Aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Dahlem/Mechernich · Verborgene Schätze: Viele Bodendenkmäler in der Nordeifel sind kaum bekannt. Das soll sich jetzt ändern. Mit dem Projekt Archaeo-Region erschließt der Landschaftsverband Rheinland 30 Denkmäler touristisch.

Dahlem/Mechernich. Tief verborgen liegt mitten im Dahlemer Wald das Teilstück einer der ältesten und wichtigsten überregionalen Straßen der Römer - die Agrippa-Straße. Nur wenige Kilometer entfernt versteckt sich eine kleine, mit Bäumen bewachsene Insel in einem kreisrunden Wassergraben. Sie beherbergte früher eine mittelalterliche Burg, die Motte, die man zum Schutz des Zehnbachhauses bei Schmidtheim errichtet hatte. Nicht immer ist die kulturgeschichtliche Bedeutung des Ortes auf den ersten Blick zu erkennen. So führt nur die Kellertreppe eines Wohnhauses zum geschichts-trächtigen Sanitätsbunker in Simonskall. Und erst ein suchender Blick auf die Mauern der Frohngauer Kirche offenbart die 390 Millionen alten Fossilien der Kalksteinblöcke. Unbekannte Sehenswürdigkeiten

Die nördliche Eifel ist außerordentlich reich an archäologischen Denkmälern - nur sind die Sehenswürdigkeiten nicht immer bekannt. Das soll sich ändern, denn mit dem Pilotprojekt Archaeo-Region Nordeifel will der Landschaftsverband Rheinland (LVR) das archäologische Erbe der Öffentlichkeit näher bringen. "Es ist uns gelungen, einige außerordentlich wertvolle Bodendenkmäler aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken", freut sich Professor Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Die Nordeifel verfüge über archäologische Objekte, die weit über die Region hinaus von Interesse sind. 30 Bodendenkmäler (siehe Extra) haben die Verantwortlichen für die Archaeo-Region Nordeifel ausgesucht. Dabei sind Bodendenkmäler unterschiedlicher Zeitspannen zu entdecken: "Der Bogen wird weit gespannt", sagt Kunow. 400 Millionen Jahre alte Fossilien und Fundplätze der Steinzeit sind ebenso dabei wie Überreste des Westwalls aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Nicht alle dieser Bodendenkmäler sind gänzlich unbekannt. Manche davon gehörten sogar zum kulturellen Pflichtprogramm, wie der Mechernicher Bürgermeister Hans-Peter Schick zur Kakushöhle in Dreimühlen verrät: "Keiner, der in Mechernich zur Schule gegangen ist, hat nicht diese Höhle besucht."Neue Hinweistafeln

Die Maßnahmen zur Umsetzung des Projektes waren vielfältig. 22 Bodendenkmäler der neuen Archaeo-Region Nordeifel erhielten neue Hinweistafeln, weitere zusammen mit dem Projekt Römerkanal-Wanderweg. Ausgeschildert wurden auch Wanderwege an der Burgwüstung Altenberg in Reifferscheid, zu den Bunkern Im Buhlert und zu den Panzersperren in Simmerath. Einige Denkmäler mussten saniert werden, so die eindrucksvolle Rekonstruktion der ehemals zehn Meter hohen und 80 Meter langen römischen Aquäduktbrücke in Vussem.Den Vorteil des Projekts sieht Kunow in der Bündelung der Sehenswürdigkeiten. "Wir wollen in einer Region denken", sagt er, "Der Landschaftsverband hat bei den Kommunen eine große Bereitschaft zur Zusammenarbeit vorgefunden." Zwölf Kommunen der Region beteiligen sich an dem Pilotprojekt: Bad Münstereifel, Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Hürtgenwald, Kall, Mechernich, Nettersheim, Monschau, Roetgen, Schleiden und Simmerath. Gemeinsam wollen sie die bekannten und unbekannten Denkmäler in Zukunft verstärkt touristisch vermarkten. Dafür wurden die archäologischen Sehenswürdigkeiten in der Broschüre "Archaeo-Region Nordeifel - 30 archäologische Entdeckertipps" zusammengefasst. Diese soll ab sofort in Rathäusern, Tourismusbüros, Museen und Hotels der Region ausliegen. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 100 000 Euro. Die Hälfte des Gesamtbetrages wurde vom Leader-Programm der Europäischen Union zur Entwicklung des ländlichen Raums übernommen. Die andere Hälfte tragen die Kommunen.3000 Gäste auf Tour

So ein Projekt lässt sich natürlich nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. Die Anfänge der Archaeo-Region Nordeifel liegen schon ein paar Jahre zurück. Bereits 2007 war das erste gemeinsame Treffen der Beteiligten an der Kakushöhle. "Mit diesem ersten Treffen haben wir die Archäologietour Nordeifel gestartet." Die Resonanz auf diese jährliche Veranstaltung sei "überwältigend". Mit inzwischen über 3000 Gästen ist diese Tour am ersten Sonntag im Oktober fest etabliert. Der Leiter des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege ist von dem Erfolg des Projekts überzeugt: Auch die tolle Resonanz auf den Römerkanal-Wanderweg beweise bereits eindrucksvoll, dass auch archäologische Sehenswürdigkeiten sehr wohl touristische Magnete sein können. Extra

Zu den 30 Denkmälern der Archaeo-Region Nordeifel zählen die Eisenhütte und der Sanitätsbunker in Simonskall, die Panzersperre bei Roetgen, der Bunker und die Panzersperre bei Simmerath sowie der Rahmenberg in Monschau. Im Kreis Euskirchen befinden sich die Dorfwüstung Wollseifen, die Wasserburg Dreiborn, die Eisenhütte Oberhausen, die Burgwüstung Altenberg bei Wollenberg, die Burg und befestigte Burgsiedlung Reifferscheid, der römische Steinbruch Kall, der Durchlass des Römerkanals bei Dalbenden, der Marmorsteinbruch Urft, die Katzensteine bei Katzvey, der Römerkanal bei Breitenbenden, die Aquäduktbrücke in Vussem, das Sammelbecken in Eiserfey, die Brunnenstube Klausbrunnen bei Kallmuth, die Aquäduktbrücke in Vollem, die Kartsteinfelsen mit Kakushöhle bei Dreimühlen, die Römische Kalkbrennerei Ivers-heim und das Matronenheiligtum Heidentempel bei Nöthen. Außerdem gehören dazu die Brunnenstube Grüner Pütz bei Nettersheim, der Eifelmarmor von St. Margareta Frohngau, der römische Vicus Nettersheim und das Matronenheiligtum Görresburg, der Tiergartentunnel und die Römervilla Blankenheim, die Motte Zehnbachhaus bei Schmidtheim sowie die Agrippa-Straße bei Dahlem. kir bodendenkmalpflege.lvr.deExtra

Als Bodendenkmäler werden nicht nur Funde menschlichen, sondern auch tierischen und pflanzlichen Ursprungs bezeichnet. Das Denkmalschutzgesetz unterscheidet zwischen ortsfesten und beweglichen Bodendenkmälern. Entgegen der verbreiteten Meinung ist es nicht immer oberstes Ziel der Archäologen, vorhandene Bodendenkmäler auszugraben, sondern eher, sie zu schützen. In der Öffentlichkeit werden meist die Funde in Form von Ausgrabungen beachtet. Wissenschaftlich bedeutsam sind aber auch die sogenannten Befunde - die Untersuchung der Umgebung des Fundortes. kir

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