stockender Stimme: „Warum?“ Von dem Angeklagten war keine Reaktion zu sehen.

Der 52-Jährige hat sich in dem Mordprozess bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert

Später wandte sich die Zeugin erneut an den Angeklagten und fragte mehrfach: „Warum sagen Sie denn nichts?“ Wieder erhielt sie von dem keine zehn Meter von ihr entfernt sitzenden Angeklagten keine Antwort.Die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz merkte an, es sei das Recht eines Angeklagten, zu schweigen.

Eine Zeugin kann nur noch mit großer Angst in die Trierer Innenstadt gehen

Die in dem Verfahren auch als Nebenklägerin auftretende Zeugin sagte, dass sie auch über ein Jahr nach dem Gewaltverbrechen nur in die Innenstadt gehe, wenn es sich nicht vermeiden lasse. „Dann drücke ich mich aber ganz eng an die Häuserwände“, sagte die 70-Jährige. Sie träume auch noch häufiger von der Amokfahrt, wache dann nachts schreiend auf und könne nicht mehr einschlafen.

Andere Zeugen leiden unter Angstzuständen oder haben Erinnerungen verloren

Von psychischen Folgeschäden berichteten am Dienstag auch andere Zeugen der Tat. Eine Frau, die gerade in der Mittagpause zwischen Kornmarkt und Brotstraße unterwegs war, als der Amokfahrer an ihr vorbeiraste und dabei nur knapp verfehlte, sagte, sie leide unter Angstzuständen, vor allem wenn sie über eine Straße gehen wolle. „Dann habe ich immer Angst, dass ein Auto mich erfasst.“ Ebenso wie andere Zeuginnen sagte die Frau, dass der Amokfahrer im Slalom bewusst auf Menschen in der Fußgängerzone zugefahren sei.

Eine 64-jährige Frau, die von dem Geländewagen ebenfalls erwischt und schwer verletzt wurde, hat an das eigentliche Geschehen keinerlei Erinnerung. Sie wisse noch, dass sie vom Kornmarkt aus Richtung Basilika unterwegs gewesen sei. „Dann aber setzt meine Erinnerung erst wieder ein, als ich auf dem Boden lag und Rettungskräfte an mir gearbeitet haben“, sagte die Frau am Dienstag in der Verhandlung. Die Frau erlitt unter anderem mehrere Rippenbrüche und eine Schädelfraktur, lag vier Tage auf der Intensivstation, bis sie aus dem Gröbsten raus war. Sie leidet immer noch unter dem Geschehen, hat Angstzustände beim Autofahren und Herzrasen als Fußgängerin, „wenn ein Auto an mir vorbeikommt“.

An den Folgen der Amokfahrt vor einem Jahr sind bislang 6 Menschen gestorben

Bei dem Gewaltverbrechen am 1. Dezember vergangenen Jahres wurden ein neun Wochen altes Baby, dessen 45-jähriger Vater sowie drei Frauen im Alter von 73, 52 und 25 Jahren getötet. Vor wenigen Wochen starb auch ein 77-jähriger Mann, der damals schwer verletzt wurde. Ob auch an den Folgen des Gewaltverbrechens, muss noch ein Gutachten klären.

Heute ist der 14. Verhandlungstag. Der zunächst bis Ende Januar terminierte Mordprozess wird Anfang des Jahres fortgesetzt.

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