Aus Leidenschaft fürs Knorrige im Eifelidyll

Scharfbillig · Ein altes Bauernhaus in Scharfbillig ist vor 20 Jahren das Zuhause von Barbara und Richard Hüttel geworden. Für die Eifelheimat kehrte der Kunsthistoriker vor wenigen Wochen Leipzig den Rücken, wo er seit 2003 Leiter der Sammlung des Museums der Bildenden Künste war.

Scharfbillig. Barbara Mikuda-Hüttel zupft in ihrem Garten frische Pfefferminzblätter für einen Tee. Dann öffnet sie in der Stube ein Fenster, damit die sommerliche Außentemperatur das kühle Zimmer aufwärmt. Für den Besuch. Sie selber ist es gewohnt, sich in dem Bauernhaus von 1733 mit den dicken Sandsteinwänden einfach wärmer anzuziehen.
An der Wand der Stube zur Wohnküche zeugt noch eine Takenanlage davon, wie der Raum ursprünglich beheizt wurde. Die Takenplatte gab die Wärme ab, die sie vom offenen Feuer in der rückseitig gelegenen Küche auffing. Aus dem großen Rauchfang über der Feuerstelle bröckelt heute manchmal noch der schwarze Ruß aus zurückliegenden Jahrhunderten. Hüttels lieben diese Spuren vergangenen Lebens, die sie bewahren wollen. "So ein Haus erzählt uns Geschichten", sagen sie. Der geflickte Dielenboden spricht vom Geldmangel in den 1920er Jahren, die Maria-Lichtmess-Kreuzchen über der Tür sind Spuren der Religiosität.
Barbara und Richard Hüttel, die seit 1990 das Bauernhaus restauriert haben, sind beide promovierte Kunsthistoriker, die sich als "Anwälte der gefährdeten alten Kultur" verstehen. Es geht ihnen dabei nicht nur um Gebäude, sondern auch um die Bewahrung der Landschaft. Vor allem Barbara Hüttel beschäftigt sich intensiv mit Gartenarchitektur. Sie ist Autorin des Buches "Gärten in der Region" und leitet Exkursionen, bei denen sie Gruppen die grünen Oasen der Großregion zeigt. Ihr nächstes Großprojekt wird sein, die Terrassengärten von Schloss Malberg wiederherzustellen.
Sie teilt die große Leidenschaft für Schloss Malberg mit ihrem Mann. Er war es, der 1996 den Förderverein gegründet und mitgeholfen hat, dass das verfallende Baudenkmal als national bedeutsam anerkannt und restauriert wurde.
Richard Hüttel ist erst seit einigen Wochen wieder zurück in der Eifel. Seit 2003 war er stellvertretender Direktor des Museums der Bildenden Künste in Leipzig. Seine Frau und seinen Sohn hat das Heimweh schon früher wieder zurück in die Eifel gezogen. Sie doziert an der Fachhochschule Kunstgeschichte und Gartendenkmalpflege, war im rheinland-pfälzischen Landesbeirat für Denkmalpflege, leitet die regionale Kontaktstelle der deutschlandweiten Interessengemeinschaft Bauernhaus und ist Dorferneuerungsbeauftragte von Scharfbillig. Gleichmacherei lehnen beide Kunsthistoriker ab. Gerade deshalb hat es ihnen die Eifel angetan: "Uns liegt das Knorrige, die unverwechselbare Urtümlichkeit der Eifeler Häuser", erklären die Kunsthistoriker aus Unterfranken ihre Sympathie für die Wahlheimat, in die sie 1985 eine Anstellung an der Uni Trier geführt hat.
Dachbalken werden Fußleisten


In ihrem Haus ist vieles nur ausgebessert worden, statt komplett erneuert zu werden. Dahinter steckt Absicht. "Man kann dem Haus ruhig seine Geschichte ansehen", findet Barbara Hüttel. Baumaterial, das in seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr dienen kann, versuchen Hüttels an anderer Stelle dem Haus zurückzugeben. So werden aus Dachbalken Fußleisten oder Bodendielen.
Bei der Eichentreppe von 1733, die in die erste Etage führt, riet der Schreiner dazu, sie aus Sicherheitsgründen zu entfernen. Hüttels lehnten ab, stattdessen drehten sie allzu ausgetretene Stufen einfach um. Beim maroden Dachstuhl legte sogar das Landesdenkmalamt nahe, ihn zu ersetzen. Hüttels retteten ihn mit einem Spezialverfahren durch Heißluft.
Bei der Decke des Stalles war dagegen nichts mehr zu machen. Eines Tages hörte Barbara Hüttel einen lauten Knall und als sie aus dem Fenster sah, quoll eine Staubwolke aus dem Stallfenster. Die Decke war eingestürzt. So einem Haus gehen die Geschichten eben nie aus.

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