An der Enz stört Konkurrenz

Mettendorf · Der Raiffeisen-Markt in Mettendorf soll größer werden. Der Ortsgemeinderat hat nun den Bebauungsplan beschlossen. Die Widersprüche der Bürger blieben ohne Erfolg.

 Soll wachsen: der Raiffeisen-Markt in Mettendorf. TV-Foto: Klaus Kimmling

Soll wachsen: der Raiffeisen-Markt in Mettendorf. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (e_bit )

Mettendorf. Der Saal im Mettendorfer Hotel "Im Fronhof" ist voll: Etwa 25 Bürger erscheinen am Donnerstagabend zur Sitzung und übertreffen damit den Ortsgemeinderat, der aus 17 Mitgliedern besteht - zumindest zahlenmäßig. Vieles kommt auf den Tisch, die öffentliche Sitzung dauert drei Stunden. Aber am längsten braucht doch das, was schon so lange in der Vorbereitung und immer mehr zum Streitthema geworden ist, ein Projekt, das das Dorf in zwei Hälften gespalten zu haben scheint: Der Rat will den Bebauungsplan als Satzung beschließen und damit den Weg für die Erweiterung des Raiffeisen-Markts frei machen (siehe auch Extra).

Das werden die Ratsmitglieder am Ende des Abends auch einstimmig tun - zuvor beschäftigen sie sich mit den Ergebnissen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung. 21 Behörden haben zum Planentwurf Stellung bezogen, fünf Bürger haben Widerspruch eingelegt, zwei davon wiederholt.

Und die sorgen sich. Zum Beispiel um den Eisvogel. Der zeigt sich am Ufer der Enz, und die ist als FFH-Gebiet geschützt (FFH steht für Fauna-Flora-Habitat). Daran grenzt ein Bereich des Bebauungsplans, den die Gemeinde im beschleunigten Verfahren, das keine Umweltprüfung erfordert, auf den Weg gebracht hat.
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung des Planungsbüros Högner kommt zu dem Schluss, die Schutzwürdigkeit der Fläche sei gering. Und das ist ein Grund, weshalb der Mettendorfer Norbert Meyer Widerspruch eingelegt hat - samt einer Meldeliste mit Tiersichtungen und Fotodokumentationen (der TV berichtete). Belange des Artenschutzes seien nicht berücksichtigt, sagt er - und fordert deshalb eine revidierte Stellungnahme der Naturschutzbehörde.

Zwar verweist die Kreisverwaltung, bei der die Untere Naturschutzbehörde angesiedelt ist, die Ortsgemeinde darauf, die eingereichten Vogelsichtungen noch einzuarbeiten. An ihrer Stellungnahme ändert sie jedoch nichts: Durch den Bebauungsplan seien "keine erheblichen Auswirkungen" auf die Tiere und ihren Lebensraum im Enztal zu erwarten. "Wir nehmen die Tiersichtungen auf", sagt Janine Fischer von der Verbandsgemeinde Südeifel in der Ratssitzung. Beim Bauantrag sei dann darauf zu achten. Und der Rat bleibt beim beschleunigten Verfahren: Dieses schreibe rechtlich die Umweltprüfung zwar nicht vor, Umweltbelange habe die Gemeinde aber in ihre Entscheidung ausreichend einfließen lassen.

Vom Thema Tierschutz geht es zum nächsten Problem, das ein paar der Bürger fürchten: den Lärm. So hatte sich in der Offenlage ein lange bestehendes Mettendorfer Hotel gemeldet, das Gästezimmer und Ferienwohnungen vermietet: "Für die Gäste ist es unter gar keinen Umständen zumutbar, neben einem großflächigen Markt zu wohnen." In diesem Zusammenhang verstehen die Hoteleigentümer die Öffnungszeiten nicht, die zuletzt noch ausgeweitet wurden: auf 6 bis 22 Uhr.Hotelbesitzer befürchten Lärm


Zudem gehe das positiv ausgefallene Lärmgutachten nicht auf die Belastung ein, die durch Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker ausgelöst werde. Denn die seien rund um die Uhr zugänglich - Autotürenzuschlagen inklusive. Da meldet sich der erste Beigeordnete Egon Thielen zu Wort: "Also ich will ja keinem zu nahe treten, aber die Argumentation kann ich nicht nachvollziehen." Nehme man das ins Gutachten auf, dann müsse man auch den Hoteltrubel einbeziehen. "Aber da beklagt sich keiner", sagt Thielen. "Und das ist auch gut so."
Es drückt aber noch an einer anderen Stelle. Manche Einzelhändler haben Angst, dass der große Raiffeisenmarkt ihren kleinen Betrieb schluckt. So ist ein Elektrofachgeschäft davon überzeugt, dass die Erweiterung "verheerende Folgen für eingesessene Betriebe" mit sich bringen wird und das Projekt diesen "die Existenzgrundlage" entzieht.Angst vor Umsatzeinbußen


Widerspruch eingelegt haben auch Eigentümer eines heute leerstehenden Lebensmittelmarkts. Zum Leerstand sei es überhaupt erst aufgrund von "mutmaßlich herbeigeführten Entscheidungen, insbesondere seitens der Gemeinde" gekommen. Für ihren Markt suchen sie einen Betreiber, im Raiffeisenmarkt sehen sie eine "Existenzgefährdung". Andere schreiben: "Wir verdienen unser Brot buchstäblich im Schweiße unseres Angesichts. Warum wird es uns jetzt noch saurer gemacht?" Sogar eine Gärtnerei aus Nusbaum befürchtet Umsatzrückgänge.

Bürgermeister Paul Lentes weist darauf hin, dass es sich um keinen Neubau handele. Der Markt werde lediglich erweitert. "Die Konkurrenz ist jetzt schon da", sagt auch Thielen. Der erste Beigeordnete ärgert sich, dass behauptet wird, die Gemeinde trage die Schuld an einem Leerstand - "statt die Verantwortung dafür bei sich selbst zu suchen".
Der Rat vertraut dabei auch auf ein Gutachten der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung aus Köln, das aussagt, Umsatzverteilungen seien wettbewerblich spürbar - mehr aber auch nicht. Also: Kein Betrieb müsse um seine Existenz bangen. Bürgermeister Lentes spricht sich am Ende noch einmal für das Projekt aus: "Ich bin davon überzeugt, dass mehr Kunden nach Mettendorf kommen als bisher. Und dass davon alle Geschäfte profitieren."Meinung

Ein Rat für alle
Der Ortsgemeinderat ist den Einwänden der Bürger nicht gefolgt. Sondern etwas anderem: der Meinung, dass ein größerer Markt gut für die Gemeinde ist. Genau die vertritt der Rat auch: alle 1100 Einwohner von Mettendorf, und nicht nur die fünf, die den Plänen widersprochen haben. Für die Stimmung im Dorf bleibt jetzt nur noch zu hoffen, dass die Wehklage so mancher Bewohner bald verstummt. Und nur noch das Gezwitscher der Vögel zu hören ist. e.blaedel@volksfreund.deExtra

Für die Erweiterung des Raiffeisenmarkts soll ein Gebäude abgerissen und an das bestehende Geschäft angebaut werden. Die künftige Verkaufsfläche: 1750 Quadratmeter - und damit 350 Quadratmeter mehr als bislang. Das Sortiment für Heimwerker soll vor allem interessanter werden - vor dem Hintergrund, dass der einzige Baumarkt in der Verbandsgemeinde Südeifel in Neuerburg 2012 geschlossen wurde, sieht die Euskirchener Raiffeisen-Zentrale darin Potenzial. Auch eine Volksbank-Filiale (90 Quadratmeter) und eine Bäckerei mit Café (150 Quadratmeter) ziehen in den Markt mit ein. eib

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