Busverkehr Nächster Halt: hier und bald

Arzfeld · Für ein paar Kinder in Arzfeld wird der Gang zur Bushaltestelle demnächst ein gutes Stück kürzer. Der Weg zu diesem erfreulichen Beschluss war allerdings lang.

 Noch stoppt der Bus nicht an beiden Arzfelder Haltestellen. Nur unten im Dorf.

Noch stoppt der Bus nicht an beiden Arzfelder Haltestellen. Nur unten im Dorf.

Foto: Fritz-Peter Linden

Es ist im Prinzip simpel – und dann doch ziemlich verwirrend. Es geht um drei Kinder, zwei Haltestellen und einen Bus. Und zwar in Arzfeld: Dort findet man entlang der Ortsdurchfahrt (Bahnhof- und Luxemburger Straße) zwei Haltestellen. Eine unten in der Dorfmitte, an der Kapelle. Und eine zweite oben, rund 600 Meter weiter in Richtung Daleiden.

Wenn Julia Zwicker und die anderen Kinder, die dort oben wohnen, morgens zum Schulbus wollen, müssen sie runter ins Dorf. Denn an der Wartehalle in ihrer Nähe bleibt der Bus nicht stehen. Für die 14-Jährige bedeutet das fast einen Kilometer Strecke, die sie mit schwerem Ranzen auf dem Rücken laufen muss. Dann steigt sie ein und fährt nach Biesdorf zum Gymnasium, Umsteigen in Mettendorf inklusive. Nach einer Stunde und fünf Minuten ist sie dort.

 Noch stoppt der Bus nicht an beiden Arzfelder Haltestellen. Nur unten im Dorf, siehe zweites Bild.

Noch stoppt der Bus nicht an beiden Arzfelder Haltestellen. Nur unten im Dorf, siehe zweites Bild.

Foto: Fritz-Peter Linden

Die Linie wird betrieben von der MB Moselbahn Verkehrsbetriebsgesellschaft in Bernkastel-Kues, der Schulbus kommt von der Firma André Reisen aus Prüm und Dasburg. Die Frage: Könnte also der Bus nicht einfach an der näheren Station stoppen, um den Schülern den Weg zu verkürzen?

 Die Haltestelle an der Kapelle, unten in der Ortsmitte.

Die Haltestelle an der Kapelle, unten in der Ortsmitte.

Foto: Fritz-Peter Linden

Denn tatsächlich: Eine Zeit lang ließ Werner André seinen Fahrer dort oben anhalten. „Wir haben das kulanterweise gemacht und die Kinder da mitgenommen“, sagt er, „obwohl die Haltestelle nicht im Fahrplan steht.“ Dann aber erkrankte der Fahrer, der Ersatzmann wusste nichts vom zweiten Halt – und die Kinder verpassten den Bus. Prompt hatte André den Ärger. Und ließ dort, formal korrekt, nicht mehr anhalten.

Julia Zwickers Vater Johannes aber dachte sich: Wenn doch hier bei uns eine Haltestelle existiert – warum geht das nicht? „Irrsinn“, findet er. „Meine Frau und ich haben dann an die Moselbahn einen Brief geschrieben.“ Das war im Februar. Seitdem folgten etliche weitere Schreiben, Telefonate, Gespräche. Aber: Der Bus fährt durch. „Ich will ja nicht am Gesetz herumbiegen“, sagt Zwicker. „Ich will nur, dass er nicht an dem Kind vorbeifährt.“

Was also tun? Werner André empfiehlt einen Anruf im Bitburger Büro der Moselbahn. Dort sitzt der Fahrdienstleiter. Unsere Frage: Wie kriegt man das hin, dass der Bus die Haltestelle anfährt? Das Gespräch läuft dann eher wie ein hustender Dieselmotor: Offenbar wird befürchtet, wir wollten eine Skandalgeschichte schreiben. Zitieren verboten, Namen nennen untersagt. Immerhin hören wir: Wenn die Firma André mitspiele, sei das möglich, mehr bezahlen werde man dafür aber nicht. Aber dazu solle man in der Zentrale in Bernkastel anrufen und sich da durchtelefonieren. Gut, danke, tun wir. In Bernkastel aber heißt es: Bitburg sei zuständig. Ja, aber da sagt man uns nichts. Also lautet die Empfehlung: Mail schreiben. Wird gemacht, mit der Bitte um einen Ansprechpartner.

Schneller geht’s bei Andreas Kruppert, dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arzfeld. Bis vor kurzem, sagt Kruppert, sei ihm der Fall gar nicht bekannt gewesen. Aber es stimme, bis zur Haltestelle in der Dorfmitte habe Zwickers Tochter „wirklich weit zu gehen“. Und im Prinzip sei das Quatsch, weil: „Der Bus fährt ja da vorbei.“ Er werde der Sache nachgehen. „Und dann sehen wir, wie wir da weiterhelfen können.“

Zurück zu Werner André. Würde er den Stopp einlegen, auch ohne mehr Geld dafür zu verlangen? „Ja. Wenn die Moselbahn sagt, wir sollen da anhalten, dann halten wir da an.“ Mehrkosten? André überlegt zweieinhalb Sekunden. Seine Antwort: „Keine. Wir hätten es nur gerne rechtlich abgesichert.“

Tags darauf kommt dann ein Anruf von der Moselbahn. Am Telefon: Geschäftsführer Rolf Tödtmann. Haltestelle einrichten, zweiten Stopp einplanen? „Mal eben so geht das nicht“, sagt er. Das bedeute schon Arbeit. Immerhin befördere man am Tag 20 000 Schüler, die Fahrpläne seien genau getaktet, ein Stopp koste im Schnitt zwei Minuten, das bringe alles Arbeit und Aufwand. Ginge man auf jeden Einzelwunsch ein, wäre man am Ende kein Bus- sondern eher ein Taxiunternehmen.

Und unter Umständen, sagt Tödtmann, „können wir dann den ganzen Fahrplan ändern“. Zudem müsse eine Genehmigung vom Landesbetrieb Mobilität her. „Dann muss das seinen offiziellen Weg gehen.“

Uff. So schwer, so umständlich? Aber dann ruft Rolf Tödtmann noch einmal an: „Wir haben das mal geprüft“, sagt er. Und nein, der Fahrplan, so man den zweiten Halt einbaue, „fliegt uns nicht auseinander“. Und André habe zugesagt, das einzurichten, ohne mehr Geld zu verlangen.

Zwar gehöre die Haltestelle „einem anderen Konzessionsnehmer“ (den Rhein-Mosel Verkehrsbetrieben). Aber das solle keine Hürde sein. Tödtmann: „Das bringen wir jetzt auf den Weg. Aber erst dann, wenn die offizielle Genehmigung vorliegt.“

Wer aber erteilt die? Der Kreis: nicht zuständig. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Gerolstein? Der hat zu prüfen, ob es ein Problem mit der Verkehrssicherheit geben könnte. Anruf in der Behörde: „Ich kann mir nicht vorstellen dass da irgendwas dagegen spricht“, sagt Bruno von Landenberg.

Die Anordnung müsste nun aber, weil innerorts zuständig, von der Verbandsgemeinde kommen. Das aber, sagt Andreas Kruppert, sei überhaupt nicht nötig: Die Haltestelle sei ja bereits eingerichtet und genehmigt. „Die wird ja schon von anderen Unternehmen angefahren“, sagt er. „Das ist also völlig problemlos.“ Wir bleiben gespannt, ob das nun auch wirklich alle so sehen.

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