Abschied von einer Eifeler Institution - Bitburger Kult-Disko Castel wird abgerissen

Bitburg · Dicht ist der Laden, seit es 2013 dort gebrannt hat. Jetzt ist es raus: Im Castel wird nie wieder eine Party toben. Das Grundstück ist verkauft, das Gebäude wird abgerissen. In den 80er Jahren wäre das unvorstellbar gewesen. Damals kamen die Leute von Aachen und Koblenz ins Castel gereist. Der Laden war Kult - und Pächter Hajo Römer mittendrin.

Abschied von einer Eifeler Institution - Bitburger Kult-Disko Castel wird abgerissen
Foto: (e_bit )

Auf dem Tresen steht noch ein Aschenbecher mit ein paar ausgedrückten Kippen drin. Überall hängen Spiegel. Die Barhocker mit roten und schwarzen Lederimitatpolstern sind kopfüber auf den Tresen gestellt - als würde gleich die Putzfrau schnell mal durchwischen, bevor es wieder losgeht, die Bässe aus den Lautsprechern wummern, die Diskokugel flackerndes Licht verteilt und coole Typen in Bundfaltenjeans mit Lederkrawatten Asbach-Cola bestellen. So muss es gewesen sein, in der Zeit, in der sich die ganze Eifel im Castel traf und Bands und Sänger wie CC Catch - sehr 80er Jahre - Wolfgang Petry - Hölle, Hölle, Hölle - und The Platters - sehr schwarz - in dem Bitburger Laden aufgetreten sind.

Damals hatten die jungen Frauen Locken. Lockenmähnen besser gesagt, der Siegeszug der Dauerwelle war einfach nicht aufzuhalten. Schulterpolster und mit breiten Gürteln betonte Taillen waren in. Es war die Zeit von Denver Clan und Dallas. Es war die Zeit vom Castel.

Dort gab es Miss-Wahlen und Konzerte, aber auch politische Veranstaltungen. "Bitburg hatte damals in dem Sinne ja keine größere Halle, da haben wir so was auch gemacht", sagt Hajo Römer, langjähriger Pächter der Diskothek. Er hat das Castel 1976 übernommen, nachdem dort drei Jahre zuvor eine Art Tanzcafé war. Römer wollte was anderes - und traf damit den Geschmack der Zeit. Er machte das Castel zu dem, was es war.Hot Chocolate trifft Peter Maffay


"Die Leute kamen aus Aachen, Düren, Kaiserslautern, halt von überall her", erzählt Römer. Die Bitburger Disko war weit über die Grenzen der Eifel hinaus ein Begriff. Woran das lag? "Wir haben andere Musik gespielt",sagt der 65-jährige Wirt, der heute unter anderem noch das Coco betreibt - die inzwischen einzige Disko in der Innenstadt. Bei ihm legten Peter Erz und Heinz Lano "Black Musik", Hip-Hop, Funk, Soul - und das munter gemischt mit allem, was sonst so gerade in den Charts war.

Daran kann sich auch Edgar Bujara, heute Geschäftsmann und Vorsitzender des Gewerbevereins, noch lebhaft erinnern. Er jobbte bis Ende der 70er Jahre als DJ im Castel - spielte etwa Staying Alive von den Bee Gees, Car Wash von Rose Royce und John Paul Youngs Standing in the Rain auf. "Das war eine tolle Zeit", sagt Bujara. Der Laden sei immer "knuppenvoll" gewesen. Hot Chocolate trifft Peter Maffay - so war das im Castel.

Damals war Bitburg ein Schmelztiegel. Auf knapp 12 000 Bitburger kamen noch mal ebenso viele Amerikaner. Die Stadt war Stützpunkt, der Flugplatz noch voll in Betrieb, der Dollar stand bei weit über drei Mark, die Geschäfte liefen, die Amerikaner mischten sich selbstbewusst und ausgehfreudig unters Volk. "Das war eine ganz eigene Stimmung. Irgendwie eine ausgelassene deutsch-amerikanische Party", sagt Elke Elsen, die mehr als 20 Jahre dort gearbeitet hat.
Es gab gerade mal drei Fernsehprogramme, kein Internet, kein Handy. "Da ist man mehr ausgegangen", sagt Römer, "auch schon früher als heute". Das Castel machte um 19 Uhr auf - und war von da an auch proppenvoll bis 1 Uhr, dann war unter der Woche Schicht. 800 bis 1000 Gäste, schätzt der Wirt, waren an einem guten Abend locker drin. Der Castel-Abend war mittwochs, mit Grund, wie Römer erklärt: "Vier Mal im Monat konnten wir bis 3 Uhr öffnen. Da haben wir den Mittwoch genommen, weil wir so mehr Stunden gewinnen konnten, als wochenends, wo wir ohnehin bis 2 Uhr durften."
Dann lief es nicht mehr so


Die Party endete abrupt. 2013 verwüstete ein Brand die Räume. Folge eines technischen Defekts. Seitdem ist die Tür zu. "Wir hätten richtig renovieren und investieren müssen", sagt Römer. Aber damals sei schon klar gewesen, dass die Eigentümer der Immobilie früher oder später verkaufen wollen. Inzwischen ist der Verkauf unter Dach und Fach. Dort, wo heute noch die Diskothek steht, plant die Firma Eifel-Haus in direkter Nachbarschaft zum Mehrgenerationenhaus des DRK und der Seniorenresidenz einen Neubau für soziales Wohnen. Damit ist klar: Das Castel wird abgerissen. Vielleicht noch dieses, spätestens nächstes Jahr. "Deshalb", sagt der Pächter, "hat sich für mich eine große Investition nicht mehr gerechnet". Zumal es schon vor dem Brand nicht mehr so gelaufen ist wie einst.
"Großraum-Diskos wurden Mode. In Trier hat das Riverside eröffnet. Da konnten wir nicht mithalten", erzählt Römer, der auch im Vorstand des Bundesverbands Deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe ist. Die Zeiten haben sich verändert. Auch in der Stadt.Die Amerikaner fehlten

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 Dickes Gästebuch: Hajo Römer blättert in Erinnerungen an vergangene Tage – etwa an Bands und Künstler wie... TV-Fotos (6): Dagmar Schommer

Dickes Gästebuch: Hajo Römer blättert in Erinnerungen an vergangene Tage – etwa an Bands und Künstler wie... TV-Fotos (6): Dagmar Schommer

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 ... CC Catch, die Platters und die ein oder andere Miss-Wahl wie diese Anfang der 80er Jahre.

... CC Catch, die Platters und die ein oder andere Miss-Wahl wie diese Anfang der 80er Jahre.

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Abschied von einer Eifeler Institution - Bitburger Kult-Disko Castel wird abgerissen
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1994 haben die Amerikaner den Flugplatz aufgegeben - nach und nach zog sich das Militär samt Angehörigen aus der Stadt zurück. Die Blocks in der Housing stehen schon lange leer. Dort werden noch bis kommendes Jahr die Schulen genutzt. Sobald die neuen Schulen auf der Air Base Spangdahlem fertig sind, ist auch damit Schluss. Dann haben die Amerikaner auch ihre letzte Liegenschaft in Bitburg geräumt. Wie es weitergeht und ob Stadt und Kreis die Landesgartenschau bekommen, wird sich im September zeigen. Der Ausgang ist noch offen. Im Castel wusste man, was zum Schluss kommt: Da war Frank Sinatra mit "New York, New York" der Rauswerfer.
Sie waren dabei? Können sich an eine schöne Castel-Geschichte erinnern? Ihren persönlichen Lieblingshit? Haben noch ein Foto? Mailen Sie uns. Wir sammeln Castel-Erinnerungen und freuen uns auf Ihre Nachricht an eifel@volksfreund.de

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