Feste Prinzenpaar für einen Tag

Bitburg · So mancher Fastnachtsbrauch ist Geschichte. Senioren kennen aber noch Traditionen, die andere längst vergessen haben. Und sie wollen auch noch feiern an den närrischen Tagen. Ein Besuch im Eifelhaus Bitburg.

 Prinzen für einen Tag: Klara Schmitz (links) und Wilhelm Kranz (rechts) regieren im Eifelhaus.

Prinzen für einen Tag: Klara Schmitz (links) und Wilhelm Kranz (rechts) regieren im Eifelhaus.

Foto: Nicole Grundhöfer-Kukfisz

Wer ist bloß dieser Pinguin? Aus den Lautsprechern wummert Fastnachtsmusik. Arm in Arm tanzen der Vogel und der Mann übers Parkett. Er hat keine Ahnung, wer sie ist, kann er die Frau im Kostüm doch nicht erkennen. Aber diese blauen Augen über dem Schnabel kommen ihm seltsam vertraut vor. Doch das ungleiche Pärchen dreht noch ein paar Runden in der Bademer Deppenfleckerhalle. Erst bei der Demaskierung sieht der Mann ihr wahres Gesicht: Der Pinguin ist in Wahrheit Klara Schmitz, seine Schwägerin.

„Das war das tollste Kostüm, das ich je hatte“, erinnert Schmitz sich und lächelt. Gekauft hatte sie es im Karnevalsladen in Köln. Das ist jetzt 60 Jahre her.

Noch immer legt die 87-Jährige Wert auf ihr Aussehen. „Ochje, wie sehen meine Haare denn aus?“, fragt sie laut und fährt sich durch die Frisur. Gerade an Fastnacht sei es natürlich wichtig, wie man aussehe, sagt die Eifelerin. Deshalb habe sie noch immer eine Verkleidung gehabt: „In Zivil gehen – das ist doch nichts.“

Gegangen ist sie oft. An Karneval war sie immer dabei – erst bei den Bodema Deppenfleckern, später beim Verein Drei-Sachs-Nang aus Neuerburg. Schmitz hat Büttenreden gehalten, Umzüge organisiert und natürlich ausgiebig gefeiert. Bis sie eine neue Hüfte bekam. Danach fiel ihr das Tanzen schwer, sagt sie heute, „also was sollte ich noch da?“ Doch die Dame grämt sich deswegen nicht: „Ich hatte meine Zeit.“

Heute verbringt Schmitz die im Eifelhaus, der größten Senioren-Einrichtung Bitburgs. Auch hier wird Fastnacht gefeiert. „Das ist für unsere Bewohner immer einer der Höhepunkte im Jahr“, sagt Pflegedienstleiterin Madeleine Müller: „Fast so wichtig wie Weihnachten.“ Deshalb gibt es diesmal auch nicht nur eine Fastnachtsparty. Es wird gleich auf drei Wohnbereichen gefeiert Das Motto haben alle gemeinsam: „Mit einem Knall ab ins All.“ Auch das Bitburger Kinderprinzenpaar wird dem Eifelhaus einen Besuch abstatten.

Aber auch für den „kleinen Rahmen“ ist vorgesorgt. Schließlich wartet die Residenz mit eigenem Adel auf. Die Prinzessin heißt Klara Schmitz. Als wir sie treffen, arbeitet sie fleißig an ihrer Büttenrede. Worum es da geht, wird nicht verraten. Und auch zu organisieren gibt es wieder einiges: Wo soll sie bloß all die Kamellen herbekommen? „Wenn ich als Prinzessin keine parat habe, beschweren sich die Leute nachher“, fürchtet sie. Puh, was für ein Fastnachtsstress. Es ist fast wie früher. „So hab ich ein wenig Abwechslung“, sagt Schmitz, schlechte Tage gebe es schließlich genug.

Ihr Prinz lebt übrigens auf derselben Station, nur ein paar Zimmer weiter. Warum Willhelm Kranz diese Ehre zuteil wird, kann sich der 72-Jährige nur so erklären: „Ich könnte eine Stunde lang Witze erzählen ohne Luft zu holen.“ Büttenreden geschrieben habe Kranz, der aus Hamm bei Biersdorf stammt, allerdings nie. So ein richtiger Fastnachtsmensch sei er ja auch eigentlich nicht, gesteht er. Das heiße aber nicht, dass ihm die Umzüge nicht gefallen hätten. Ob er dabei auch verkleidet war? „Nein, das hat mich wenig interessiert.“ Wenn das seine Prinzessin hören würde! Er kann sich aber noch erinnern, dass die Frauen im Dorf ihre Kostüme, als er jung war, noch selbst geschneidert haben. Überhaupt habe sich, was die Fastnacht angeht, einiges verändert seit er ein Junge war.

So erzählt er von einem Brauch, der inzwischen ausgestorben sein dürfte. Am Weiberdonnerstag zog er mit seinen Freunden durchs Dorf. Sie gingen von Tür zu Tür, klingelten und fragten nach Eiern, Mehl, Zucker, Butter und eben nach allem, was man zum Backen braucht. Diese ganzen Zutaten musste das letzte Ehepaar, das sich bis zur Fastnacht in Hamm getraut hatte, zu Pfannkuchen und Torten verarbeiten. Die landeten dann – versteht sich – in den Mägen von Kranz und seinen Freunden.

Und heute, hat da keiner mehr Lust auf Kuchen? „Es gibt halt keine Kinder mehr“, sagt Kranz. Und die paar, die sich für Fastnacht interessierten, fuhren lieber mit tosenden Musikanlagen durchs Dorf. Aber das sei auch in Ordnung, findet der Senior: An Fastnacht dürfe es ruhig lauter zugehen. „Närrische Tage“, sagt Kranz, „sollten auch als solche zu erkennen sein.“

Wie er sich auf seine närrischen Tage als Prinz vorbereitet? „Gar nicht“, sagt er. Die Büttenreden hätte er alle längst im Kopf. Er tippt sich gegen die Stirn. Und dann kommt das Geständnis: Es wird das erste Mal werden, dass er überhaupt zur Fastnachtsfeier im Eifelhaus geht. Früher, sagt er, sei ihm da immer zu viel los gewesen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort