Auf Kurs in Richtung Mitbestimmung

Prüm/Büdesheim · Mobilisierung bei Tücks: Die Beschäftigten des 82 Jahre alten Prümer Busunternehmens wollen einen Betriebsrat wählen. Dazu brauchten sie allerdings Unterstützung von außerhalb.

Auf Kurs in Richtung Mitbestimmung
Foto: Fritz-Peter Linden

Die Mitarbeiter des Prümer Busunternehmens Axel Tücks GmbH bereiten die Wahl eines Betriebsrats vor. Am Mittwochmorgen haben sie dafür am Standort Büdesheim einen Wahlvorstand bestimmt. 55 der 89 Beschäftigten nahmen an der Versammlung teil.

Das Unternehmen, vor sechs Jahren von der britischen Firma Marwyn European Transport gekauft (der TV berichtete), hat bisher einen solchen Schritt nicht gerade unterstützt, wie dem TV von mehreren Seiten bestätigt wurde.

Deshalb stellt sich den Tücks-Leuten jetzt auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zur Seite und organisiert die Wahl, die am Donnerstag, 26. Oktober, über die Bühne gehen soll.

Denn es habe, sagt Gewerkschaftssekretär Marko Bärschneider, in den Vorjahren "massive Einschüchterungsversuche gegen Beschäftigte" gegeben. Bisherige Vorstöße, einen Betriebsrat zu gründen, sagt ein Ex-Mitarbeiter, "verliefen schnell im Sand". Und von den Kollegen, die die Gründung in die Wege leiten wollten, seien einige heute nicht mehr dabei - gekündigt oder gegangen.

Nach der Marwyn-Übernahme 2011 "sollte das Prümer Traditionsunternehmen nachhaltig saniert werden", sagt Bärschneider. Das scheine zwar funktioniert zu haben. Allerdings auf dem Rücken der Beschäftigten. So seien Überstunden und ein rüder Umgangston in der Vergangenheit Alltag in der Firma gewesen.

Das Gewerbe sei insgesamt härter geworden. Und darunter "leiden die Beschäftigten oftmals massiv". Deshalb nun die Betriebsratswahl. Er sei aber zuversichtlich, dass der Arbeitgeber jetzt mitspiele "und dass das klappt."

Vom Unternehmen erwarte man "ein sachliches, konstruktives und reibungsloses Miteinander". Falls nicht, sagt Bärschneider, könne die Gewerkschaft die Betriebsratswahl "über das Arbeitsgericht einleiten lassen".

Das alles klingt nicht nach übertrieben harmonischen Verhältnissen. Dafür spricht auch, dass zunächst kein Mitarbeiter des Unternehmens seinen Namen in der Zeitung lesen wollte - sonst stehe Ärger ins Haus.

Und die Geschäftsführung? Der TV hörte bei Tücks-Prokurist Heiko Schütte nach - der allerdings sitzt in Speyer, als Geschäftsführer eines weiteren Fuhrunternehmens namens BRH Viabus. Die Firma betreibt laut Eigenauskunft Linien in und um Speyer, Ludwigshafen, Mannheim und Frankfurt.

BRH und Tücks sind mittlerweile Tochterunternehmen der britischen Metropolitan European Transport (MET) mit deutschem Sitz in Essen. Auch BRH wurde 2011 von den Briten übernommen.

Ein Telefongespräch mit Schütte kam nicht zustande - er schickte auf unsere Anfrage eine kurze E-Mail. Darin bestätigt er, dass die Bestimmung eines Wahlvorstands "für die Implementierung eines Betriebsrats geplant" sei. Und fügt hinzu: "Gemeinsam mit ver.di begleitet und unterstützt die Geschäftsleitung diesen Prozess konstruktiv." Auf eine weitere Nachfrage reagierte Schütte bisher nicht.

Dafür kommt am Mittwoch André Burmeister nach Büdesheim, der sich als Übergangs-Betriebsleiter bei Tücks vorstellt: Nein, man habe im Prinzip "nichts gegen die Installierung eines Betriebsrats", sagt er. Das könne "für alle Beteiligten nur von Vorteil sein".

In Speyer gebe es das schon lange, man arbeite da gut zusammen. "Dass man nicht immer einer Meinung ist, ist völlig klar." Zu den Vorwürfen, es habe Einschüchterungen gegeben, könne er nichts sagen: "Weil ich das einfach nicht weiß."

Viele ehemalige und aktuelle Mitarbeiter, mit denen der TV in den vergangenen Tagen sprach, machen sich Sorgen ums Unternehmen. Auch vor dem Hintergrund beunruhigender Nachrichten aus anderen Orten: Im September fiel Tücks, so berichtet der Bonner General-Anzeiger, im Rheinland negativ auf. Die Stadt Bornheim hatte den Eifelern eine Schulbuslinie fristlos gekündigt.

Der Grund: Immer wieder kam es zu Verspätungen, manchmal kreuzten die Busse gar nicht auf. Begründung des Unternehmens: "krankheitsbedingte Personalengpässe".

Am Mittwochnachmittag hört der TV noch einmal bei den Mitarbeitern nach: Die Versammlung ist gut verlaufen, der Wahlvorstand mit großer Mehrheit gewählt. Vorsitzender des dreiköpfigen Gremiums ist nun Sascha Gülden, der in der Büdesheimer Werkstatt arbeitet.

Sein Fazit: "Die Kommunikation zwischen dem Wahlvorstand und der Geschäftsführung verlief sehr konstruktiv." Er hoffe jetzt auf eine künftig gute Zusammenarbeit.
Info: Das Unternehmen und seine Geschichte

Der Betrieb wurde 1935 unter dem Namen "Eifelgruß" von den Büdesheimer Molitor-Brüdern gegründet und später von der Prümer Familie Tücks übernommen. Der letzte Geschäftsführer, Axel Tücks, hat bald nach dem Verkauf an Marwyn/MET die Firma verlassen. Die heutige Tücks GmbH hat laut Auskunft auf der MET-Website derzeit 193 Busse und betreibt Linienverkehr in der Eifel und in Nordrhein-Westfalen, etwa im Raum Köln/Bonn. Der Umsatz habe im vorigen Jahr 8,7 Millionen Euro betragen.
Kommentar

Ein bisschen Bewegung

Hoffentlich gelingt das mit einer stärkeren Mitbestimmung - und vielleicht ja sogar einem besseren Miteinander bei Tücks. In der fernen Führungsetage scheint sich zumindest ein bisschen Bewegung in Richtung der Beschäftigten abzuzeichnen. Um es mal vorsichtig auszudrücken.

Jeden Cent aus einer Firma zu quetschen, der zulasten der Beschäftigten herausgeholt werden kann, ist nicht die feine britische Art. Und nirgends gut. Erst recht nicht bei einem Betrieb, der sein Geld damit verdient, auch Schulkinder zu befördern. Die wüsste man nämlich gern in der Verantwortung gut gelaunter, weil fair behandelter Fahrer.

f.linden@volksfreund.de

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