Katholische Kirche Bistum Trier: Wir haben Missbrauch jahrelang vertuscht
Trier · Seit 1946 wurden 148 Priester beschuldigt, über 442 Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben. Bischof Stephan Ackermann übernimmt Verantwortung für die Taten.
Die Leitung des Bistums Trier gibt zu, jahrelang Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch Priester vertuscht zu haben. „Wir haben den Mantel des Schweigens über ihre Taten gedeckt“, sagte Generalvikar Ulrich Graf von Plettenberg gestern bei einer Pressekonferenz in Trier. Man stehe erschüttert vor dem verbrecherischen Missbrauch. „Wir müssen uns zu Recht fragen lassen, warum Bistumsverantwortliche dem Schutz der Täter und der Institution Kirche Vorrang eingeräumt haben vor dem Schutz der Betroffenen“, sagte Plettenberg. Er und Bischof Stephan Ackermann würden sich zu der Verantwortung für die Taten bekennen.
Ackermann hatte kurz zuvor in Fulda, wo die Deutsche Bischofskonferenz zu ihrer Herbstversammlung zusammengekommen ist, gemeinsam mit seinem Vorgänger in Trier, Kardinal Reinhard Marx, eine Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche präsentiert. Laut der Studie gab es zwischen 1946 und 2014 in Deutschland 3677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1670 Beschuldigten. Ackermann, der Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist, sagte, er habe das Ergebnis der Studie „leider“ erwartet. „Es erschreckt mich dennoch wieder neu.“ Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Marx, bat bei den Opfern um Entschuldigung. „Ich empfinde Scham für das Wegschauen von vielen, die nicht wahrhaben wollten, was geschehen ist, und die sich nicht um die Opfer gesorgt haben. Das gilt auch für mich. Wir haben den Opfern nicht zugehört“, sagte Marx.
Im Bistum Trier sind seit 1946 insgesamt 148 Priester wegen sexuellen Missbrauchs beschuldigt worden. Betroffen waren insgesamt 442 Opfer, davon 252 männlich.
Immer noch würden lange zurückliegende Fälle aufgrund der Meldung von Betroffenen oder Recherchen von Medien aufgedeckt, sagte Plettenberg und nannte das Albertinum, ein ehemaliges bischöfliches Internat in Gerolstein. Der TV hatte im Mai darüber berichtet, dass einige ehemalige Schüler schwere Vorwürfe gegen einen früheren Direktor und einen Oberpräfekten, eine Art Aufseher, erhoben haben. Sie behaupteten, sexuell missbraucht und körperlich misshandelt worden zu sein.
Seit dem TV-Bericht haben sich beim Bistum Trier einige mutmaßlich Betroffene gemeldet, wie Sprecherin Judith Rupp bestätigte: „Inzwischen ist klar, dass es gegen alle drei Leiter des Albertinums Vorwürfe sexueller und körperlicher Gewalt gibt.“ Laut Rupp hatte man zuvor keinen Zusammenhang zwischen den Fällen gesehen.
Bischof Ackermann verspricht, die dunkle Geschichte des Internats weiter aufzuarbeiten: „Ich bedauere zutiefst, dass jungen Menschen in der Obhut des Albertinums Schaden zugefügt wurde.“ Generalvikar von Plettenberg sagte gestern, man müsse sich fragen, ob hinter dem Missbrauch in dem Gerolsteiner Internat „nicht ein System“ gesteckt habe.