Armut in der Eifel: Die Bitburger Tafel hilft seit fünf Jahren

Bitburg · Dicht an dicht drängen sich die Menschen bei der Bitburger Tafel, um ein paar Lebensmittel zum symbolischen Betrag von einem Euro zu kaufen. Seit fünf Jahren unterstützt die Einrichtung in Trägerschaft der Caritas arme Menschen. Mehr als 1200 sind berechtigt, zur Tafel zu kommen.

 Bei der Bitburger Tafel stehen die Menschen Schlange für Lebensmittel. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Hedwig Trierweiler, Mathilde Suntrup und Erika Garçon helfen bei der Essensausgabe. TV-Foto: Dagmar Schommer

Bei der Bitburger Tafel stehen die Menschen Schlange für Lebensmittel. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Hedwig Trierweiler, Mathilde Suntrup und Erika Garçon helfen bei der Essensausgabe. TV-Foto: Dagmar Schommer

Bitburg. Ein Anblick, der einem die Sprache verschlägt: Geduldig warten rund 70 Menschen bei der Bitburger Tafel, bis sie an der Reihe sind. Sie stehen an für Lebensmittel. Ein paar Äpfel oder Trauben, ein Brot, eine Packung Mehl, vielleicht ein, zwei Eier, Quark oder auch Tiefkühlkost.
In der Schar der Wartenden stehen Mütter mit kleinen Kindern, ältere Menschen, die sich auf einen Stock oder Rollator stützen, Ausländer wie Einheimische. Manche plaudern. Die meisten aber warten still. Sie alle haben eine Nummer. Eine Nummer, die sie berechtigt, einmal in der Woche bei der Tafel ihre Lebensmittel zum symbolischen Preis von einem Euro zu erstehen.
Mehr als 1200 Menschen sind im Altkreis Bitburg auf diese Hilfe angewiesen - darunter 400 Kinder. "Anspruch auf Unterstützung haben Menschen, die von Hartz IV leben, Arbeitslosengeld beziehen oder mit der Mindestrente von 500 Euro im Monat auskommen müssen", sagt Edith Mayer, die die Berechtigungsscheine ausstellt.
Sie ist eine von 90 Ehrenamtlichen, die sich für das Projekt in Trägerschaft der Caritas engagieren und hat schon viele Schicksale erlebt. "Mütter von zwei, drei Kindern, die vom Mann verlassen wurden, eine 60-jährige Frau, die nach dem Tod ihres Partners kaum noch ein Auskommen hat oder ein 50-jähriger LKW-Fahrer, den niemand mehr einstellen wollte", nennt Edith Mayer Beispiele und ergänzt: "Viele kommen beim ersten Mal hier hin in einer Mischung aus Verzweiflung und Scham."
Jede Nummer ein Schicksal


Hinter jeder Nummer steht ein Schicksal. Peter Berger, der vor fünf Jahren einer der Initiatoren der Bitburger Tafel war, räumt mit dem Vorurteil der Sozialschmarotzer auf: "Wir bemerken, dass es immer mehr Leute gibt, bei denen reichen selbst zwei, drei Jobs nicht, um ein Auskommen zu haben." Der Grad, der zwischen dem Abstieg in die Armut oder einem geregelten Auskommen unterscheide, werde immer schmaler, sagt Berger.
Für eine 45-jährige Mutter dreier Kinder kam die Armut mit der Scheidung: "Mein Jüngster ist sechs Jahre alt, die beiden anderen 13 und 17. Ganztagsarbeiten geht nicht und das bisschen Unterhalt, das mein Ex zahlt, reicht hinten und vorne nicht", sagt die Frau. Obwohl sie nebenbei putzen geht.
Rund 2000 Kilo Lebensmittel verteilen die Tafelmitarbeiter pro Woche. Aber sie helfen den Besuchern auch bei ersten Kontakten zum Jobcenter oder beim Ausfüllen von Behördenschreiben. "Wir versuchen, Arbeitslose zu motivieren, sich einen Job zu suchen - und wenn es nur für ein, zwei Tage ist. Auch, damit sie nicht in ein Loch fallen", sagt Berger. Keine Arbeit, kein Geld, keine Kontakte - das ist ein Teufelskreis, den die meisten Besucher kennen.
"Viele kommen auch lange, bevor sie mit ihrer Nummer an der Reihe sind. Einfach, um sich zu unterhalten", sagt Mitarbeiter Thomas Comas. Er engagiert sich fast seit Beginn für das Projekt und erklärt: "Man muss gar nicht so weit gehen, um auf Armut zu stoßen. Das gibt es auch hier vor der Haustür."
So sitzt auch an diesem Tag eine kleine Gruppe im Warteraum, die Nummernanzeige vor der Lebensmittelausgabe im Blick und unterhält sich. Die Tafel ist für sie auch eine Möglichkeit, wieder Kontakte zu pflegen. "Man lernt sich ja hier auch kennen", sagt ein 48-Jähriger. Er hat für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet, aber dann seine Arbeit verloren.
"Dann konnte ich mir das Auto nicht mehr leisten und ohne Auto war es noch schwerer, Arbeit zu finden", sagt der Mann, der seit mehr als einem Jahr zur Tafel kommt: "Heute brauche ich Milch. Und Reis und Gemüse,. Man kann aus allem was Leckeres machen. Einmal gab es sogar Serrano-Schinken. Das könnte ich mir selbst nie leisten." Er hat nun die Aussicht, als Taxifahrer einen neuen Job zu finden. Darauf freut er sich. schoJeder gibt, was er kann: Die Bitburger Tafel wurde Mitte 2006 gegründet. Träger ist die Caritas. Mit Hilfe eines Fördervereins, der inzwischen rund 360 Mitglieder zählt, sowie mit Spenden deckt die Tafel laufende Kosten. Zudem engagieren sich rund 90 Ehrenamtliche für das Projekt. Die Lebensmittel sind Spenden von Privatleuten, Vereinen, Unternehmen - wie etwa ein Bitburger Pasta-Hersteller - Gaststätten und eine Metzgerei. In Supermärkten können die Tafelmitarbeiter zudem Lebensmittel kurz vor dem Ablaufdatum günstig einkaufen. scho Wer die Tafel mit Spenden, Engagement oder als Mitglied des Fördervereins unterstützen will, wende sich an die Tafel, Telefon 06561/670098.

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