Stadtentwicklung 15 Therapeuten für fast 100 000 Eifeler - Sind das zu viele?

Bitburg · Es steht nicht gut um Therapieplätze in Rheinland-Pfalz (der TV berichtete jüngst). Patienten müssen oft Monate auf eine Behandlung warten. Doch wie sieht es rund um Bitburg und Prüm aus? Laut Statistik gibt es hier zu viele Praxen.

 Eine Sitzung bei einem Psychologen, wie hier im Bild, dauert in der Regel etwa eine Stunde. Ein Besuch beim Arzt dauert in der Regel viel kürzer. Auch das spielt für die Statistik eine Rolle.

Eine Sitzung bei einem Psychologen, wie hier im Bild, dauert in der Regel etwa eine Stunde. Ein Besuch beim Arzt dauert in der Regel viel kürzer. Auch das spielt für die Statistik eine Rolle.

Foto: picture alliance / Christin Klos/Christin Klose

Dass es auf dem Land zu wenige Ärzte gibt, ist keine Neuigkeit. Jeder zweite Mediziner im Eifelkreis geht bis 2022 in Rente. Patienten müssen auf Termine warten, die Praxen sind überlastet. 11 Stellen für Hausärzte gibt es nach Angaben der Kassenärztlicher Vereinigung (KV) derzeit in Bitburg. Höher ist dagegen die Zahl der Psychotherapeuten. 23 Psychologen arbeiten laut Statistik in Bitburg. Das entspricht 15,5 Arbeitsplätzen in Vollzeit. Steht es um die seelische Versorgung der Eifeler demnach besser als um die körperliche?

Wenn es nach dem Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen geht schon: Nach deren Bedarfsplanung gibt es im Eifelkreis zu viele Psychotherapeuten. Der Schlüssel orientiert sich an den Einwohnerzahlen. Demnach ist die Gegend rund um Bitburg und Prüm überversorgt. Darum ist das gesamte Kreisgebiet für Therapeuten gesperrt. Sie dürfen sich hier erst niederlassen, wenn ein anderer seine Praxis aufgibt. So sieht es auch im Rest von Rheinland-Pfalz aus. An dieser Bedarfsplanung gibt es Kritik von der KV.

Seit einer Reform im Jahr 2013 habe sich das Angebot zwar deutlich verbessert, teilt ein Sprecher mit. Damals wurde die Planung um 100 zusätzliche Stellen im Bundesland aufgestockt. Die Zahl der Therapeuten reiche aber hierzulande immer noch nicht aus. „Die aktuelle Bedarfsplanung geht zum Teil auf Zahlen aus den 1990er-Jahren zurück“, sagt der Sprecher. Mit der Realität habe sie wenig zu tun und verhindere nur, dass sich Therapeuten niederließen. Dabei sei seit Jahren absehbar, dass die Nachfrage steige.

 Der Bedarf sei sehr hoch, sagt auch Markus Hangarter, der eine Praxis in Bitburg betreibt. Das hänge damit zusammen, dass die Hemmschwelle sich Hilfe zu suchen, gesunken sei. Auch die Einführung der sogenannten Sprechstunden hätte zu einer höheren Belastung geführt, sagt die Bitburger Jugendtherapeutin Nikola Pricha. Jeweils 100 Minuten pro Woche müssen die Stahlerin und ihre Berufsgenossen seit April 2017 vorhalten. Wer mit seelischen Problemen kämpft, kann bei so einer Erstberatung ausloten, ob eine Therapie ihm helfen könnte. Danach kommen die Betroffenen auf die Warteliste oder werden an einen anderen Therapeuten vermittelt. „Für die Patienten ist das natürlich eine gute Sache“, sagt Jugendtherapeutin Pricha: Aber für die Therapeuten stelle die Sprechstunde eine Formalität dar, die im Alltagsgeschäft Zeit koste. Ihr Kollege Hangarter hat mit den Erstberatungen noch ein weiteres Problem: Etwa ein Viertel der Personen, die einen Termin anfragen, erschienen gar nicht erst. Das liege daran, dass so mancher sich gleich bei drei oder vier Therapeuten eintrage. „Dass das überhaupt möglich ist, zeigt aber, dass es nicht so schwer ist, zeitnah einen Termin bei einem Bitburger Psychologen zu bekommen“, sagt Hangarter. Wartezeiten von drei bis sechs Monaten seien die Regel. In dringenden Fällen könne es schneller gehen. Insgesamt schätzt er die Versorgung in der Beirstadt als gut ein. Patienten mit akuten Problemen, etwa Depression in der Schwangerschaft oder Selbstmordgedanken, erhielten relativ schnell einen Platz.

 Wer die Versorgung ins Auge fassen will, darf den Blick aber nicht nur nach Bitburg richten. Denn so viele Praxen es hier auch gibt, umso weniger gibt es im Umland. Wer einen Therapieplatz sucht, wird nur noch in Idenheim und Prüm fündig. Insgesamt gibt es dort aber nur 2,5 Stellen.

Ähnlich sieht es in den angrenzenden Kreisen aus. Auch hier ist die Versorgung unterdurchschnittlich. Daher lassen sich viele Menschen, die nicht aus dem unmittelbaren Umkreis kommen, in Bitburg behandeln. Pricha und Hangarter sagen, ihre Patienten kämen aus der gesamten Region.

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