A wie Apfel, B wie Birne, C wie Chicorée

Wie schmeckt Lauch? Wie fühlen sich Haferflocken an? Wie riecht Schnittlauch? Die Kinder der Grundschule Bitburg-Nord lernen neben dem normalen Alphabet auch das ABC der Lebensmittel, und zwar mit allen Sinnen. Sie nehmen an einem Pilotprojekt des Landes teil, das im kommenden Schuljahr verpflichtend an allen Grundschulen in Rheinland-Pfalz eingeführt werden soll.

Bitburg. 8 Uhr. Das Frühstück liegt erst kurze Zeit zurück. Zumindest für die meisten Kinder der Klasse 1 a der Grundschule Bitburg-Nord. "Jetzt geht es gleich schon wieder ums Essen", weiß Johannes. Das hat seine Klassenlehrerin Maike Dunkel bereits vorab verraten. Kurz darauf hält jedes der 25 Kinder etwas Essbares in der Hand."Wow, das ist ja mal ein cooler Fußball." Der Blick eines Jungen liegt auf dem runden Etwas, das seine Mitschülerin in den Händen hält. Beim Benennen der Lebensmittel stellt ein anderer Junge jedoch schnell klar, dass es sich hierbei keineswegs um einen Fußball, sondern um einen Kohlkopf handelt. "Und mit dem spielt man nicht. Der ist zum Essen da", erklärt der Erstklässler.Die Grundschule Bitburg-Nord nimmt als einzige Schule in der Region Trier am Landes-Pilotprojekt "Das ABC der Lebensmittel" teil (siehe Extra). Irmgard Lütticken, Ernährungsberaterin beim Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) in Bitburg, bringt den Kleinen spielerisch die Lebensmittel und deren Bedeutung für die gesunde Ernährung näher. "Der Umgang mit Lebensmitteln ist nicht mehr selbstverständlich. Viele Kinder bekommen zu Hause nicht mehr vermittelt, wie man sich gesund ernährt", sagt Lütticken. Also müssen die Schulen das auffangen. Ab dem kommenden Schuljahr sollen alle Grundschüler in Rheinland-Pfalz dieses zusätzliche ABC lernen. Die mitgebrachten Nahrungsmittel - vom Olivenöl bis zur Lauchstange - landen an diesem Morgen in einem Kreis, der in Felder unterteilt ist. Irmgard Lütticken erklärt, warum beispielsweise Butter, Milch und Käse miteinander verwandt sind, warum es wichtig ist, dass auch Lena jeden Tag aus jedem dieser aufgemalten Felder etwas isst und warum die Cola außerhalb dieses Ernährungskreises hingestellt wird. Es klingelt. Die erste Schulstunde ist vorbei. "Jetzt gehen wir in die Küche", sagt Kevin und springt vor Vorfreude schon mal von einem Bein auf das andere. Fast alle Lebensmittel, die zuvor durch die Hände der Kinder gewandert sind, werden in ein leckeres, gesundes Frühstück verwandelt. Erst wird geschnippelt, dann gegessen

An allen Tischen in der geräumigen Schulküche wird fleißig gearbeitet. Eine Gruppe schmiert Käse- und Salami brote. Natürlich Vollkornbrote. Eine andere schnippelt Obst klein und vermischt es später mit Haferflocken zu einem Müsli. Gruppe drei schneidet Möhren zu mundgerechten Stücken zurecht. Soweit kann jeder etwas mit seinen Lebensmitteln anfangen. Bei Gruppe vier sieht das anders aus. Etwas ungläubig sitzen die Erstklässler vor ihren Zutaten. Jeder mit einem Messer bewaffnet. Was sie da klein schneiden sollen, hat man ihnen verraten: Fenchel und Chicorée. "Keine Ahnung, wie das schmeckt", sagt Matteo und zuckt mit den Achseln. Einige Minuten später soll sich auch diese Wissenslücke schließen. Mit verzogener Miene bringt Matteo nur ein "uh, ist das biiiitter!" heraus. Fenchel und Chicorée haben keine Chance, zu seinem neuen Lieblingsgemüse zu avancieren: "Ich habe es probiert. Aber Spaghetti Bolognese schmecken mir viiiel besser." EXTRA Das ABC der Lebensmittel: Die Themen rund ums Essen werden immer mehr in die Schulen verlagert. Engagierte Lehrer und Eltern bemühen sich bereits, im Unterricht oder in Projekten den Schülern gesundes Essen schmackhaft zu machen. Dort setzt nun auch das Pilotprojekt "ABC der Lebensmittel" an, entwickelt von der Ernährungsberatung Rheinland-Pfalz an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR). Der Kern des Unterrichtspakets sind die über vier Jahre aufeinander aufbauenden Unterrichtseinheiten, in denen gesundes Essen sowie Esskultur kontinuierlich thematisiert werden. Grundschulkinder lernen wichtige Nahrungsmittel kennen und bereiten daraus einfache Gerichte selbst zu. Ergänzend hierzu werden landwirtschaftliche und Handwerksbetriebe besichtigt. So erleben die Kinder hautnah, wie die ausgewählten Lebensmittel erzeugt werden. Sie bekommen damit ein Bewusstsein für natürliche Kreisläufe und Alltagskompetenz für die Auswahl von Lebensmitteln und das Zubereiten von Nahrung. (dj)

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