Als die Urgroßmutter kochen lernte

Es geht nichts über Omas leckere Küche. Aber wenn die Rezepte in Sütterlinschrift geschrieben sind, gibt's bei vielen Nachkommen Probleme. Das hat Karin Goeblet aus Ehlenz veranlasst, handgeschriebene Kochbücher ihrer Urgroßmutter zu entziffern und in neuer Fassung herauszugeben.

 Karin Goeblet mit den Aufzeichnungen ihrer Urgroßmutter und dem neuen Kochbuch. TV-Foto: Lydia Vasiliou

Karin Goeblet mit den Aufzeichnungen ihrer Urgroßmutter und dem neuen Kochbuch. TV-Foto: Lydia Vasiliou

 Margareta Fell (links) mit ihrem Mann Hubert (Zweiter von links) und Besuchern aus Bielefeld auf einem Foto aus den 50er Jahren. Foto: privat

Margareta Fell (links) mit ihrem Mann Hubert (Zweiter von links) und Besuchern aus Bielefeld auf einem Foto aus den 50er Jahren. Foto: privat

Ehlenz. Es muss um 1900 gewesen sein, als Margareta Fell, geborene Ludwigh, aus Ehlenz ihre Kochrezepte fein säuberlich in der damals üblichen Sütterlinschrift in grau-schwarzem Kartonumschlag eingebundene Hefte notierte.

"Wir vermuten, dass meine Urgroßmutter Kochen und Backen im Herz-Jesu-Krankenhaus in Trier gelernt hat", sagt Karin Goeblet. Genau weiß die Familie nur, dass die ursprünglich aus Fließem stammende Urahnin in ihrer Jugend dort gearbeitet hat.

Aber die sorgfältige Aufzeichnung und genaueste Anleitung über Haltbarmachung von Fleisch, das Eindecken von Tischen zu bestimmten Anlässen oder die Anleitung zum Serviettenfalten und vieles mehr weisen auf fundierte Lehrjahre hin.

Nicht nur die Leidenschaft fürs Kochen und Backen hat Karin Goeblet mit ihrer Urgroßmutter gemeinsam, sie hat auch noch am gleichen Tag Geburtstag, und zwar am 6. Oktober.

Ob es an den Genen lag, dass die 38-Jährige sich daran machte, die beidseitig beschrifteten rund 120 Blätter in zwei vollen und einem halb gefüllten Heft zu "übersetzen"? Auf jeden Fall dauerte es eineinhalb Jahre, bis die Rezepte in lateinischer Schrift im Computer eingegeben waren. Und es hat sich gelohnt. Die Mutter zweier Söhne hat bereits einige Rezepte ausprobiert, und es hat geschmeckt. Allerdings "sollte ein gewisses Vorwissen da sein, wenn man die Gerichte zubereitet", sagt Goeblet. Denn es fehlen hin und wieder die genauen Mengenangaben - so spricht die Urgroßmutter von etwas Zimt oder etwas Salz - oder auch die Backtemperaturangaben, was aber den Zeitumständen zuzusprechen ist, es noch keine modernen Backöfen gab. "Manches ist heute auch gar nicht mehr umzusetzen", weiß die gelernte Krankenschwester. Damit meint sie zum Beispiel das Schwefeln von Flaschen, bevor man Früchte einfüllt oder auch Einmachen in Fässer oder Steintöpfe. "Was damals für ein Aufwand getrieben wurde", wundert sich Goeblet.

Das Buch "Kochen und Backen wie vor 100 Jahren" ist bei Karin Goeblet erhältlich und kostet 29 Euro. Info: Telefon 06569/963606. Auszüge aus dem Kochbuch Meerrettichsoße: Korinthen werden in Fleischbrühe weich gekocht, dann kommen eingeweichtes Weißbrot, fein geriebener Meerrettich, Zucker, Essig und etwas Salz hinzu. Sago-Auflauf: 250 Gramm Pearl Sago, 5 bis 6 Eier, 60 Gramm Butter, 90 Gramm Zucker, 30 Gramm gestoßene Mandeln, abgeriebene Zitrone, Vanille. Der Sago wird abgebrüht und mit Milch gar und steif gekocht. Die Butter wird zu Schaum geschlagen und dann alles in der gewöhnlichen Ordnung dazu gegeben. Eine Stunde backen. Eine Form.

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