Bedingt fusionsbereit

Prüm · Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll hat vorige Woche beschlossen, Fusionsgespräche mit Prüm aufzunehmen. Der TV hat bei Ortsbürgermeistern im Prümer Land nachgehört, wie sie dazu stehen.

 Während der Kommunalreform wurden viele Verbandsgemeinden fusioniert, wogegen einige klagten.

Während der Kommunalreform wurden viele Verbandsgemeinden fusioniert, wogegen einige klagten.

Foto: Grafik: iStock

Prüm. Nun also doch: Noch im vorigen Jahr bremste die Landesregierung die Fusionsgespräche zwischen den Verbandsgemeinden Prüm und Obere Kyll aus; nachdem die Verhandlungen mit Gerolstein und Hillesheim, beide im Kreis Vulkaneifel, jedoch scheiterten (der TV berichtete), will man sich nun wieder an einen Tisch setzen.
Kommunal Reform


Der TV hat in den Ortsgemeinden des Prümer Lands nachgefragt: Wie steht man dort zu einem Zusammenschluss mit der hoch verschuldeten Oberen Kyll?

"Ich denke, die Entscheidung liegt in Mainz", sagt Werner Bartz, Ortsbürgermeister von Neuendorf, dem Nachbarort von Reuth (Obere Kyll). Er erinnert daran, dass die Orte Hallschlag, Scheid, Ormont, Reuth, Kerschenbach, Stadtkyll und weitere Ortsgemeinden bei der Kommunalreform vor 42 Jahren "über die Köpfe der Leute" hinweg dem damaligen Kreis Daun zugeschlagen worden seien. Dass es nun eine Bewegung zurück nach Prüm gebe, kann er verstehen. "Und von der Struktur her würden sie zu uns passen." Allerdings sieht er nicht zuletzt die finanziellen Probleme: "Das werden schwierige Verhandlungen."

Die sechs oben genannten Dörfer, daran erinnert auch Habscheids Ortsbürgermeisterin Petra Diederichs, hätten früher zu Prüm gehört. Verständlich, "dass sie wieder hier rüber wollen", sagt sie. Allerdings sei sie auch "ein bisschen skeptisch" angesichts der Schulden der VG Obere Kyll. Sollten die Ortsgemeinden diese Schulden über eine zunächst höhere VG-Umlage abtragen, dann wäre sie nicht gegen eine Fusion. "Aber sie von vorn herein mit ,Hallo\' begrüßen würde ich auch nicht."

Die bereits vorliegenden Bürgerentscheide für Prüm in sechs Gemeinden der Oberen Kyll nennt Matthias Antony, Ortschef von Schönecken, ein "Votum von unten" - und "eine eindeutige Legitimation und Handlungsvorgabe für unsere Politiker, die vielbemühte Bürgernähe und Bürgerbeteiligung auch vorzuleben. Bedingung muss aber immer sein, dass auch der vorhandenen Mehrheit der Gemeinden in der jetzigen VG Prüm keine Nachteile durch einen etwaigen Zusammenschluss entstehen." Und das gelte auch bei einem Zusammenschluss mit der gesamten VG Obere Kyll.

Ein ganz klarer Befürworter dieser Fusionsvariante ist Peter Meyer, Gemeindechef in Weins-heim: "Ich sehe die Sache sehr positiv", sagt Meyer, der bereits im Vorjahr bei den Gesprächen dabei war. Zumal sich in sechs Ortsgemeinden schon die Bürger mit klarer Mehrheit dafür ausgesprochen hätten. Dass man dort bereit sei, eine um 15 Prozentpunkte höhere VG-Umlage zu zahlen als bisher in Prüm (47,5 gegenüber 32 Prozent), hält er für eine gute Sache, auch wenn er glaubt, dass eine Fusion die VG Prüm dennoch etwas kosten werde. Und sei es nur, weil man Stadtkyll als touristisches Zentrum unterstützen und das dortige Schwimmbad erhalten müsse. Allerdings sei zuerst Mainz am Zug: "Das Land muss Farbe bekennen. Dann werden wir auf jeden Fall eine Lösung finden, mit der jeder auch leben kann."

"Die finanzielle Frage sehe ich nicht als tragisch an", sagt Peter Eichten, Ortschef in Auw, der eine erhöhte Umlage für die 14 Dörfer der Oberen Kyll für eine vernünftige Lösung hält. "Damit können sie ihre Schuld locker abtragen und wären für die Zukunft besser gerüstet - auch für Unternehmen, wenn die sich dort ansiedeln wollen." Eine Fusion sei seiner Meinung nach "zu begrüßen. Ich würde mich freuen, das muss ich ganz ehrlich sagen. Das kann für alle nur positiv sein." Überhaupt nicht positiv beurteilt er allerdings die Strategie des Landes bei der Kommunalreform: "Der Fehler liegt darin, dass man nicht auf der richtigen Ebene angefangen hat." Und das wären die Kreise gewesen.

"Generell kann ich mir das ganz gut vorstellen", sagt Mathilde Weinandy, Stadtbürgermeisterin von Prüm. "Meine Meinung ist aber, dass man das nicht ohne das Votum der Ortsgemeinden machen kann." Auch sie kritisiert, dass die Landkreise bei der aktuellen Reform nicht angetastet werden sollen: "Man hätte das alles zusammen machen müssen."

"Ich bin schon dafür", sagt Monika Winkelmann, Ortsbürgermeisterin von Pronsfeld. "Aber nicht ohne Wenn und Aber." Vorher müsse das Finanzielle geregelt werden. Eine Fusion dürfe nicht zum Schaden der Ortsgemeinden im Prümer Land über die Bühne gehen. Andererseits zeigt sie sich angetan vom Interesse einiger Gemeindevertreter von der Oberen Kyll, die bisher zu den Ratssitzungen der VG Prüm gekommen seien. "Das finde ich bewundernswert."

"Wenn sie früher mit dabei waren, warum soll man sie nicht wieder ins Boot holen?", sagt Bleialfs Ortsbürgermeisterin Edith Baur. "Wenn auch sonst der Bürgerwille nicht immer entscheidend ist: Hier haben wir eine Grundlage", sagt sie im Hinblick auf die vorliegenden Bürgerentscheide. Also solle man die Gemeinden wieder aufnehmen - "und fertig".

Fotos: Privat (3), Stefanie Glandien (3), Fritz-Peter Linden (1), Josef Schmitz (1)
Extra

Ein Türchen steht noch offen - zumindest offiziell, wie David Freichel, Pressesprecher des Landes-Innenministeriums, auf TV-Anfrage mitteilt: "Das Landesgesetz über die Grundsätze einer Kommunal- und Verwaltungsreform ... schließt im Rahmen einer Gesamtlösung für eine Gebietsänderung der Verbandsgemeinde Obere Kyll einen Wechsel von sechs ihrer Ortsgemeinden in die Verbandsgemeinde Prüm nicht generell aus." Außerdem "können in Ausnahmefällen Zusammenschlüsse von Verbandsgemeinden mit einhergehender Änderung einer Landkreisgrenze und eine Aufteilung der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde in mehrere andere Verbandsgemeinden vorgenommen werden." Eine freiwillige Gebietsänderung, heißt es in dem Schreiben, würde man "nach wie vor sehr begrüßen". Grundlage seien zustimmende Beschlüsse der Räte in allen beteiligten Verbandsgemeinden. Außerdem seien die Kreise zum Thema anzuhören, ein weiterer Aspekt bei der Abwägung sei die Bürgerbeteiligung. fpl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort