Als würden alle gleichzeitig reden

Bitburg · Wie Autisten ihre Umgebung wahrnehmen und von den vielen Sinneseindrücken völlig überfordert werden, ist den meisten gar nicht bewusst. Um das zu ändern, sind Schüler der Otto-Hahn-Realschule plus mit einem Infostand in die Fußgängerzone gezogen.

 Die Schüler der 9c von der Otto-Hahn-Realschule plus informieren Passanten über Autismus. TV-Foto: Uwe Hentschel

Die Schüler der 9c von der Otto-Hahn-Realschule plus informieren Passanten über Autismus. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg. Für einen Menschen mit Autismus wäre die Situation auf dem Bitburger Spittel wahrscheinlich unerträglich: von der einen Seite die Geräusche vorbeifahrender Autos, von der anderen Seite der Lärm einer Baustelle und dazwischen Menschen, die die Fußgängerzone auf und ab gehen und sich dabei unterhalten oder gegenseitig zurufen. "Ein Autist würde alle Geräusche wahrnehmen und sich womöglich die Ohren zuhalten, weil er es sonst nicht aushalten könnte", erklärt Hannah Rice. Sie ist Schülerin der Klasse 9c an der Otto-Hahn-Realschule plus, die sich in den vergangenen Tagen intensiv mit dem Thema Autismus befasst hat. Mit einem Infostand ist die Klasse in die Bitburger Fußgängerzone gekommen, um die Passanten über das zu informieren, was die Schüler in einem gemeinsamen Projekt mit dem Autismus-Therapiezentrum Trier (ATZ) gelernt haben.
"Wir haben uns in der Klasse in verschiedenen Gruppen mit den unterschiedlichen Aspekten befasst", sagt Natalie Hahn. So hätten sich einige Schüler den Formen des Autismus gewidmet, andere den den Ursachen und wieder andere den Therapiemöglichkeiten oder aber dem richtigen Umgang mit autistischen Menschen. "Was für uns intuitiv ist, müssen Autisten erst lernen", erklärt Lehrerin Silvia Röpke. Und das gelte auch für das Verstehen bestimmter Sprichwörter oder Redewendungen, die autistisch veranlagte Menschen oft gar nicht verstünden, fügt Schülerin Carina Karen hinzu.
Auch wenn sich die Schüler mit der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns zum ersten Mal ausführlich auseinandergesetzt haben, so war es für viele nicht der erste Kontakt mit der Erkrankung. Schließlich gibt es an der Realschule einige Klassen, in denen auch autistische Schüler unterrichtet werden.
"Um zu verstehen, wie ein Autist seine Umwelt wahrnimmt, haben wir in der Klasse auch ein Spiel gemacht, bei dem in jeder Ecke des Raums ein Schüler stand und dann aus allen Ecken laut vorgelesen wurde", erklärt Celine Born. Und in der Mitte habe dann ein weiterer Schüler gestanden, der sich auf einen dieser vier Texte konzentrieren sollte.
Die gleiche Übung praktizieren die Schüler auch mit Passanten an ihrem Stand auf dem Spittel. Die Lehrerin ist erfreut über die tolle Resonanz. Und auch darüber, dass sich die Leute nicht nur informieren, sondern das Projekt zudem unterstützen. So sammeln die Schüler auch fleißig Geld für das Autismus-Therapiezentrum in Trier. uhe

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