Alles schaut auf dieses Auto

Prüm · Gestern hat der amerikanische Hersteller Tesla die Produktion des "Model 3" aufgenommen, das die Massen elektromobilisieren soll. Gebaut wird der Wagen auch mit Maschinen aus Prüm. Und zwar unter höchstem Druck.

Prüm Dieses Auto muss es bringen: Gestern hat Tesla mit der Produktion seines "Model 3" begonnen. Der Wagen - Basispreis 35 000 Dollar, also 31 000 Euro - soll aus den Elektro-Pionieren endlich einen Massenhersteller machen, der irgendwann auch Geld verdient.
Niemand weiß, ob das funktioniert und Elon Musk, der Tesla-Chef und Ankündigungsweltmeister, die angestrebten Fertigungszahlen hinbekommen wird. Immerhin eine halbe Million Autos sollen es im kommenden Jahr bereits sein, 2016 waren es noch 84 000. Und auch die Börse meldet Zweifel: Mitte der Woche geriet der Aktienkurs des Unternehmens unter Druck, er sackte um 7,2 Prozent ab.

Druck? Nichts Neues für die rund 700 Beschäftigten von Tesla Grohmann in Prüm: Im Herbst hatten die Amerikaner den Eifeler Maschinenbauer gekauft (der TV berichtete). Es folgten der unfreiwillige Abgang von Firmengründer Klaus Grohmann und Stress mit der Gewerkschaft: Die IG Metall versuchte, mit Tesla einen Tarifvertrag abzuschließen.
Die Fronten verhärteten sich immer mehr - und in all dem Hader hatten die Mitarbeiter das zu entwickeln und zu bauen, was Tesla braucht und warum man die Eifeler überhaupt gekauft hatte: wesentliche Bauteile - und vor allem Maschinen zur automatisierten Herstellung der Fahrzeuge.

Und jetzt? Haben die Prümer fertig: "Die erste Linie ist raus, die ist drüben", sagt Software-Entwickler Ralf Schoden. Auch Tesla bestätigt auf TV-Anfrage: "Was Prüm zu liefern hat, steht."
Dabei handelt es sich nach TV-Informationen um eine Fertigungsanlage, die den Converter herstellt - dieser regelt den Stromfluss zwischen Batterie und Antrieb. Die Prümer werden noch eine Reihe weiterer dieser Anlagen liefern, nach Reno im Bundesstaat Nevada, wo Elektromotoren und Getriebeteile für das Model 3 gebaut werden.
So weit, so erfreulich. Aber was wurde aus dem Kampf der Arbeitskulturen, der sich zwischen den Amerikanern und vor allem den deutschen Gewerkschaftern in den ersten Monaten des Jahres abspielte? Betriebsrat und IG Metall hatten auf bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung gedrängt, am besten unter dem Dach eines Tarifabschlusses.
Elon Musk zeigte den Gewerkschaftern die kalte Schulter, bot aber eine Einmalzahlung von 1000 Euro und ein Aktienpäckchen im Wert von 10 000 Euro plus allerhand Kosmetika wie eine besser ausgestattete Kantine, mehr Parkplätze und Freigetränke.

Den Gewerkschaftern reichte das nicht, die Forderungen wurden lauter - aber die Lage spitzte sich auch innerbetrieblich dermaßen zu, dass sie irgendwann den Fuß vom Gas nahmen, zumal auch der Betriebsratsvorsitzende Uwe Herzig massiv unter Druck geriet und sich manche Anfeindung gefallen lassen musste.
Und doch haben sie etwas erreicht: Immerhin, sagt Christian Z. Schmitz von der IG Metall in Trier, sei nicht nur die Entlohnung besser geworden, auch die geforderte Arbeitsplatzgarantie für fünf Jahre habe Tesla inzwischen gegeben. Zudem habe es "eine Deeskalation von beiden Seiten" gegeben - wenn auch noch nicht alles so gut sei, wie man sich das wünsche.
Uwe Herzig ist zurzeit nicht allzu viel zu entlocken - der gesamte Betriebsrat, sagt er, sei derzeit sehr damit beschäftigt, "Vereinbarungen zur Entgeltstruktur" auszuhandeln - und an Zertifizierungen zu arbeiten, die bisher im Unternehmen nicht berücksichtigt wurden, unter anderem im Arbeitsschutz.
Und das Betriebsklima? "Befindet sich in einer Neuorientierung, im Spannungsfeld der amerikanischen und deutschen Industriekultur". Mehr will Herzig zu diesem Zeitpunkt nicht dazu sagen.
Dass also in Prüm sämtliche Gewitterwolken bereits vertrieben sind, lässt sich nicht unbedingt daraus schließen. Dennoch teilt Tesla mit, dass man weiter an Verbesserungen arbeite, und das auch zusammen mit dem Betriebsrat: Alles werde "gemeinsam besprochen und abgesegnet".
Ralf Schoden, im Frühjahr noch ein scharfer Kritiker des Betriebsrats und der Gewerkschaft, bestätigt heute, dass sich einiges geändert und gebessert habe: Zwar sei viel zu tun, aber die hohe Zahl der Überstunden sei mittlerweile deutlich geringer geworden. "Auf die Einhaltung der Arbeitszeiten wird sehr geachtet - auch weil der Betriebsrat seit längerem da dahinter ist. Das ist auch in Ordnung so."KommentarMeinung

Es gibt noch zu tun
Bisher ist Tesla ein Kleinserienhersteller mit großen Versprechungen. Um die aber einhalten zu können, braucht man diese Eifeler Firma, die vorher kaum einer kannte. Dass die Prümer trotz all dem Stress tapfer ablieferten, was man bei ihnen bestellte, verlangt Respekt. Zur angestrebten Tesla-Größe würde es gehören, das auch angemessen wertzuschätzen. Da hat sich schon etwas getan. So richtig gut ist es aber noch nicht. Also: Come on, Elon. f.linden@volksfreund.deExtra: TESLA-AKTIEN IM FREIEN FALL


(dpa)Tesla ist nicht mehr der wertvollste Autobauer in den USA. Der jüngste Kursrutsch bei den Tesla-Aktien hat sich am Donnerstag in ungebremstem Tempo fortgesetzt. Durch einen neuerlichen Rutsch um rund 5,85 Prozent auf 307,97 US-Dollar verlor der Elektroauto-Spezialist seinen Status als wertvollster US-Autobauer wieder an den Konkurrenten General Motors (GM). GM kommt mit 52,5 Milliarden Dollar wieder auf eine höhere Marktkapitalisierung als Tesla mit zuletzt 50,5 Milliarden Dollar. Die GM-Titel standen am Donnerstag nur moderat mit 0,6 Prozent im Minus. Noch vor wenigen Tagen war der Elektroautobauer Tesla mehr als 63 Milliarden wert. In Sorge um möglicherweise zu ambitionierte Ziele haben die Tesla-Aktien aber seit der vergangenen Woche fast 15 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Händlern zufolge gesellte sich zu den schlechten Nachrichten am Donnerstag eine Meldung hinzu, wonach die Premium-Limousine "Model S" in einem Crash-Test nur ein enttäuschendes Ergebnis abgeliefert habe.

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