Alter Geist in neuen Häusern

Bitburg · Während das Bewusstsein für die Bedeutung und Erhaltung historischer und ortsbildprägender Gebäude im Eifelkreis recht gut ausgeprägt ist, ist von einer Besinnung auf die regionale Baukultur bei den Neubauten oft nichts zu spüren. Mit einer gemeinsamen Kampagne von Eifelkreis und Architektenkammer Rheinland-Pfalz soll sich das nun ändern.

Bitburg. "Wir alle kennen die Neubaugebiete, die wie ein Blinddarm am Ort hängen und in denen jeder sich verwirklicht, je nachdem, wo er gerade in Urlaub war", sagt Landrat Joachim Streit. "Und wenn man die Leute wurschteln lässt, dann sieht man an der Fassade das Angebot aller Baumärkte", fügt er hinzu.
Nun: Diejenigen, die dort bauen und dabei mit Hilfe des Baumarksortiments ihre Urlaubseindrücke verarbeiten, stört das nicht weiter. Schließlich haben sie sich bewusst für diese Wohnsituation entschieden. Genau wie die Nachbarn.
Eifel, Bayern oder Toskana?


Anders jedoch ist die Situation für denjenigen, der von außerhalb kommt und in der Eifel seinen Urlaub verbringt. Der nämlich sieht Häuser, die mit seinen Urlaubsvorstellungen nur wenig gemeinsam haben. Es sei denn, er ist in die Eifel gekommen, weil er sich nicht entscheiden konnte, ob er lieber in Bayern oder aber in der Toskana Ferien macht.
"Manchmal ist es gut, wenn von außen jemand reinschaut", sagt Gerold Reker. Er ist Vizepräsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, kommt aus Kaiserslautern und verfügt damit über gute Voraussetzungen für einen Blick von außen auf die Baukultur der Eifel.
Letzteres ist auch das, was die Architektenkammer in einer gemeinsamen Kampagne mit dem Eifelkreis fördern möchte. "Baukultur Eifel" heißt die Initiative, die darauf abzielt, bei den Menschen mehr Bewusstsein für die Bedeutung ihrer Landschaft, Architektur und Baukultur zu schaffen.
"Über viele Jahrhunderte vollzog sich das Bauen im ländlichen Raum innerhalb enger Grenzen", sagt Reker, "die Baukonstruktionen entsprachen den gleichen Bedürfnissen und erfüllten die gleichen Funktionen." So seien homogene Dörfer entstanden, die sich in die Landschaft eingefügt hätten, fügt er hinzu.
"Bis vor 100 Jahren wäre auch niemand auf die Idee gekommen, alle 15 Jahre neue Bautrends zu entwickeln", erklärt der Architekt. Doch durch die Schnelllebigkeit und das "zunehmende Ausgleiten aus gesellschaftlichen Zwängen" habe sich das geändert.
"Die Folgen sind standort- und regionaluntypische Bau- und Architekturformen, beliebig austauschbare Wohnquartiere und eine Eifelregion, deren Individualität zunehmend verloren geht", sagt Reker. Und gegen diese Entwicklung will die Kampagne vorgehen.
Mit Neubau Position beziehen


Dreh- und Angelpunkt ist dabei eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit. So sollen regelmäßig in den Mitteilungsblättern prägnante Beispiele gelungener Neubauten vorgestellt werden. Zudem ist derzeit eine Internetpräsenz ( www.eifel-baukultur.de) im Aufbau, mit der die Architektenkammer und der Eifelkreis die Bauherren informieren wollen.
"Es geht darum, selbstbewusst mit dem Neubau eine Position zu beziehen", erklärt der Dudeldorfer Architekt Herbert Mayer, der ebenfalls im Vorstand der rheinland-pfälzischen Architektenkammer ist. Selbstbewusst deshalb, weil sich der Erhalt der Baukultur nicht nur auf das Kopieren historischer Vorlagen beschränken soll.
Es sei nicht das Ziel, nur streng nach Vorgabe lange, zweigeschossige Bauten mit Satteldach und ohne Dachüberstand zu bauen. Wichtig sei, das Grundsätzliche zu erkennen, sagt Mayer. "Und das Ergebnis darf dann ruhig auch mal etwas Außergewöhnliches sein."Extra

Die Vorlagen: Als traditioneller Bautyp der Eifel gilt in erster Linie das sogenannte Trierer Quereinhaus: Ein langer, meist zweigeschossiger Bau mit Satteldach. Doch gibt es natürlich auch viele historische und ortsbildprägende Häuser, bei denen Wohn- und Stalleinheit beispielsweise im Winkel gebaut wurden, oder aber Häuser mit eher quadratischem Grundriss. Was diese Bauten aber in der Regel gemeinsam haben, sind die klaren Formen, der Verzicht auf Dachüberstände sowie eine verputzte Fassade mit regelmäßig angeordneten hoch stehenden Fenstern. uhe

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