Als die Nonnen absolut nicht fromm lebten

Niederehe · "Eiflia sacra", heilige Eifel, so nannte der preußische Landgerichts-Kammerpräsident Carl Schorn sein bekanntes Werk, das 1888/89 erschienen ist. Große und bekannte Klöster der Eifel werden in ihm beschrieben - von ihren Anfängen bis hin zu deren Auflösung nach der Französischen Revolution. Heute stellt der TV das ehemalige Kloster Niederehe im Vulkaneifelkreis vor.

 Altes Gemäuer: die einstige Klosterkirche in Niederehe. TV-Foto: Alois Mayer

Altes Gemäuer: die einstige Klosterkirche in Niederehe. TV-Foto: Alois Mayer

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Niederehe. Mitten in Niederehe, einem Ortsteil der Gemeinde Üxheim im Landkreis Vulkaneifel erhebt sich die katholische Pfarrkirche St. Leodegar - auch bekannt für Konzerte dank der Balthasar-König-Orgel. Es ist die älteste, noch bespielbare Barockorgel in Rheinland-Pfalz.

Eine Pfarrkirche ist St. Leodegar jedoch erst seit 1803. Bis dahin war es die Klosterkirche, die jedoch mitsamt den sich anschließenden Klostergebäuden und allen Besitzungen durch die Franzosen aufgelöst und versteigert wurde. Da Niederehe ansonsten kein Gotteshaus hatte, blieb die Klosterkirche als Pfarrkirche erhalten. Der letzte Prior des aufgelösten Klosters wurde zum Pfarrer von Niederehe ernannt - das Ende einer langen Kloster-Tradition in Niederehe.

1175 stifteten die Brüder Theoderich, Alexander und Albero von Kerpen ein Kloster für adelige Augustinerinnen und statteten es mit genügend Besitz aus. Der älteste Teil der heutigen Klosterkirche, das südliche Seitenschiff, wurde erbaut und diente als Grablege der Herren von Kerpen.
1197 bestimmte der Kölner Erzbischof, zu dessen Besitz Niederehe und das Kloster gehörten, dass die Leitung nicht eine Äbtissin, sondern eine Magistra haben sollte, "damit sie nicht stolz werde". Die Nonnen sollten nach der Ordensregel des heiligen Augustinus leben und unter der Oberaufsicht des Abtes von Steinfeld stehen. Zudem legte er die Zahl der Nonnen auf 25 fest, um "die Überfüllung des Klosters mit unnützen Personen zu vermeiden".
30 Jahre später nahmen die Nonnen die Prämonstratenser-Ordensregel an, da sie ja dem Prämonstratenser-Kloster Steinfeld unterstanden. Das Kloster Niederehe wurde rasch sehr reich, so dass später geschrieben werden musste: "Immer neue Zuwendungen versetzten das Kloster in Üppigkeit und Wohlhabenheit, die das Gegenteil bewirkten: die Klosterzucht sank, das Kloster kam in Schulden".

Als dann 1475 die Klostergebäude niederbrannten, die Kirche jedoch unversehrt blieb, wurde dies als Strafe des Himmels angesehen, weil die Nonnen Ablässe für Geld angeboten hatten, in ihrem Überfluss absolut nicht fromm lebten und ihre finanziellen Angelegenheiten nicht im Griff hatten.Dorf Geschichte(n)


1505 riss der Geduldsfaden des weltlichen Herrschers, Graf Dietrich von Manderscheid-Schleiden, und des Abtes von Steinfeld. Sie jagten die Nonnen fort und ließen Steinfelder Prämonstratenser-Mönche das Kloster Niederehe beziehen. Der heilige Hermann Joseph von Steinfeld soll sich häufiger als Seelsorger in Niederehe aufgehalten haben.
Als während der Reformationszeit die Herren von Manderscheid-Schleiden 1569 zum Protestantismus übertraten, erhielt die Pfarrei Niederehe einen protestantischen Pfarrer -und die Klosterkirche wurde "zweigeteilt": Im Kirchenschiff hatten die Protestanten Gottesdienst und die Katholiken im Chorraum. Die Mönche blieben im Kloster und hielten auch in katholischen Nachbarpfarreien Gottesdienste. Als der Protestant Diedrich VI. von Manderscheid 1593 starb, kehrte der katholische Glauben wieder ein.

Infolge eines Klosterbrandes kam es zu einem vollständigen Neubau des Westflügels (1776 bis 1782), dem heutigen Pfarrhaus. Der ältere Flügel auf der Nordseite, heute im Privatbesitz, diente zuletzt als Wirtschaftsgebäude.
Immer wieder wurden die Kirche und die einstige zweiflügelige Klosteranlage renoviert. Heute befinden sich darin Einrichtungen der Pfarrgemeinde und Privatwohnungen. Die ehemalige Klosterkirche, ein spätromanischer Saalbau mit einer Wandbemalung aus der Erbauungszeit, ist ein eindrucksvolles Dokument Eifeler Klostergeschichte. Der Hochaltar aus der Zeit um 1700, die alten Seitenaltäre, das spätgotische Chorgestühl von 1530 auf der ehemaligen Nonnenempore, das schmiedeeiserne fünf Meter hohe Chorgitter von 1643 sind ebenso sehenswert wie die dreiteilige Orgel von 1714, das erste Werk des Orgelbaumeisters König, oder das Hochgrab aus schwarzem belgischen Marmor mit Reliefabbildungen des verstorbenen Ehepaares Graf Philipp von der Mark, gestorben 1613, und Katharina von Manderscheid-Schleiden, gestorben 1593.
Die einstige Klosterkirche steht heute unter Denkmalschutz.

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