Alles steht und fällt mit Nattenheim

Bitburg · Sollte die Deutsche Flugsicherung darauf beharren, im 15-Kilometer-Radius um das Drehfunkfeuer bei Nattenheim keine neuen Windkraftanlagen zuzulassen, würde sich damit die derzeit laufende Ausweisung neuer Windkraftstandorte in Bitburg-Land erübrigen. Vor diesem Hintergrund hat sich der VG-Rat dafür ausgesprochen, zunächst für klare Verhältnisse zu sorgen, bevor weiter geplant wird.

Bitburg. Anhänger gefährdeter Vogelarten können aufatmen. Denn es gibt da eine Frage, die geklärt werden muss und von der alles Weitere abhängt. So war geplant, dass sich der Rat der VG Bitburg-Land bei seiner Sitzung mit der Frage beschäftigt, wie man bei der Fortschreibung des bis zu 300 000 Euro teuren Flächennutzungsplans für Windkraft mit den Schutzabständen zu gefährdeten Vögeln umgeht. Ob man also dabei bleibt, dass die selbst festgelegten Vogelschutzabstände eingehalten werden müssen. Oder aber, ob man die Ausschlusskriterien etwas lockert, um so mehr Spielraum für die Ausweisung neuer Windkraftstandorte zu schaffen. In diesem Fall müssten dann Einzelgutachten klären, inwieweit ein Windrad die Fauna beeinträchtigen würde.Doch es sind nicht nur gefährdete Vögel, zu denen Schutzabstände einzuhalten sind. Sondern auch das vom Deutschen Wetterdienst betriebene Wetterradar in Neuheilenbach sowie das für die Flugnavigation wichtige Drehfunkfeuer bei Nattenheim. Während Ersteres vor allem die im Norden der VG geplanten Windkraftstandorte betreffen würde, könnte die Anlage bei Nattenheim zum K.O.-Kriterium für alles werden. Denn die Deutsche Flugsicherung sieht durch weitere Windkraftanlagen die Funktion ihres Drehfunkfeuers beeinträchtigt. Und sie ist deshalb nicht gewillt, weitere Anlagen zu akzeptieren (der TV berichtete)."Bislang war es nur eine Empfehlung der Deutschen Flugsicherung, 15 Kilometer Abstand zu Nattenheim einzuhalten", sagt VG Bürgermeister Josef Junk, der, wie er sagt, erst über eine Presse-Anfrage des Volksfreunds erfahren habe, dass die Deutsche Flugsicherung auf die Einhaltung dieses Abstands beharre. "Diese absolut restriktive Haltung ist uns offiziell von keiner Seite mitgeteilt worden", betont Junk."Vor diesem Hintergrund halte ich es für sinnlos, hier über Vogelschutzkriterien zu diskutieren", meint dazu Ratsmitglied Willi Fink von der FWG-Fraktion. Dieser Meinung schließen sich auch Vertreter der anderen Fraktionen an, weshalb man sich im Rat verständigt, Kontakt mit der Flugbehörde aufzunehmen, um die Problematik konkret zu erörtern. TV-Recherchen zeigen, dass die Chancen für weitere Windräder in der VG Bitburg-Land sehr schlecht stehen (siehe Extra). Mit den Schutzabständen zu Vögeln befasst sich der Rat dann aber dennoch. Was mit der Anwesenheit von Reinhold Hierlmeier zusammenhängt. Hierlmeier ist Mitarbeiter des Fachbüros BGH Plan aus Trier, das im Auftrag der VG ein Windkraftgutachten erstellt hat. Wie der Ingenieur erklärt, würde eine Herabstufung der vom VG-Rat ursprünglich festgelegten Ausschlusskriterien die Möglichkeiten für Windkraft drastisch erhöhen. Demnach kämen dann zu den bislang 740 Hektar Vorrangfläche bis zu 850 hinzu. Die Fläche würde sich also mehr als verdoppeln und zusätzlich zu den 50 bereits vorhandenen Anlagen könnten dann noch 100 weitere errichtet werden. Das zumindest ist die Theorie, vielmehr die theoretischste Form dieser Theorie. Denn dass die Deutsche Flugsicherung das hinnehmen würde, ist unwahrscheinlich.Meinung

Weiterplanen ist sinnlosDas Nein der Flugsicherung bedeutet in der VG Bitburg Land das Aus für 50 bis 60 geplante Windkraftstandorte. Das ist bitter. Für die Investoren, die bereits viel Geld in Gutachten investiert haben, für die Ortsgemeinden, die die Einnahmen dringend bräuchten und für die VG, die umsonst geplant hat. So schwer das auch zu akzeptieren sein mag: Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Windräder zugelassen werden, ist so gering, dass die VG ihre Planung aufgeben sollte. Denn wenn keine Anlagen gebaut werden dürfen, beteiligen sich die Betreiber auch nicht an den Kosten des bis zu 300 000 Euro teuren Flächennutzungsplans. Dieses Risiko ist zu hoch. k.hammermann@volksfreund.deExtra

Für die Festlegung von Ausschlusskriterien bei der Neuausweisung von Windkraftstandorten gibt es drei Kategorien. Die sogenannten harten Kriterien sind von vorneherein festgelegt und bindend. Dazu zählt der Abstand von mindestens 500 Metern zu Siedlungen mit Wohnfunktion. Die weichen Kriterien betreffen beispielsweise den Arten- und Biotopschutz oder das Landschaftsbild und werden von den Kommunen festgelegt. Darüber hinaus gibt es als Drittes die Bereiche mit "mäßigem Vorbehalt", bei denen die VG keine Einwände hat, im Einzelfall aber zu prüfen ist, ob Windkraftanlagen errichtet werden können. Problematisch können Wildtierkorridore sein, aber auch Wetterradare oder Drehfunkfeuer. uhe Extra

"Wir sind an Recht und Gesetz gebunden", sagt eine Sprecherin des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF). Und an diesem Gesetz wird auch ein Appell der Umweltminister nichts ändern. Die Deutsche Flugsicherung hat dem BAF mitgeteilt, dass die Grenzen für Störbeiträge in der 15-Kilometer-Schutzzone um das Drehfunkfeuer Nattenheim erreicht seien. "Selbstverständlich prüfen wir dennoch jeden einzelnen Antrag, weisen jedoch darauf hin, dass eine Ablehnung sehr wahrscheinlich ist", teilt das BAF aktuell auf TV-Anfrage mit. Ablehnungen ziehen ein Bauverbot nach sich. Laut BAF sollten Windenergieflächen nur außerhalb von Schutzbereichen der Flugsicherung festgelegt werden. kah

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