3,5 Millionen Euro, von denen keiner was ahnte: Einstige VG Bitburg-Land hat sich vor der Fusion gewaltig verrechnet

Bitburg · Die ehemalige Verbandsgemeinde (VG) Bitburg-Land hatte vor der Fusion mit der VG Kyllburg 3,5 Millionen Euro mehr Geld in der Kasse als gedacht. In Bitburg-Land hat sich die Verwaltung in den Haushaltsjahren 2009 bis 2014 jedes Jahr verrechnet. Das wirft viele Fragen auf.

 3,5 Millionen Euro: So viel Geld hat die ehemalige Verbandsgemeinde Bitburg-Land in den Jahren 2009 bis 2014 angehäuft - ohne es zu merken.

3,5 Millionen Euro: So viel Geld hat die ehemalige Verbandsgemeinde Bitburg-Land in den Jahren 2009 bis 2014 angehäuft - ohne es zu merken.

Foto: Uwe Hentschel

Nein, erfreut ist der Verwaltungs-Chef über diese Nachricht nicht. Wobei ihn nicht das Ergebnis stört, sondern die Tatsache, dass es nicht der eigenen Verwaltung aufgefallen ist, sondern einem Mitglied des Verbandsgemeinderats. Dass dieser Vorfall dann auch noch öffentlich wird, macht das Desaster perfekt.

Worum geht es? Thomas Etteldorf aus Kyllburg, der gemeinsam mit dem Rittersdorfer Matthias François die CDU-Fraktion im Verbandsgemeinderat Bitburger Land führt, hat aus eigenem Interesse die Jahresabschlüsse der ehemaligen VG Bitburg-Land unter die Lupe genommen - und zwar alle seit 2009, als die doppelte Buchführung eingeführt wurde. Ergebnis: Die VG hat jedes Jahr mehr eingenommen als im Haushalt angesetzt. Von 2009 bis 2014, als Bitburg-Land mit der VG Kyllburg fusionierte, insgesamt rund 3,5 Millionen Euro.

Warum hat das keiner gemerkt? Josef Junk, Bürgermeister und zuvor Verwaltungschef von Bitburg-Land, bemüht sich um eine Antwort. Es läge an der Größe der VG und dem deshalb hohen Verwaltungsaufwand bei der Umstellung auf die Doppelte Haushaltsführung (Doppik) und dem Aufwand im Zuge der Fusion.

Zu viel Aufwand? Für die Doppik, die landesweit seit 2009 vorgeschrieben ist und in Bitburg-Land erst spät angegangen wurde, muss eine Eröffnungsbilanz erstellt werden, in der alle Vermögenswerte der VG und ihrer Gemeinden erfasst ist. In Bitburg-Land hat man es damit sehr genau genommen. So wurde die Eröffnungsbilanz für 2009 erst Ende 2013 fertig (der TV berichtete). Die Folge: Seit 2009 hängt die Verwaltung auch mit den Jahresabschlüssen hinterher. "Wären die früher fertig gewesen, wäre es auch der Verwaltung früher aufgefallen", sagt Rainer Wirtz, Beigeordneter und einstiger Bürgermeister der VG Kyllburg.

Was passiert als Nächstes? Inzwischen sind die Abschlüsse 2009 bis 2012 fertig. Und kommende Woche wird der Verbandsgemeinderat über diese abstimmen - sie also genehmigen oder ablehnen. Zudem wird der Rat auch über die Satzung für 2016 beraten und in dem Zusammenhang klären müssen, was denn jetzt mit den 3,5 Millionen Euro passieren soll.

Wie sieht es in Kyllburg aus? Tatsächlich hat Etteldorf auch die vergangenen Haushaltsjahre der ehemaligen VG Kyllburg unter die Lupe genommen und festgestellt, dass auch Kyllburg etwas besser dasteht als erwartet. Allerdings beträgt dort die Differenz "nur" rund 245 000 Euro. Auf die Höhe der VG-Umlage, also dem prozentualen Anteil dessen, was die Gemeinden von ihren Einnahmen an die VG abtreten müssen, hätte dieses kleine Plus kaum Einfluss gehabt. Immerhin war die Umlage ein großes Streitthema bei den Fusionsverhandlungen, weil Bitburg-Land reicher, Kyllburg ärmer war - weshalb die gesplittete Umlage ausgehandelt wurde (siehe Extra).

Und in Bitburg-Land? Die Frage, die die Gemeinden umtreibt, ist die, ob sie denn viel weniger Umlage hätten zahlen müssen. Etteldorf legt das in seiner Rechnung nahe. Das sieht VG-Chef Junk jedoch anders - und verweist auf ein Minus in der Kasse, das Anfang 2009 bei 1,5 Millionen Euro gelegen habe, was man zunächst ausgeglichen hätte, hätte man denn von dem vorhandenen Geld gewusst. Außerdem habe die VG auch bereits genehmigte Kredite aufgrund der positiven Haushaltsentwicklung nicht in Anspruch genommen.

Was sagen die Dörfer? Einige Ortsbürgermeister in der ehemaligen VG Bitburg-Land tun sich schwer damit, dass das Geld, das sie als "ihr Geld" sehen, nun im gemeinsamen Haushalt mit der VG Kyllburg "verschwindet". Josef Junk und Rainer Wirtz haben dafür kein Verständnis und betonen: "Wir sind eine Verbandsgemeinde."Außerdem sei in Bitburg-Land weniger investiert worden als in Kyllburg, was sich mit dem Haushalt 2016 ändern soll. Darin seien vor allem große Investitionen in Bitburg-Land vorgesehen, erklärt Junk.´

Und nun? Ob der Haushalt 2016 kommende Woche wie von der Verwaltung vorgeschlagen auch vom Rat beschlossen wird, ist offen. Die CDU-Fraktion pocht auf eine Senkung der VG-Umlage um zwei Prozentpunkte. Im Entwurf des Haushalts ist das jedoch bisher nicht vorgesehen.Extra: Die Gesplittete Umlage

Im Fusionsvertrag wurde festgelegt, dass die Ortsgemeinden im Bereich der einstigen Verbandsgemeinde (VG) Bitburg-Land eine Umlage von 43 Prozent zahlen; in der ehemaligen VG Kyllburg 45,5 Prozent. Der Grund: Die VG Kyllburg hatte im Vergleich zum Fusionspartner Bitburg-Land eine deutlich schlechtere Finanzlage. Deshalb zahlen die Ortsgemeinden dort nun zusätzlich zu den 43 Prozent Umlage noch einen Prozentpunkt mehr für den Kommunalen Entschuldungsfonds sowie weitere 1,5 Prozentpunkte Sonderumlage als Ausgleich für die schlechtere Finanzlage. Der Vorschlag der CDU sieht eine Senkung auf 41 (Bitburg-Land) sowie auf 43,5 Prozent (Kyllburg) vor. uhe
Meinung

Von Dagmar Schommer

Da darf man sich schon wundern

Zunächst: besser zu viel als zu wenig in der Kasse. Aber 3,5 Millionen Euro völlig aus dem Blick zu verlieren, ist erklärungsbedürftig. Peinlich daran: Nun, wo die ersten Jahresabschlüsse seit Einführung der Doppik vorliegen, bemerkt nicht die Verwaltung den Überschuss, sondern ein Ratsmitglied, das sich die Mühe macht, die Zahlen zu prüfen. Das muss wachrütteln. Damit, auf die vielen Ortsgemeinden in Bitburg-Land nur zu verweisen, ist es nicht getan. Tatsächlich lag Bitburg-Land mit 51 Orten landesweit an der Spitze; seit der Fusion mit Kyllburg sind es 72 Orte - von denen gerade mal 100 Einwohner zählen. Hier besteht Handlungsbedarf. Diese Panne ist ein Warnschuss. Im Bitburger Land muss man endlich anfangen, das Thema Fusion auf Gemeindeebene ernsthaft zu diskutieren. Die Verwaltung scheint mit der Größe ihres Gebiets überfordert und in den Orten finden sich kaum noch Freiwillige für die Räte. d.schommer@volksfreund.de

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