Anschlag auf Haus des Wahlsiegers

Normalerweise ist das 260-Seelen-Dorf Ramscheid ein sehr ruhiges Pflaster. In der Nacht zum Freitag änderte sich dies schlagartig. Ein Unbekannter plante einen Brandanschlag auf den neuen Bürgermeister Hellenthals, Rudolf Westerburg.

Ramscheid. Normalerweise ist das 260-Seelen-Dorf Ramscheid ein sehr ruhiges Pflaster. "Seit 22 Jahren leben wir hier. Es ist noch nie etwas passiert", sagt Rudolf Westerburg. In der Nacht zum Freitag - fünf Tage, nachdem Rudolf Westerburg zum neuen Bürgermeister Hellenthals gewählt worden war - änderte sich dies schlagartig. Nach bisherigem Ermittlungsstand der Polizei hat ein männlicher Einzeltäter in der Dunkelheit den Eingangsbereich des Hauses von Rudolf Westerburg mit einer brennbaren Flüssigkeit bespritzt. Er zerstach und zerschnitt alle Reifen von Westerburgs Opel Astra und ein Pneu am Renault Clio seiner Frau.

Westerburgs Sohn Christian war durch ein lautes Geräusch aufgewacht, das womöglich durch das Zerstechen der Reifen verursacht wurde. Er schaute aus dem Fenster in den Hof und sah einen Mann. Als Christian Westerburg ihn anschrie, floh der Mann - unerkannt.

Rudolf Westerburg, der als einziger Kandidat für SPD, UWV, FDP und Grüne antrat, war am vergangenen Sonntag mit deutlichen 86,6 Prozent zum Nachfolger von Bürgermeister Manfred Ernst gewählt worden. Politisch hat er sich immer neutral verhalten. Auch viele CDU-Wähler gaben ihm ihre Stimme.

Wenn es nur zerstochene Reifen gewesen wären, so der designierte Bürgermeister Rudolf Westerburg gestern, hätte er noch an einen Denkzettel gedacht. "Aber wenn der Täter die Flüssigkeit im Türbereich angezündet hätte ...", sagt Westerburg und führt den Satz nicht zu Ende.

Wegen der zeitlichen Nähe zum Wahlsonntag vermutet er einen Zusammenhang mit seinem neuen Mandat. Eine andere Erklärung habe er nicht. Zweimal hatte Christian Westerburg gegen 1.15 Uhr in seinem Schlafzimmer über der Haustür ein "Knallen" gehört. Er befürchtete, dass Reifen zerstochen würden, und schaute aus dem Fenster.

In der dunklen, regnerischen Nacht - nur spärlich vom Bewegungsmelder erhellt - sah er einen Mann, der zwischen dem Clio der Mutter und dem Astra des Vaters hockte. Als Christian Westerburg einen lauten Schrei ausstieß, floh der Mann Richtung Eifelweg.

Geräusche eines abfahrenden Fahrzeuges vernahm der 22-Jährige nicht. Durch den Schrei des Sohnes wachten auch Rudolf und Irene Westerburg auf. Als sie die Haustür aufrissen, rochen sie Diesel. Der Kraftstoff war großflächig im Bereich der Tür, am daneben befindlichen Fenster, im Blumenbeet und auf der Treppe vergossen worden. Dann entdeckten sie die zerstochenen Reifen.

Rudolf Westerburg alarmierte umgehend die Polizei in Schleiden und gab eine Täterbeschreibung durch. Westerburgs Vater Bruno, der im Nachbarhaus wohnt, hatte ebenfalls den Schrei seines Enkels gehört und war herbeigeeilt. Nachdem er erfahren hatte, was vorgefallen war, setzte er sich ins Auto, um nach dem Täter zu suchen.

Spurensuche mit einem Hund bleibt erfolglos



Doch er stellte nichts Verdächtiges fest. Zehn Minuten, nachdem Rudolf Westerburg die Polizei gerufen hatte, traf ein Diensthundeführer ein, zwei Minuten später ein Streifenwagen. Auch die Suche des Hundeführers blieb erfolglos.

Dann hatte Familie Westerburg noch alle Hände voll zu tun. Mit Erlaubnis der Polizei versuchte sie, die ätzende Flüssigkeit von Tür, Hauswand, Blumenbeet und Treppe zu entfernen. Der Feuerwehrmann Rudolf Westerburg wusste, dass Diesel mit Spülmittel und heißem Wasser beizukommen ist. Aber auch nach zwei Stunden Schrubben blieben Spuren zurück. Er vermutet, dass Benzin beigemischt wurde, wodurch eine leicht entzündliche Flüssigkeit hätte entstehen können.

Neben dem Wagen von Rudolf Westerburg wurde die abgebrochene Klinge eines Cutters gefunden. Von der Eingangstür zog sich die Spur der brennbaren Flüssigkeit bis zum Hinterreifen von Westerburgs Astra. Bruno Westerburg vermutet, dass der Täter möglicherweise hier die Flüssigkeit von einem Kanister in einen Eimer oder ein ähnliches Gefäß gefüllt und dann die Hauswand großflächig bespritzt hat.

Wäre die Flüssigkeit aus einem Kanister gespritzt worden, hätte sie sich nicht so weiträumig verteilt. Doch weder von einem Kanister noch einem anderen Behälter fand sich eine Spur.

Gestern nahm Kriminalhauptkommissar Bernd Pütz Proben der Flüssigkeit, die nun genauer untersucht wird. Der Staatsschutz wird eingeschaltet. Ein politischer Hintergrund sei nicht auszuschließen. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass es sich um Diesel- oder Heizöl handelt. Weil dies schwer entflammbar ist, gehen die Beamten zunächst von Sachbeschädigung und nicht von versuchter Brandstiftung aus. In den nächsten Tagen wird in Ramscheid Streife gefahren. Laut Christian Westerburg trug der Täter ein grau-schwarzes Kapuzen-Shirt mit dunkler Weste.

Hinweise nimmt die Polizei Schleiden, Telefon 02445/8580 entgegen.

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