Arbeit am Rande der Gesellschaft

Bitburg/Prüm · Sie stehen teilweise auf der Straße, haben oftmals keinen Schulabschluss, keine Ausbildung und keinen Job: Jugendliche und junge Erwachsene ohne Perspektive am Arbeitsmarkt werden im Eifelkreis durch den kommunalen Jugend-Scout unterstützt. Und die Zahl derer, die Hilfe benötigen, wächst.

Bitburg/Prüm. 1,6 Millionen Euro zusätzlich, so hat es der Leiter des Jugendamts Bitburg-Prüm, Josef Winandy, jüngst auf der Kreistagssitzung angekündigt, wird der Bereich "Jugend und Familie" im Eifelkreis voraussichtlich im kommenden Jahr benötigen. Der Grund: Immer mehr Familien sind auf Erziehungshilfe angewiesen, immer mehr Jugendliche müssen aus ihren Familien herausgenommen werden. Und so sind es letztlich auch immer mehr junge Erwachsene, die aufgrund ihrer schwierigen Vergangenheit Probleme haben, im sozialen und beruflichen Leben Fuß zu fassen.
Ihnen steht im Eifelkreis seit 2004 der kommunale Jugendscout zur Seite, der Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren dabei helfen soll, ihre Chancen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu verbessern (siehe Extra).
Dabei spielt allein nach den Zahlen das Thema Jugendarbeitslosigkeit im Eifelkreis kaum eine Rolle: Lediglich 221 junge Menschen unter 25 Jahren sind derzeit als arbeitslos gemeldet - eine Quote von 2,9 Prozent. Und dennoch geht Patricia Kleis von der Caritas Westeifel, seit 2008 Jugendscout im Eifelkreis, die Arbeit nicht aus. Im Gegenteil. In den vergangenen drei Jahren betreute sie im Schnitt knapp 90 junge Leute, die ihre Unterstützung benötigten.
Auffällig ist jedoch, dass die Diplom-Pädagogin immer häufiger viel früher ansetzen muss. "Ein Jugendlicher, der nicht weiß, wo er schlafen soll, wird sich erst mal keine Gedanken über seine berufliche Zukunft machen", sagt sie. In vielen Fällen gehe es daher in einem ersten Schritt darum, die jungen Leute bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
Viele, die den Kontakt zum Jugendscout suchen - nach einem Tipp vom Jugendamt, Jobcenter, Streetworker oder sogar inzwischen durch "Mundpropaganda" - haben "Heimkarrieren" hinter sich und bereits zahlreiche Jugendhilfemaßnahmen durchlaufen.
"Die Einzelfälle werden immer heftiger, die Problemlagen immer komplexer", sagt Kleis. Oft fehlten den jungen Leuten wichtige Basiskompetenzen - das Einhalten gewisser Regeln beispielsweise, soziale Umgangsformen, sogar Körperhygiene. Eine feste Anstellung ist so kaum zu finden, geschweige denn zu behalten. "Ich habe nur ganz selten Jugendliche oder junge Erwachsene hier, bei denen es wirklich darum geht, nur eine Ausbildungs- oder Praktikumsstelle zu finden", erklärt der Jugendscout, "ein Großteil meiner Arbeit ist Beziehungsarbeit."
Klienten beispielsweise immer wieder um acht Uhr morgens zu sich bestellen, damit sie das frühe Aufstehen lernen. Sie öfter auch mal unangekündigt zu Hause besuchen. Sie fordern. Und dennoch weiß Kleis, dass sie nicht ihre eigenen Maßstäbe ansetzen darf, wenn es darum geht, einen "Erfolg" bei ihren Klienten zu definieren: "Für mich ist Erfolg sehr individuell - wenn da ein suchtabhängiger Jugendlicher mit Vorstrafen und Gefängnisaufenthalt, der Ärger mit dem Jobcenter hat, zu mir kommt und um Hilfe bittet, kann das ein Erfolg sein, wenn er im Jobcenter nicht ausgerastet ist."
Erfolg - er ist in ihrer Arbeit nur schwer zu messen: Kleis schätzt, dass sie etwa 40 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sie 2010 betreut hat, in Fördermaßnahmen, beispielsweise vom Jobcenter, untergebracht hat. Ungefähr 15 Prozent begannen im vergangenen Jahr eine Ausbildung. Ob diese jedoch weiterhin noch am Ball sind, weiß die Pädagogin nicht. Doch manchmal gibt es da ja auch die kleinen Lichtblicke - etwa, als Kleis vor ein paar Monaten einen jungen Mann traf, den sie lange intensiv betreut hatte: Er berichtete ihr stolz, dass er seine Ausbildung bestanden hatte. Ein toller Erfolg.

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