Bälle dürfen nicht mehr in Nachbars Garten landen

Trier · Ein Urteil mit Folgen: Wenn Kinder im eigenen Garten spielen, dürfen keine Bälle auf das Nachbargrundstück fliegen. Eltern müssen dies verhindern. Das entschied nun das Trierer Landgericht. Die Richter sehen eine Beeinträchtigung der Nachbarn durch herüberfliegende Bälle.

(wie) Tim und Jan spielen gerne Fußball. Seit einiger Zeit jedoch haben die beiden fünf- und achtjährigen Brüder aus einem 700-Seelen-Dorf im Kreis Trier-Saarburg die Lust am Kicken im eigenen Garten verloren. Seit sich die Nachbarn über die herüberfliegenden Bälle beschweren. Angeblich beschädigten die Jungs den Maschendrahtzaun, wenn sie ihren Ball zurückholen, und sie gingen ungefragt aufs Grundstück.

Deswegen herrscht dicke Luft zwischen den beiden Familien in dem kleinen Ort. Der handfeste Nachbarschaftsstreit landete schließlich vor Gericht. Die sich durch die herüberfliegenden Bälle gestört fühlenden Nachbarn haben geklagt. Sie wollen die Eltern der Jungs verpflichten, dafür zu sorgen, dass der Zaun nicht mehr beschädigt wird und dass die Kinder ihr Grundstück nicht mehr betreten.

Das Saarburger Amtsgericht entschied vergangenes Jahr, dass den Eltern solche Maßnahmen nicht zumutbar seien. Ein Einsperren der Kinder sei unzulässig und entwürdigend. Eine ununterbrochene Beaufsichtigung der Kinder widerspreche dem gesetzlichen Erziehungsleitbild. Eine Belehrung der Kinder und ein Verbot könnten auch nicht verhindern, dass beim Spielen ein Ball herüberfliege.

Dagegen gingen die Nachbarn in Berufung und bekamen nun vom Trierer Landgericht zumindest teilweise recht. Die Erste Zivilkammer entschied: Zwar wird den Kindern nicht verboten, auf dem eigenen Grundstück Fußball zu spielen, auch gegen Spiellärm könne nichts gemacht werden, aber das ständige Herüberfliegen der Bälle auf das Nachbargrundstück stelle eine „Eigentumsbeeinträchtigung“ dar und müsse nicht gedudelt werden. Weil „Wiederholungsgefahr“ bestehe, müssten die Eltern dafür sorgen, dass die Bälle nicht mehr regelmäßig herüberfliegen, etwa durch ein Auffangnetz, oder dass die Kinder nicht mehr neben dem Nachbargrundstück spielten.

„Wenn Kinder auf dem eigenen Grundstück nicht mehr Ball spielen dürfen, wo denn sonst?“, ärgert sich der Saarbruger Rechtsanwalt Gerd Müller, der die Eltern der Kinder vertritt. „Sollen die jetzt ständig ihre Söhne überwachen, wenn die draußen spielen?“ Er sieht zudem praktische Probleme: „Wer soll das Urteil vollstrecken? Eigentlich müsste nun ständig der Gerichtsvollzieher beim Spielen dabei sein und registrieren, wenn ein Ball rüberfliegt.“ Müller kündigt an, gegen das Urteil vorzugehen. „Notfalls ziehen wir vor das Verfassungsgericht.“

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