2100 Euro für den Nazi-Vergleich

Hugo Kohl, Vorsitzender der FWG im Kreistag Trier-Saarburg, muss ein Bußgeld von 2100 Euro zahlen. Er hatte den CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen nach der geplatzten Sparkassen-Fusion im Sommer 2007 in die Nähe der Nazi-Diktatur gerückt. Billen hatte Anzeige erstattet.

Bitburg/Trier. Die Stimmung war aufgeheizt im Juli 2007, die Nerven lagen blank. Die Fusion der Sparkasse Trier und der Kreissparkasse Bitburg-Prüm war gescheitert (der TV berichtete mehrfach). Der CDU-Bezirksvorsitzende Billen hatte im Kreistag Bitburg-Prüm den Antrag gestellt, die Gespräche mit Trier auszusetzen und Verhandlungen mit der Kreissparkasse Daun aufzunehmen. Das Gremium hatte den Antrag mit den Stimmen von CDU und FWG angenommen. Damit war eine Fusion vom Tisch, deren Ergebnis die Schaffung der landesweit größten Sparkasse mit 1350 Mitarbeitern und einem Bilanzvolumen von 4,5 Milliarden Euro gewesen wäre. Hugo Kohl, den seine Wortwahl in den vergangenen zehn Jahren schon öfter in Schwierigkeiten gebracht hatte, holte auf der Internetplattform des TV zum verbalen Schlag gegen Billen aus.Michael Billen habe, so Kohl, eine "Vernichtungskonzeption getätigt". Und: "Er erinnert mich an die Leiden und Unterdrückungen meiner Eltern in der Zeit von 1933 bis 1945", schrieb der FWG-Mann. "Wenn er selbst keinen schnellen Verschwindungsweg findet, sollte die CDU der Region Trier dafür sorgen, dass er verschwindet: wie Adolf Hitler."Billen erstattete Strafanzeige. Hugo Kohl nahm den Nazi-Vergleich zurück, er habe "in extremer Verärgerung" gesprochen. Trotzdem kamen ihn seine Worte jetzt teuer zu stehen. 30 Tagessätze zu je 70 Euro muss der Trier-Saarburger FWG-Vorsitzende zahlen. "Ich habe die Entscheidung des Gerichts akzeptiert und werde keinen Widerspruch einlegen", erklärte Kohl gestern im Gespräch mit dem TV. "Den Nazi-Vergleich habe ich ja ohnehin bereits zurückgenommen." Seine grundsätzliche Kritik an Billen will Kohl jedoch nicht zurücknehmen: "Er ist der Täter, der die Fusion verhindert hat." Ein direktes Gespräch zwischen Hugo Kohl und Michael Billen hat es in dieser Sache offenbar bis heute nicht gegeben. "Das ist ja auch nicht mehr nötig", so Kohl."Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben jemanden angezeigt, und es war absolut notwendig", sagte Billen, der den Bezirksvorsitz der CDU Ende Oktober mit nur vier Stimmen Mehrheit gegen Bernhard Kaster verteidigt hatte. "Hugo Kohl hat sich bis heute nicht bei mir entschuldigt. Ich werde jedoch nicht nachlegen und halte diese Geschichte mit dem Bußgeld für erledigt. Gegen solche Äußerungen gehe ich auch in Zukunft vor." Meinung Grausam überzogen Wenn Hugo Kohl im Kreistag Trier-Saarburg das Wort ergreift, steigt der Unterhaltungswert der Diskussion sprunghaft an. Der Winzer nimmt eben kein Blatt vor den Mund, was gelegentlich durchaus unterhaltsam ist. Im Fall Michael Billen jedoch ist Kohl viel zu weit gegangen. Jetzt muss er zahlen. 2100 Euro sind für vier im Ärger gesprochene Sätze eine ordentliche Summe. Dabei hätte Kohl derart folgenschwere Worte überhaupt nicht gebraucht, denn er hatte eine stabile Basis für die Kritik an Billen. Schließlich hat der CDU-Fürst die Bankenhochzeit aufgrund von verletzter Eitelkeit verhindert. Als die Stadt Trier aus der Flugplatz Bitburg GmbH ausgestiegen ist, war deren Aufsichtsratsvorsitzender Billen so sauer, dass er die Kreissparkasse Bitburg-Prüm plötzlich lieber mit Daun statt mit Trier verheiraten wollte. Wer braucht denn da noch einen völlig unnötigen und geradezu grausam überzogenen Nazi-Vergleich? j.pistorius@volksfreund.de

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