Alle Kinder dürfen jetzt mitwandern

Bitburg/Prüm · Bedürftige Kinder und Jugendliche sollen nicht länger ausgeschlossen sein, wenn es um das Mittagessen, den Kita-Ausflug, das Musizieren oder die Nachhilfe geht. Dafür soll das Bildungspaket sorgen, von dem seit sechs Monaten 1300 Kinder und Jugendliche im Eifelkreis Bitburg-Prüm profitieren können. Was anfangs schleppend anlief, ist inzwischen zum Selbstläufer geworden.

Bitburg/Prüm. Kinder, die ohne Essen in die Schule geschickt werden. Kinder, die nicht an Schulausflügen teilnehmen können, weil das Geld fehlt. Kinder, deren Eltern die notwendigen Schulmaterialen nicht bezahlen können. Oder auch Kinder, die keine Möglichkeit haben, in einem Sportverein beziehungsweise der Musikschule aktiv zu sein. Diese Kinder sollen künftig die gleichen Chancen wie alle anderen bekommen - durch das Bildungspaket, das die Bundesregierung Ende Februar beschlossen hat (siehe Extra). Seit gut einem halben Jahr, ab dem 1. April, können Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II ("Hartz IV"), Sozialgeld, Sozialhilfe, den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, von den neuen Leistungen profitieren. Förderungen gibt es in fünf Bereichen: Kultur und Sport, Unterstützung beim Lernen, Mittagessen, Schulbedarf und Ausflüge sowie Schulbeförderung.
Rund 1300 Kinder und Jugendliche im Eifelkreis Bitburg-Prüm haben Anspruch, Leistungen aus dem Bildungspaket zu beziehen. Kam es zu Beginn des Projekts von vielen Seiten noch zu Kritik, der Antrag sei zu kompliziert, die regionale Handhabung zu unterschiedlich oder die Kommunikation der Ämter mit den Leistungsberechtigten zu schlecht (der TV berichtete), ist davon sechs Monate später zumindest im Eifelkreis keine Rede mehr. Das Verfahren aus Antrag stellen, Bewilligung abwarten und Gutschein einlösen sei für die Betroffenen inzwischen "Alltagsgeschäft und kein Grund für Unbehagen", sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Jobcenters in Bitburg, Elke Colling.
Fast 800 Anträge auf Förderung sind bei der Kreisverwaltung und dem Jobcenter eingegangen. Während das Jobcenter sich um die Anträge von Hartz IV-Empfängern kümmert, bearbeitet die Kreisverwaltung, die gleichzeitig für die Abrechnung aller Anträge zuständig ist, die Anträge von Wohngeld- und Kinderzuschlagsberechtigten.
Häufig nachgefragt: Mittagessen


Bis zu 200 000 Euro stellt der Bund dem Kreis jährlich für die Leistungen aus dem Bildungspaket zur Verfügung. Die bisherigen Ausgaben belaufen sich auf rund 52 000 Euro - allerdings sind noch nicht alle Gutscheine abgerechnet. Inwieweit die Bundeszuweisungen den tatsächlichen Aufwand abdecken, wird sich erst in der Zukunft zeigen. "Der bürokratische Aufwand für die Leistungserbringer, also die Schulen und Kindertagesstätten und deren Träger, sowie die Vereine und nicht zuletzt für die Kreisverwaltung und das Jobcenter ist enorm hoch", sagt Andrea Fabry von der Kreisverwaltung.
Mehr als die Hälfte der 800 Anträge, die beim Kreis und Jobcenter eingegangen sind, sind bereits bewilligt, rund 300 werden derzeit noch bearbeitet. Hoch im Kurs stehen insbesondere Zuschüsse für Ausflüge in Schulen und Kindergärten: Hierzu sind bereits 373 Anträge bei den beiden Ämtern eingegangen. Ebenfalls häufig nachgefragt ist das bezuschusste Mittagessen in Kindergärten und Schulen, bei dem Eltern lediglich einen Euro pro Tag zuzahlen müssen: Allein das Jobcenter verzeichnet hier 195 Anträge.
196 Mal wurden bei der Kreisverwaltung Zuschüsse zum Schulbedarf - beispielsweise Hefte, Schulranzen, Stifte oder Taschenrechner - beantragt.
Sportliche oder kulturelle Angebote bewilligten die Ämter insgesamt 186 Mal. Schleppend läuft dagegen momentan noch die Lernförderung an: Die Behörden gehen jedoch davon aus, dass die Nachfrage nach zusätzlichem Nachhilfeunterricht spätestens im Frühjahr, wenn die Zeugnisse näherrücken und die Versetzung gefährdet ist, stärker wird. Mit dem Bildungspaket will die Bundesregierung für rund 2,5 Millionen bedürftige Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland die Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe erhöhen. Das Paket, das unter dem Motto "Mitmachen möglich machen" steht, ist für Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 25 Jahren gültig. Ausnahme sind die Zuschüsse zu Kultur-, Sport- und Freizeitaktivitäten. Hier liegt die Obergrenze bei 18 Jahren. Das Bildungspaket ist Teil des "Hartz-IV-Kompromisses", auf den sich Union, FDP und SPD im Februar geeinigt hatten. Bis 2013 gibt der Bund 1,6 Milliarden Euro für das Paket aus. Auslöser der Hartz-IV-Reform war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010: Die Karlsruher Richter hatten die Berechnung der Regelleistungen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger als verfassungswidrig beanstandet und dem Gesetzgeber den Auftrag gegeben, bis zum 1. Januar eine Neuregelung zu finden, der ein nachvollziehbares Verfahren zugrunde liegt.

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