Fragen & Antworten Außengastronomie, Einzelhandel, Theater: Wie es in Rheinland-Pfalz in der Corona-Krise weitergeht

Liegt die 7-Tage-Inzidenz unter 100, dürfen Biergärten wieder loslegen, wenn Kunden einen negativen Schnelltest vorzeigen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer will mit einem „Rheinland-Pfalz-Modell“ auch dem Einzelhandel und Theatern wieder mehr Freiheiten erlauben. Was das bedeutet - und wann eine Notbremse greift.

Außengastronomie, Einzelhandel, Theater: Wie es in Rheinland-Pfalz in der Corona-Krise weitergeht
Foto: dpa/Matthias Bein

Wann darf die Außengastronomie wieder öffnen? Wo die 7-Tage-Inzidenz von Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner unter 100 liegt, darf die Außengastronomie in Rheinland-Pfalz ab Montag (22. März) wieder öffnen. Damit können Kunden die Außenbereiche von Restaurants, Kneipen und Cafés besuchen, die auch aufmachen wollen. Doch Vorsicht: Es gelten strenge Vorschriften.

Welche Vorschriften muss ich beachten? Kunden müssen einen negativen Corona-Test vorlegen. Sie müssen auch Maske tragen, dürfen diese erst am Platz abnehmen und bekommen einen festen Platz zugewiesen. In einer gemeinsamen Gruppe dürfen maximal fünf Menschen aus höchstens zwei Haushalten treffen. Kontaktdaten müssen Besucher hinterlassen, um mögliche Infektionsherde nachverfolgen zu können. Laut Land gilt auch die Pflicht, Besuche im Voraus zu buchen.

Warum öffnet das Land die Außengastronomie? Ministerpräsidentin Malu Dreyer hob die Hygienekonzepte der Gastronomen hervor. „Menschen sitzen bei dem schönen Wetter ohnehin an der Mosel oder am Rhein mit ihren Coffee-to-go-Bechern zusammen“, sagte die Regierungschefin. Man wolle auch eine Möglichkeit schaffen, dass Menschen beim Wandern in den nahenden Osterferien in Lokale einkehren können.

Bleibt die Außengastronomie damit durchgehend auf? Steigen 7-Tage-Inzidenzen über den Wert von 100, müssen Gastronomen die Außenbereiche wieder schließen. Landesweit dürfen Neuerkrankungen demnach nicht mehr rasant steigen. Der landesweit durchschnittliche Wert lag in Rheinland-Pfalz am Samstag bei 73,9.

Sind die Gastronomen mit der Lösung zufrieden? Dehoga-Landeschef Gereon Haumann sprach von einem wichtigen Signal für die gebeutelte Branche. „Nun können die Menschen endlich wieder in unseren Betrieben die rheinland-pfälzische Gastfreundschaft genießen“, sagte er. Zugleich gab Haumann Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine neue Forderung mit auf den Weg. Die Triererin müsse nun ihre Zusage einhalten, Hotels und Restaurants eine Öffnungsperspektive zu geben. Am Montag sprechen Länderchefs und Bundeskanzleramt darüber auf einem erneuten Corona-Gipfel. „Das Moselufer ist sicherer als der Malle-Strand“, sagt Haumann.

Wie geht es beim Einzelhandel in Rheinland-Pfalz weiter? Grundsätzlich gilt: Bei 7-Tage-Inzidenzen unter 50 hat der Einzelhandel offen, bei 50 bis 100 ist Termin-Shopping erlaubt, ab 100 zieht die Notbremse. Geschäfte schließen dann wieder. Kommunen in der Region – wie die Stadt Trier, der Kreis Trier-Saarburg oder der Eifelkreis Bitburg-Prüm – stellten zuletzt wieder auf Termin-Shopping um. Dieses erleichtert die Landesregierung formell, indem Kunden auch spontan vor Ort Termine vereinbaren können. „Die Menschen könnten vor den Geschäften anklopfen und fragen, wann der nächste Termin frei ist“, sagte Dreyer. In der Praxis haben viele Geschäfte das bereits so gemacht. Eine einheitliche Schnelltest-Strategie – wie bei der Außengastronomie – bleibt das Land bislang schuldig. Denkbar ist aber, dass in den kommenden Tagen vereinzelt auch Geschäfte bei Inzidenzen zwischen 50 und 100 für mehr Kunden öffnen dürfen.

Wie soll das gelingen? Das Land plant, Modellkommunen ins Leben zu rufen. Dort könnten Einzelhandel oder Theater auch bei Inzidenzen zwischen 50 und 100 öffnen, wenn Kunden einen negativen Corona-Test vorlegen und sich Kontakte nachverfolgen lassen. Städte und Kreise, die Modellkommune sein wollen, können dafür Konzepte vorlegen, sagte Dreyer.

Wann sollen die ersten Modellkommunen loslegen? „Sind die Konzepte konsistent sind, kann das ganz schnell gehen“, sagte Dreyer. Mitte der kommenden Woche will das Land darüber mit Kommunen reden. Die Regierungschefin sprach von einem „Rheinland-Pfalz-Modell“. Sie hätte es auch „Tübinger Modell“ nennen können. In der baden-württembergischen Stadt unter dem grünen Oberbürgermeister Boris Palmer gibt es ein solches Konzept bereits. Dreyer räumte trotz möglicher Öffnungen im Einzelhandel ein: „Es gibt eine rote Linie. Über 100 greift die Notbremse.“

Was bedeutet die Notbremse? Sie greift, wenn die 7-Tage-Inzidenz wieder über 100 steigt. Der Einzelhandel muss dann wieder schließen – ausgenommen sind Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkte. Kontakte beschränken sich dann wieder auf einen Hausstand plus eine Person. Es gilt eine Ausgangsbeschränkung in der Zeit von 21 bis 5 Uhr.

Wie stehen Kommunen zu der Strategie des Landes? Immer mehr Landräte rebellieren dagegen. Vor dem Corona-Kabinett der Landesregierung wütete Joachim Streit vom Eifelkreis Bitburg-Prüm. An einem Treffen kommunaler Vertreter mit der Staatskanzlei nahm er nicht teil. Streit fordert mehr Öffnungen. „Wenn 200 Menschen in einem Flugzeug nach Mallorca fliegen können, müssen wir sie auch mit Maske und Test in die Läden lassen“, soll er in eine E-Mail an die Staatskanzlei geschrieben haben. Streit ärgerte sich außerdem über einen Erlass des Landes, das den Eifelkreis Bitburg-Prüm zum Samstag aufgefordert hatte, Geschäfte im Einzelhandel zu schließen und nur noch Termin-Shopping zu erlauben.  „Ich bin ein rechtstreuer Staatsdiener“, hielt sich Streit an das Kommando aus Mainz. Unbenommen davon fordert er, von den Inzidenzwerten abzukehren. Das Gesundheitssystem sei stabil, im Eifelkreis seien alle Altenheime zweimal geimpft, die großen, schutzbedürftigen Gruppen schon geschützt. Auch die Zahl der Testmöglichkeiten steige. „Die alten Regeln mit Inzidenzwerten 35, 50, 100 orientierten sich noch an der Zeit ohne Massentestverfahren“, kritisierte Streit, der mit mehr Tests auch mehr Freiheiten fordert. „Die Coronabekämpfungsverordnung steht nicht über dem Grundgesetz“, sagt der künftige Landtagsabgeordnete der Freien Wähler.

Wie reagiert das Land auf die Kritik? Dreyer rüffelte den Eifeler. Sie entgegnete, das Land habe immer alle Zahlen einbezogen und nicht nur die Inzidenzen. Ein Auftritt von „Herrn Streit“ bei einem Treffen der kommunalen Spitzen sei „nicht erfreulich“ gewesen. Die Äußerungen des Landrats seien „schwierig für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“.

Wie geht es beim Impfen in Rheinland-Pfalz weiter? Die Impfungen mit Astrazeneca nimmt Rheinland-Pfalz wieder auf. Für die Grenzregion zu Frankreich gibt es 20 000 Dosen zusätzlich von Biontech/Pfizer. Rheinland-Pfälzer müssen beim Impfen aber weiter Geduld haben. „Wir werden ab Mai endlich viel mehr Impfstoff zur Verfügung haben“, sagte Dreyer. Ab Montag sollen Hausärzte bei Hausbesuchen die bettlägerigen Patienten impfen. Für flächendeckenden Schutz durch Hausärzte fehle bislang der Impfstoff. Ziel bleibe, dass sich jeder Bürger bis spätestens zum Sommer impfen lassen könne.

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