Attraktiv sein für Junge und Alte

Bitburg/Prüm · Höhere Lebenserwartung, geringe Geburtenrate, Landflucht: Diese Worte ziehen sich durch die dritte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm werden laut Statistik bis 2060 rund 18 Prozent weniger Menschen leben. Der TV hat nachgehört, wie der Kreis mit den Entwicklungen umgeht.

 Künftig werden weniger kleine Socken an den Wäscheleinen hängen – die Geburtenrate sinkt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Künftig werden weniger kleine Socken an den Wäscheleinen hängen – die Geburtenrate sinkt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bitburg/Prüm. Seit 2005 ziehen immer mehr Menschen in die Städte. Die Landkreise müssen dagegen Verluste hinnehmen. Nicht anders sieht es im Eifelkreis Bitburg-Prüm aus. Gibt es im Jahr 2015 noch 98 600 Einwohner, sinkt die Zahl bis 2060 auf 80 500. Weniger Bewohner im Kreis, das hat Folgen, weiß Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm: "Da die Einrichtungen wie Busse, Wasserversorgung oder Müllbeseitigung bei gleichen Grundkosten für weniger Menschen vorzuhalten sind, werden die Gebühren und Steuern steigen müssen, um das heutige Niveau zu halten."
Auf Dauer weniger Kinder



Die wesentliche Ursache für den Bevölkerungsrückgang: weniger Babys. Zwischen 2010 und 2030 werden auf Landesebene im Schnitt pro Jahr 4,1 Menschen je 1000 Einwohner weniger geboren als sterben. "Der Kreis hat deshalb Zukunftsplanungen entwickelt, um Bedarfe zu ermitteln oder anzupassen. Beispielsweise für Schulen das Schulentwicklungsprogramm, das bewusst Standorte auch in Fläche für weiterführende Schulen vorsieht", sagt Streit. Der Jugendquotient - damit ist die Zahl der unter 20-Jährigen im Verhältnis zu den Personen im erwerbsfähigen Alter gemeint - ist im Eifelkreis Bitburg-Prüm zwischen 2000 und 2010 um 6,3 Personen je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter gesunken. Das ist laut statistischem Landesamt neben dem Vulkaneifelkreis der am stärksten gesunkene Jugendquotient aller Kreise. "Wir werden auf Dauer weniger Kinder haben", sagt Michael Billen, Vorsitzender des Kreisjugendhilfeausschusses. "Trotz sinkender Kinderzahlen werden in den Kindergärten nicht sofort Gruppen geschlossen, die sonst 25 Kinder starken Gruppen werden stattdessen verkleinert." So könne der bereits hohe Qualitätsstandard der Kindergärten noch gesteigert werden. "Damit hat die demografische Entwicklung sogar einen Vorteil", meint Billen.
Dagegen ist der Altersquotient - damit ist die Zahl der 65-Jährigen und Älteren je 100 Personen im erwerbsfähigen Alter gemeint - zwischen 2000 und 2010 gestiegen und zwar um 2,5 Menschen. Im Schnitt ist die Bevölkerung in den Städten weniger stark gealtert als in den Landkreisen. Generell setzt sich die Alterung der Gesellschaft jedoch fort. Im Jahr 2050 wird jeder dritte Bewohner im Eifelkreis älter als 65 Jahre alt sein, vor zwei Jahren war es noch jeder fünfte.
Deshalb ist das Thema Demografie laut Monika Schuster, Leiterin des Sozialamts Bitburg-Prüm, die größte Herausforderung. Auf diese reagiert der Eifelkreis jetzt mit einer sogenannten Pflegestrukturplanung. Mithilfe eines Fachbüros soll herausgefunden werden, wie die Angebote und Versorgungsstrukturen vor Ort verbessert werden können oder wie Angehörige in der Pflege unterstützt werden können. Für die Arbeit des Fachbüros hat der Kreis im Haushalt 60 000 Euro vorgesehen. Auch die Wanderung aus anderen Gebieten Deutschlands in den Eifelkreis ist geringer geworden. Der Überschuss aus diesen Wanderungen beträgt im Schnitt jährlich 1,1 Menschen je 1000 Einwohner. Dem steht ein Geburtenminus von 4,8 Personen je 1000 Einwohner gegenüber.
Die Herausforderung für den Eifelkreis wird also künftig sein, die Region für alle Generationen gleichermaßen attraktiv zu gestalten, vor allem jedoch, junge Menschen zu halten oder in die Region zu locken. Attraktiv sei der Kreis, sagt Streit: "Die Arbeitsmarktlage ist hervorragend, wir haben sogar das Problem des Facharbeitermangels." Zukunftsweisend sei auch der Bereich Internet-Breitbandversorgung, dort starte der Kreis in diesem Jahr mit zwei großen Projekten und bewerbe sich mit zwei weiteren im nächsten Jahr. Billen meint: "Wir haben hier klare Vorteile: Das Gehalt und die Lebensqualität. Um in ländlichen Gegenden wie unserer zu leben, braucht man etwa 20 Prozent weniger Geld."
Extra

Der dritten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung liegen die Zahlen von 2006 zugrunde. Sie geht davon aus, dass Frauen zwischen 20 und 45 Jahren bis zum Jahr 2060 durchschnittlich 1,4 Kinder gebären. Bei der Ermittlung der Todesfälle wird von einem ansteigenden Durchschnittsalter bis 2060 von sieben Jahren ausgegangen. Die Ermittlung der Zu- und Abwanderung in den Kreisen basiert auf den Durchschnittswerten der Jahre 2006 bis 2010. Die Daten wurden für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt im Land separat aufgearbeitet. Nur in den Landkreisen Trier-Saarburg und Mainz-Bingen sowie in den Städten Trier, Mainz und Landau wird die Bevölkerungszahl bis 2060 weiter wachsen. itz

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