Alle Deutschen waren Erfinder: Spätzlepresse aus Flugzeugteilen

Speicher · Unter dem Namen "Not macht erfinderisch" präsentiert das Heimatmuseum Speicher zur Zeit eine Ausstellung, die sich mit den späten Kriegsjahren und der frühen Nachkriegszeit auseinandersetzt. Was zunächst als Sonderausstellung konzipiert war, soll nun im regulären Museumsbestand bleiben.

Speicher. Wenn Museumsleiter Werner Streit durch die Ausstellung führt, erzählt er auch aus seinem eigenen Leben. Der 89-Jährige, der selbst als Soldat in Russland und in der damaligen Tschechoslowakei war, kann sich nur zu gut an die Jahre erinnern, die vor allem von Armut geprägt waren.
"Alles, was vom Himmel gefallen und im Graben oder auf den Feldern liegengeblieben war, wurde genutzt, um das Leben zu erleichtern", sagt er.
Und so finden sich in den Vitrinen Öllampen aus Gasmaskenfiltern, eine Kaffeemühle aus einer Gasmaskenbüchse, Feuerzeuge aus Patronenhülsen, Steinbohrer aus Gewehrläufen und eine Spätzlepresse aus Flugzeugteilen. In der Landwirtschaft wurden Stahlhelme zum Schöpfen von Jauche umfunktioniert und Flügelgranaten als Kartoffelstampfer benutzt. Die Alu-Tanks der Dornier-Flugzeuge fanden eine neue Bestimmung als Wärmflasche. Aus Fallschirmstoff wurden Kleider genäht. Sogar ein Hochzeitsgeschenk findet sich in der Ausstellung: ein Kronleuchter, 1945 hergestellt aus den Teilen eines abgeschossenen Flugzeuges. "Es lag alles auf dem Feld, man musste es nur aufheben", erzählt Werner Streit, und ist sich sicher: "Alle Deutschen waren Erfinder". Und das lange vor "Made in Germany".
Zusätzlich zur aktuellen Ausstellung laufen schon die Vorbereitungen für die nächste: Mitte Oktober werden im Keller des Museums alte Handwerke präsentiert. Mit unzähligen Exponaten, die dem Museum größtenteils geschenkt wurden, werden zur Zeit unter anderem eine Wäscherei, eine Schnapsbrennerei, eine Bäckerei und eine Schmiede aufgebaut. Prachtstück der neuen Ausstellung: ein riesiger, über 300 Jahre alter Blasebalg. Zu sehen sein wird auch die Einzelzelle des ehemaligen Speicherer Gefängnisses, als das das heutige Museum früher diente.
Das Heimatmuseum Speicher ist täglich jeweils von 14-17 Uhr geöffnet, außer montags und samstags. Schulklassen können auch Sonderführungen zu anderen Zeiten erhalten.

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