Arbeitsbörse und Stellenmarkt auf dem Dorfplatz

Prüm · Gesinde- und Dingmärkte gehören der Vergangenheit an. Aber es gab sie noch bis in die 1950er Jahre. Dort haben Knechte und Mägde auf dem Land ihre Arbeitskraft angeboten, Arbeitgeber und Bauern suchten dort ihr Personal - häufig ging es zu wie auf dem Viehmarkt.

Prüm. Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es keine Stellenanzeigen in Zeitungen oder Stellenbörsen im Internet. In einer Zeit, in der der Bezug einer Tageszeitung mehr als selten war, mussten Arbeitskräfte auf anderem Wege gesucht und gefunden werden. In ländlichen Gegenden geschah dies meist auf sogenannten Gesinde- und Dingmärkten. Und davon gab es in der Westeifel eine erstaunlich große Anzahl. Bekannt waren die von Adenau, Bitburg, Mayen, Wittlich und Wetteldorf bei Schönecken. Meist fanden sie in der Vorweihnachtszeit statt, damit das Arbeitsverhältnis am sogenannten Ziehtag, an Lichtmess (2. Februar), beginnen konnte. "An Lichtmess fängt der Bauersmann neu mit des Jahres Arbeit an", lautet so auch eine Bauernregel. Stadt Geschichte(n)

In Prüm bekannt war der große Kram-, Vieh- und Gesindemarkt am Stefanstag (26. Dezember), der erst nach dem Ersten Weltkrieg endete. Den größten Eifeler Markt, auf dem Knechte und Mägde sich anboten, gab es in Neuerburg, wo hauptsächlich luxemburgische Hofbesitzer ihre Arbeitskräfte aussuchten.Auf solchen Gesindemärkten boten sich schulentlassene Mädchen oder Jungen aus weitem Umkreis als Arbeitsuchende an. Sie verdingten sich, handelten Arbeitsverträge aus. Manchmal ging es zu wie bei einem Viehhandel. Kritische Fragen und unangenehme körperliche Berührungen mussten sie sich gefallen lassen, und mancher Arbeitgeber oder reiche Bauer spielte sich auf. Gerade nach dem letzten Krieg beschrieben einige Tageszeitungen die Gesindemärkte als "Sklavenmärkte", was sie aber bei weitem nicht waren. Ein interessantes Beispiel, wie es auf einem solchen Markt zuging, liefert Dr. Milz in der Zeitschrift "Die Eifel" von 1991: "Bauer zum Bauernmädchen: ,Wo kommst du her?\' ,Von ... Ich war schon zwei Jahre in .... Da habe ich gedient.\' ,So! Kannst du kochen?\' ,Ja, das habe ich schon zu Hause getan.\' ,Kannst du melken?\' ,Gewiss das! Ich kann melken, Butter machen und das Vieh versorgen.\' ,Kannst du auch Brot backen?\' ,Aber sicher, das musste ich schon immer tun.\' ,Dann gehen wir einen Schoppen trinken!\'Die gedingte Person erhielt noch eine Geldmünze, meist einen Taler als sogenannten Mietpfennig oder Handgeld. Mit einem Handschlag und dem vom neuen Arbeitgeber spendierten Getränk war der mündlich geschlossene Arbeitsvertrag gültig. Meist arbeiteten bei den dicken (reichen) Bauern mehrere Mägde und Knechte, die innerhalb des Hofes eine genaue Rangordnung hatten, angefangen vom Oberknecht oder Meisterknecht, über den Gespannknecht und Ochsenknecht bis hin zum Pferdejungen oder Hüteknecht. Ähnliche Differenzierungen gab es auch bei den Frauen, von Meistermagd hin zu Melk-, Küchen- oder Gänsemagd. Unterschiedlich waren auch die Vergütungen oder Löhne, bei Knechten doppelt so hoch wie bei den Mägden. Kost und Logis waren frei. Meist bekamen sie noch Zugaben wie Schuhe, Socken, Hemden, Schürzen, bei Mägden auch Wolle oder Flachs. Den meisten arbeitssuchenden Dienstboten war bekannt, wer als ein guter (guter Lohn, gutes Essen und gute Behandlung) oder ein schlechter Bauer galt. In Neuerburg fanden solche Gesindemärkte noch bis in die Mitte der 1950er Jahre statt. Eine Zeitungsnotiz meldete, dass dort am zweiten Adventsmontag 1952 sich über 100 junge Männer zu verdingen versuchten und etwa 200 Bauern nach Knechten suchten. Der wohl letzte Ding- und Gesindemarkt war wohl 1958 in Bitburg.avi

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