Auf dem Weg zur Wunsch-Schule

Bitburg/Prüm · Eine wichtige Entscheidung steht für die 907 Grundschüler in den vierten Klassen im Eifelkreis Bitburg-Prüm nach der Zeugnisübergabe Ende Januar an: Wie soll es ab Sommer schulisch weitergehen? Um Eltern eine Entscheidungshilfe zu geben, stellt der TV in einer Serie die weiterführenden Schulen im Kreis vor.

 Welche Schullaufbahn soll ich einschlagen? Vor dieser Frage stehen zurzeit die Viertklässler und ihre Eltern. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Welche Schullaufbahn soll ich einschlagen? Vor dieser Frage stehen zurzeit die Viertklässler und ihre Eltern. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Bitburg/Prüm. Realschule plus, Gesamtschule und Gymnasium: Nach der Zeugnisübergabe am Freitag, 30. Januar, müssen sich die derzeitigen Viertklässler beziehungsweise deren Eltern entscheiden, wohin sie der weitere Schulweg führen soll. Hilfreich ist dabei die Empfehlung der Grundschulen. 907 Mädchen und Jungen besuchen zurzeit die 32 Elementarschulen im Kreisgebiet - sie werden ab Montag, 7. September, eine weiterführende Schule besuchen. Das sind fast ein Fünftel (17,6 Prozent) weniger als noch vor zehn Jahren, als es 1101 Viertklässler waren.Schul Wegweiser



Schularten: Im laufenden Schuljahr ist die Realschule plus die beliebteste Schulart der insgesamt 855 Fünftklässler. Jeder zweite, genau 54,9 Prozent, besucht eine Realschule plus. In die Gymnasien zieht es 45 Prozent. Vor zehn Jahren, im Schuljahr 2004/05, besuchten nur ein Viertel der Fünftklässler das Gymnasium und 34 Prozent eine Realschule. 41 Prozent gingen auf eine Haupt- oder Regionale Schule. Am Bitburger Schulzentrum St. Matthias besteht eine Kooperative Gesamtschule mit gymnasialem Zweig.

Realschulen plus: Die Realschule plus besteht in kooperativer oder integrativer Form. Die Schüler können in beiden Varianten nach dem neunten Schuljahr die Berufsreife und nach der zehnten Klasse den qualifizierten Sekundarabschluss I, den sogenannten Realschulabschluss, erreichen. In der fünften und sechsten Stufe lernen alle Schüler gemeinsam im Klassenverband. Ab dem siebten Schuljahr belegen die Schüler Wahlpflichtfächer wie Technik/Naturwissenschaften, Wirtschaft/Verwaltung, Hauswirtschaft/Sozialwesen und Französisch sowie weitere schuleigene Angebote.
Nach der Orientierungsstufe werden die Schüler in der Kooperativen Realschule plus leistungs- und abschlussbezogen in Klassen eingeteilt, unterteilt in Berufsreife- und Realschulzweig. Nach diesem System unterrichten die Kaiser-Lothar-Realschule plus Prüm, die Realschulen plus Bleialf und Neuerburg, die Franziskus-Grund- und Realschule plus Irrel und die Realschule plus Bitburg. Deren Außenstelle in Speicher nimmt seit 2013 keine Fünftklässler mehr auf.
In der Integrativen Realschule plus lernen die Jugendlichen nach der Orientierungsstufe weiter im Klassenverband. Sie werden entsprechend ihrer Neigungen und Leistungen in Kursen oder Lerngruppen gefördert. Diese Schulform gibt es im Eifelkreis nicht.

Kooperative Gesamtschule: Zwei Schulen unter einem Dach bildet die Sankt-Matthias-Schule in Bitburg, deren Träger das Bistum Trier ist. Dort lernen alle Schüler der Jahrgangsstufen fünf und sechs in einer Orientierungsstufe. Ab der 7. Klasse verteilen sie sich auf die beiden Schulformen: Realschule plus in kooperativer Form, die zu Berufsreife und Sekundarabschluss I führt, und Gymnasium, wo die Jugendlichen die Abiturprüfung ablegen können.
Gymnasium: Absolventen eines Gymnasiums können mit einer bestandenen Abiturprüfung die allgemeine Hochschulreife erzielen. Der Abschluss berechtigt zum Besuch einer Universität oder Hochschule. Im Kreis gibt es fünf Gymnasien: St.-Willibrord-Gymnasium Bitburg, das staatliche Eifel-Gymnasium Neuerburg, das Schüler ab der 7. Klasse aufnimmt, St.-Josef-Gymnasium Biesdorf in Trägerschaft eines gemeinnützigen Vereins, Regino-Gymnasium Prüm und Vinzenz-von-Paul-Gymnasium in Niederprüm der Ordensgemeinschaft der Vinzentiner, ein katholisches Progymnasium für die Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Für die Oberstufe wechseln die Schüler in andere weiterführende Schulen.

Orientierungsstufe: Die Orientierungsstufe erleichtert den jungen Schülern den Übergang von der Grundschule zu einer weiterführenden Schule. Dabei lernen sie in der 5. und 6. Klasse gemeinsam. Im zweiten Halbjahr der Klasse sechs entscheiden sie, ob sie ab der siebten Klasse den Berufsreife- oder den Realschulzweig der Realschule plus oder ein Gymnasium besuchen. Im Eifelkreis bilden die Realschule plus und das St.-Willibrord-Gymnasium Bitburg sowie die Kaiser-Lothar-Realschule plus und das Regino-Gymnasium Prüm gemeinsame Orientierungsstufen.
Kinder, die ab der 7. Klasse das Eifel-Gymnasium Neuerburg besuchen wollen, starten in der Orientierungsstufe der benachbarten Realschule plus.
Für die Anmeldungen zur fünften Klasse benötigen Schüler folgende Unterlagen: das Halbjahreszeugnis der vierten Klasse im Original und einer Kopie, das Empfehlungsschreiben der Grundschule, das Familienstammbuch oder die Geburtsurkunde.Extra

Michaela Brohm, Professorin für Empirische Lehr-Lern-Forschung und Didaktik an der Universität Trier. Sollen sich die Eltern an die Schulempfehlung halten? Michaela Brohm: Für die Mehrheit der Kinder trifft die Grundschulempfehlung im Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit zu, aber bei zirka einem Drittel aller Viertklässler wird wohl falsch empfohlen. Es gibt viele Kinder, die von ihren Leistungen her sowohl die Realschule als auch das Gymnasium oder die Gesamtschule besuchen könnten. Für diese Kinder eine klare Empfehlung abzugeben, ist schwierig. Leider sind die Empfehlungen der Grundschullehrer auch nicht immer objektiv: Chefarztkinder etwa haben eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit, auf das Gymnasium empfohlen zu werden als Arbeiterkinder. Und das gilt auch, wenn das Chefarztkind weniger Leistung zeigt als das Arbeiterkind. Außerdem ist der Zeitpunkt meines Erachtens viel zu früh: Wie kann man über ein neunjähriges Kind wissen, ob es mit 19 das Abitur schaffen wird? Letztendlich sollten die Eltern gewissenhaft auf der Grundlage der Empfehlungen entscheiden. Wenn sie die Lernleistung ihres Kindes gut beurteilen können und zu einem anderen Schluss kommen als die Lehrer, so sind auch andere Entscheidungen manchmal richtig. Wie erkennen Eltern, welche die beste Schule für ihr Kind ist? Brohm: Die beste Schulform ist diejenige, an der ein Kind herausgefordert wird, ohne überfordert zu sein. Herausforderungen und Impulse führen zu Entwicklungen und zu geistigem, emotionalem und sozialem Wachstum. So sollte die Schule ein Ort der Menschenentwicklung sein. Die Gesamtschule ist eine echte Alternative zu Realschule und Gymnasium, da die Schulabschlussentscheidung erst in der 9. Klasse fällt und die Kinder in der Zwischenzeit die Möglichkeit haben, Leistungsunterschiede in Kursen auszugleichen. Wovon hängt die Entscheidung der Eltern über die Schulform für ihre Kinder ab? Brohm: Wir wissen inzwischen, dass die Schulwahlentscheidung der Eltern davon abhängt, für wie wichtig sie Bildung halten, wie ihre soziale Position und ihr Familieneinkommen ist. Das wichtigste davon ist aber der Wert, den Bildung in der Familie hat. Ist Lesen, Rechnen, Schreiben, Musizieren und Besprechen wirklich wichtig in der Familie? Wenn ja, überträgt sich das auch auf das Kind. Wenn nein, raubt die Armut an Bildung die Zukunft. Soll das Kind Ihrer Ansicht nach mitentscheiden bei der Schulwahl? Brohm: Meines Erachtens kann ein Kind die Tragweite der Entscheidung für den Bildungsverlauf des eigenen Lebens noch nicht richtig einschätzen. Die Kinder sollten ihre Ansichten natürlich äußern, aber die letztendliche Verantwortung liegt bei den erwachsenen Menschen und sollte nicht an das Kind delegiert werden. mehi

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