Interview mit Michael Horper Bauernpräsident über Nitratmessstellennetz: „Das ist eine riesengroße Ungerechtigkeit“

Üttfeld · Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, kritisiert im TV-Gespräch das aus seiner Sicht zu dünne Nitratmessstellennetz des Landes Rheinland-Pfalz.

 Ist besorgt über die anstehende Düngeverordnung: Bauernpräsident Michael Horper aus Üttfeld.

Ist besorgt über die anstehende Düngeverordnung: Bauernpräsident Michael Horper aus Üttfeld.

Foto: Christian Kremer

Herr Horper, Anfang 2021 soll die neue Düngeverordnung inkraft treten. Wie ist die Stimmung unter den Eifeler Landwirten, die ja, Stand jetzt, fast alle mit Einschränkungen rechnen müssen?

Michael Horper: Die Stimmung ist schlecht. Die Gesellschaft erwartet von uns Landwirten mal wieder große Veränderungen, und die Politik will uns teilweise falsche, Auflagen aufbürden. Die neue Verordnung wird viele unserer Bauern zusätzlich kostenmäßig belasten und in der Existenz bedrohen. Wir werden weitere Betriebe verlieren. Insofern ist die Verordnung weiterhin ein großes Thema.

Der Bauernverband kritisiert die Düngeverordnung, seit erste Pläne bekannt wurden. Wollen die Landwirte denn nichts gegen die Nitratbelastung im Grundwasser unternehmen?

Horper: Das Leben auf der Erde und die Erzeugung von Nahrungsmitteln geht nicht  ohne Umweltbelastungen einher. Dass auch durch Düngung Nitrat ins Grundwasser kommen kann, bestreitet ja auch keiner. Aber auch die Einträge aus Kläranlagen, der Industrie und aus Deponien sind zu beachten. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und arbeiten ständig an Verbesserungen. Ich habe ja selbst fünf Enkel und will denen eine saubere Natur und sauberes Wasser hinterlassen.

Da, wo die Wasserqualität nicht gut ist, und dies nachweilich durch die Landwirtschaft verursacht wurde, muss man eingreifen. Wenn schwarze Schafe bei der Düngung übers Ziel hinausschießen, gilt es zu handeln.

Sie wehren sich aber dagegen, dass man die ganze Herde bestraft?

Horper: Genau. Statt nach Hotspots zu suchen, macht das Land den Großteil des Eifelkreises einfach zum Nitrat-Risikogebiet. Und nimmt so die Mehrheit der Betriebe in Sippenhaft. Das ist eine riesengroße Ungerechtigkeit.

Was schlagen Sie stattdessen vor, um Landwirte nicht so stark zu belasten und gleichzeitig das Nitratproblem in den Griff zu bekommen?

Horper: Das Netz der Nitrat-Messstellen muss ausgeweitet und verdichtet werden, um die Problemstellen genau zu ermitteln. Natürlich wird man nicht in jedem Dorf einen Brunnen bohren und untersuchen können. Und wir werden am Ende rote Gebiete bekommen, die nicht ganz gerecht sein können. Aber es kann doch nicht sein, dass die Daten von gerade einmal vier Brunnen für eine Fläche von mehr als 1600 Quadratkilometern ausschlaggebend sein sollen.

Wir fordern eine Binnendifferenzierung innerhalb der Roten Gebiete, die ihren Namen verdient. Augenblicklich soll sie verbandsgemeindegenau sein. Das ist viel zu grob. Sie muss betriebsgenau sein und anschließend müssen wir alles daran setzen, alle Roten Gebiete auf Grün „umzuschalten“.

Haben Sie denn Grund zu der Annahme, dass Untersuchungen weiterer Brunnen zu anderen Ergebnissen führen würden?

Horper:Viele Bauern in der Eifel haben noch eigene Brunnen und das Wasser wird immer wieder in Laboren getestet. Und keine von diesen Proben wies auch nur annähernd so hohe Nitratkonzentrationen aus wie diejenigen der offiziellen Messstellen.

Selbst auf dem Geoportal des Landes finden sich eine Reihe von sauberen Quellen im Eifelkreis, die zwar regelmäßig beprobt werden. Aber für die Einstufung als rotes Gebiet offenbar gar keine Relevanz zu haben scheinen.

Würde man die alle schonmal berücksichtigen, wären wir einen Schritt weiter. Und würden sicher nicht bei diesen riesigen roten Wasserkörpern landen. Wir fordern zudem, dass ordnungsgemäß arbeitende Betriebe von den Einschränkungen, auch in vermeintlich belasteten Gegenden, befreit werden können.

Die Kritik am Messstellennetz hat immerhin zur Einrichtung eines Online-Meldeportals geführt. Hier können Bürger Beschwerde einlegen. Führt uns das weiter?

Horper: Aus meiner Sicht nicht. Woher sollen die Landwirte denn wissen, ob eine Messstelle verunreinigt ist, woher die Einträge kommen oder wie sich die Geologie auf eine Anlage auswirken? Das sind doch alles Fachfragen, die das Land zu klären hat und nicht wir. Das Meldeportal wurde eingerichtet, damit man den Protest wegbügeln kann. Aber hier steht das Land in der Verantwortung und nicht der Bürger oder Landwirt.

Was plant der Bauernverband stattdessen, um einer aus Ihrer Sicht faireren Düngeverordnung näherzukommen?

Horper: Wir diskutieren seit Jahren mit dem Land, haben etliche Briefe nach Mainz geschrieben. Und inzwischen hat das Land ja eine größere Differenzierung angekündigt.

Die sogenannten Abrundungsgebiete ohne grenzwertüberschreitende Nitratwerte werden aufgrund unseres permanenten Drucks nun offensichtlich aus der Roten Gebietskulisse herausgenommen. Wir müssen jetzt abwarten, was rauskommt.

Sollte sich an den Roten Gebieten nichts ändern, bleibt natürlich nur der Klageweg. Wir erwarten von der Landesregierung, dass fachliche Argumente mehr Beachtung finden als politisches Geschrei und Koalitionskompromisse.

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