Prozess Amokfahrt in Trier: Täter hatte schwere Wahnvorstellungen - Einweisung in Psychiatrie

Trier · Der Prozess gegen den Amokfahrer von Trier ist beendet. Die Zeugenaussagen zeichneten nach und nach ein Bild von dem Täter, der sich in Wahnvorstellungen verloren hatte.

Amokfahrt in Trier: Der Täter war ein Fall für die Psychiatrie
Foto: dpa/Harald Tittel

Wegen der Amokfahrt von Trier ist ein Mann aus Trier vor dem Landgericht verurteilt worden. Die Anklage lautete auf Mord in fünf Fällen und versuchten Mord in 18 Fällen. Eine 50-köpfige Sonderkommission hatte vor Prozessbeginn 400 Zeugenaussagen und zudem viele Videos ausgewertet. Akribisch rekonstruierten die Ermittler die schrecklichen Ereignisse, denen in der Fußgängerzone am 1. Dezember 2020 Passanten zum Opfer fielen. Doch das Motiv des Täters, der während des Prozesses 52 Jahre alt war, blieb nach der Amokfahrt von Trier im Dunkeln.

Täter nach Amokfahrt in Trier schnell gefasst

Schon kurz nach der Amokfahrt in der Fußgängerzone konnte die Polizei den Täter Bernd W. festnehmen. Es war 13.47 Uhr an diesem Dienstag, als die Trierer Einsatzzentrale der Polizei nach den ersten Notrufen Amokalarm auslöste und alle verfügbaren Kräfte in die Innenstadt beorderte - darunter auch zwei Zivilstreifen, die dienstlich in Trier-Nord unterwegs waren, ihren dortigen Einsatz abbrachen und schnell die Porta Nigra erreichten. Da auch die Möglichkeit bestand, dass der Täter seine Amokfahrt in Richtung Hauptbahnhof Trier fortsetzen oder er wenden und in die Fußgängerzone zurückfahren könnte, hatte Einsatzleiter Erich Wolff für den Notfall den Schusswaffengebrauch freigegeben. 

Kurz darauf sichteten die Beamten in der Christophstraße am Straßenrand geparkt das mutmaßlich gesuchte Tatfahrzeug, einen Land Rover. Am Wagen stand der Fahrer - rauchend und, wie später Vizepolizeipräsident Franz-Dieter Ankner sagte, „grinsend“ vor der geöffneten Kofferraumklappe. Für die Polizisten war zum Zeitpunkt des Zugriffs nicht klar, was sich im Inneren des SUV verbarg - also ob der Täter möglicherweise mit Waffen oder Sprengstoff unterwegs war. Auch die Frage, ob es noch weitere Täter gab, war zu diesem Zeitpunkt offen. Bernd W. wurde nach heftiger Gegenwehr überwältigt und um 13.51 Uhr festgenommen. In seinem Wagen fand die Polizei scharfe Munition, aber keine Schusswaffe.

Foto: Die Strecke der Amokfahrt in Trier am Tag der Tat
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Weitere Bilder vom Tag der Amokfahrt in Trier

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Foto: TV/Clemens Sarholz

Amokfahrt von Trier: Täter Bernd W. war alkoholisiert

Nur rund anderthalb Stunden nach der tödlichen Fahrt durch die Trierer Innenstadt und den ersten Vernehmungen bei der Kriminalpolizei gab die Polizei auf Twitter bekannt, dass der Tatverdächtige ein 51-jähriger Mann aus dem Kreis Trier-Saarburg ist. Aus anderen Quellen verdichteten sich dann auch die Hinweise, dass der mutmaßliche Täter aus dem Trierer Stadtteil Zewen stammt. Auch in den sozialen Netzwerken kursierten Spekulationen über die Identität des Mannes und ein Video der Festnahme.

Zum Tatzeitpunkt war der Mann alkoholisiert. Während des Prozesses sagte ein Polizist aus, dass der Angeklagte bei der Festnahme 1,39 Promille gehabt hat. Da es auch Hinweise auf eine mögliche psychische Erkrankung gab, war zunächst unklar, ob er in eine geschlossene psychiatrische Anstalt oder in Untersuchungshaft kommen würde. Einen Tag nach der Tat erließ der Richter dann aber Haftbefehl wegen fünffachen Mordes, Mordversuchs und gefährlicher Körperverletzung gegen den Mann, der später als Amokfahrer von Trier verurteilt wurde. Bernd W. kam in Untersuchungshaft. Er wurde vor dem Prozess von einem Gutachter auf eine mögliche psychische Erkrankung untersucht. Die Einschätzung lautete schon damals: Der Tatverdächtige leidet unter einer Psychose.

Bernd W. stammt aus Trier

Zunächst war über den alleinstehenden Mann bekannt, dass er aus dem Stadtteil Zewen stammt, zuletzt arbeitslos gewesen sei und in seinem Wagen gelebt haben soll. Strafrechtlich war der Täter bis zur Amokfahrt in Trier nicht in Erscheinung getreten, wie die Staatsanwaltschaft feststellte. Während des Prozesses wurde aber bekannt, dass er sieben Jahre zuvor in einem Totschagprozess als Zeuge aussagte. Ein mit ihm befreundeter Kleingärtner war von einem Nachbarn durch einen Schuss aus einem Kleinkalibergewehr getötet worden.

Was Zeugen im Trierer Amokfahrt-Prozess über den Täter berichten

Die Aussage einer Zeugin zeichnete im Verlauf des Prozesses ein genaueres Bild von den Lebensumständen des Angeklagten kurz vor der Amokfahrt in Trier. Demnach sei Bernd W. tatsächlich arbeitslos gewesen, aber seinen Job habe er erst kurz zuvor selbst gekündigt. Er habe vor dem 1. Dezember auch eine Weile bei ihr gewohnt. Sie berichtete, genau wie andere Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten, von Anzeichen für psychische Probleme. Dabei waren auch klare Gewaltfantasien erkennbar. Bei einer Gelegenheit soll Bernd W. erklärt haben, er will sich eine Waffe anschaffen.

Die letzten Stunden vor der Amokfahrt

Über die Nacht vor der Amokfahrt berichtete ein Freund vor Gericht, er habe den Angeklagten in seiner Wohnung zu Gast gehabt. Dort soll Bernd W. eine Verwüstung angerichtet. Der Freund warf Bernd W. daraufhin hinaus. Auch ist bekannt, was in den letzten Stunden vor der Amokfahrt geschah. Der Amokfahrer traf sich mit Freunden, da einer von ihnen Geburtstag hatte. Dieser wurde am 1. Dezember 2020 an einer Bushaltestelle in Trier-Zewen hochprozentig gefeiert. Auch Bernd W. soll ab ca. 11 Uhr zur Flasche gegriffen haben. Die Aussagen der Zeugen deuten darauf hin, dass er ein schweres Alkoholproblem hatte. Gegen 13 Uhr, also rund eine Dreiviertelstunde vor Beginn der Amokfahrt durch die Trierer Innenstadt, setzte sich der Täter ins Auto und verließ das Gelage.

Motive des Amokfahrers von Trier

Bernd W. hat sich zwar zu einem Motiv für die Tat geäußert, doch diese frühen Aussagen kurz nach der Festnahme sollen wirr gewesen sein. Das erklärten Polizisten, die vor Gericht als Zeugen aussagten. In Vernehmungen hatte Bernd W. angegeben, sich nicht an Einzelheiten des Tatgeschehens zu erinnern. Laut Anklageschrift hatte er die Absicht, „möglichst viele Menschen zu töten oder zumindest zu verletzen“. Politische oder religiöse Hintergründe für die Tat waren nicht erkennbar. Auch hatte Bernd W. keine Mittäter.

Im Verlauf des Prozesses wurde deutlich, warum ein Sachverständiger vor Beginn der Verhandlung bereits eine Psychose bei Bernd W. für möglich hielt. Eine Geschichte, um die es bei ihm häufiger ging, soll er auch bei der Geburtstagsfeier unmittelbar vor der Amokfahrt vorgetragen haben: Er führe einen Streit mit einem Trierer Notar, der ihm angeblicht einen hohen Geldbetrag von hunderttausenden Euro vorenthält. Das Geld sei laut dieser Darstellung wohl eine Art Entschädigung dafür gewesen, dass als Kind Experimente an Bernd W. durchgeführt wurden. Am Tag vor der Amokfahrt sei er erneut bei dem Notar gewesen. Nach der Tat schilderte der Angeklage, er sei bei dem Notar erniedrigend behandelt worden.

Es gibt keinen Hinweis auf einen wahren Kern dieser Geschichte. Auch im näheren Umfeld des Täters hatte niemand daran geglaubt, dass er ein größeren Vermögen besitzt. Das zeigten Aussagen im Verlauf des Prozesses. Schließlich sage auch der Notar vor Gericht aus und schilderte die Begegnung mit dem späteren Amokfahrer. Am Tag vor der Tat war der Mann tatsächlich in dessen Büro. Laut der Aussage des Notars erkundigte sich Bernd W., wie er an bestimmte Dokumente gelangen könnte. Das Gespräch habe demnach wenige Minuten gedauert und es gab keinen Hinweis auf eine Unzufriedenheit mit den Auskünften. Auch werde durch den Notar kein Geld aufbewahrt.

Der Täter hat im Prozess um die Amokfahrt in Trier bis zuletzt geschwiegen

Verschiedene Zeugen sagten im Laufe des Prozesses über den Angeklagten aus. Er selbst hat sich jedoch in dem Verfahren nicht zu Wort gemeldet. Es gibt keine persönliche Erklärung dazu, warum er die Tat begangen hat.

Der Prozess um die Amokfahrt in Trier fand am 16. August 2022 ein Ende. Der Täter Bernd W. hat sich vor Gericht nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er wurde wegen mehrfachen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Laut Gutachten wurden bei ihm Wahnvorstellungen und eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Deshalb wurde die Einweisung in die Psychiatrie beschlossen. Falls er die geschlossene Klinik verlassen kann, muss er seine Haftstrafe weiter in Gefängnis absitzen. Das Gericht stelle die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Haftentlassung wird dadurch verhindert.

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