5000 Kinder auf die Welt geholt

Neidenbach · Die Neidenbacher und viele Familien aus umliegenden Dörfern haben Antonia Hoß häufig sehnsüchtig erwartet. Wenn sie klingelte, stand ein freudiges Ereignis ins Haus. Die beliebte Hebamme wird heute 80 Jahre alt.

 Antonia HoßTV-Foto: Rudolf Höser

Antonia HoßTV-Foto: Rudolf Höser

Neidenbach. Von wegen der Klapperstorch bringt die Babys! Hinter dem ganzen Zauber vom schwarz-weißen Vogel stecken seit Jahrhunderten beherzte und kluge Frauen. Eine davon ist Hebamme Antonia Hoß. Die Eiflerin wurde 1932 im Sternzeichen des Löwen in Neidenbach geboren. In dem Eifeldorf verbrachte sie Kindheit und Jugend, erlebte selbst fünffaches Mutterglück. Sie war verheiratet, ihr Mann starb bereits mit 41 Jahren. Alleine in der Verantwortung für die eigenen Kinder schaffte sie es trotzdem.
Und als Hebamme half sie von 1955 bis 2008 rund 5000 Kindern, das Licht dieser Welt zu erblicken. Eine starke Frau, selbstbewusst, modisch gekleidet, mit flotter, blonder Kurzhaarfrisur, die heute 80 Jahre alt wird. Jung, möchte man sagen, denn eine 80-Jährige stellt man sich irgendwie anders vor.
"Natürlich zwickt und zwackt es hier und da, aber das ist doch ganz normal", erklärt Antonia Hoß, als sie über die Anfänge ihrer erlebnisreichen Tätigkeit zu erzählen beginnt. Von vielen Müttern wird sie liebevoll Toni genannt. Eigentlich wollte sie gar keine Hebamme werden. "Meine Mutter war Hebamme und deshalb immer unterwegs, was uns Kindern gar nicht gefiel", sagt Toni. Anfangs war die Eiflerin meist zu Fuß unterwegs. 1958 gab es dann einen Goggo, ein rundes, kleines Automobil. Hausgeburten waren in diesen Jahren die Regel. "Und am dritten Tag nach der Geburt kam der Pastor ans Wochenbett. Am Sonntag darauf wurde getauft", erzählt sie. Sich dagegen zu wehren, war in der katholischen Eifel undenkbar. Der Pastor hatte das Sagen.
Damals seien die Frauen ängstlich gewesen. Heute sind sie selbstbewusster, manchmal auch schwieriger, meint Toni. Die Geburtshelferin betreute Mütter im Alter von 15 bis 48 Jahren. Das war nicht immer einfach, deshalb musste die Zusammenarbeit mit den Ärzten gut sein. "Als Hebamme musst du die Dinge selbst in die Hand nehmen, die Risiken abschätzen und unendlich viel Geduld haben. Für mich galt: Die Gebärende ist die wichtigste Person", resümiert Antonia Hoß. Heute schaut sie auf ein erfülltes Berufsleben zurück. Sie hat sich mit Eltern gefreut und mit ihnen geweint. Bis heute genießt sie hohes Ansehen bei Familien, Ärzten und in der Gemeinde, wo sie sich auch seit 25 Jahren in der Seniorenbetreuung betätigt. Erst im Alter von 76 Jahren hat sie den anstrengenden Rhythmus der Hebamme gegen einen geruhsamen Alterssitz in ihrem Haus in Neidenbach getauscht. Ihre Tage beginnen heute mit der Lektüre des TV, und sie führen garantiert in den Garten, in dem sie liebevoll ihre Blumen pflegt.

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