Befragung ohne Ratsmandat

Gönnersdorf · Der Rat der Ortsgemeinde Gönnersdorf hat im Mai für eine Fusion der Verbandsgemeinde Obere Kyll mit Prüm gestimmt. Einige Bürger wollen jedoch nun mit einer privaten Befragung im Ort das Thema neu auf den Tisch bringen.

Sie sitzen gemeinsam für die CDU im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll, sie sind beide im Rat der Ortsgemeinde Gönnersdorf: Walter Schmidt, soeben wiedergewählter Gemeindechef, und Josef Vietoris, der auch ein Kreistagsmandat hat.
Aber im Moment sind sie einander nicht so ganz grün: "Frechheit", entfährt es Walter Schmidt angesichts dessen, was Vietoris und Mitinitiator Werner Stabel "als Ratsmitglieder da veranstalten" (außerdem sind dabei: die Bürger Hans Josef Heinzen und Klaus Cölln): nämlich eine Bürgerbefragung auf privater Basis. Sie wollen von den Gönnersdorfern wissen, ob sie "unter Voraussetzung akzeptabler Konditionen für die Ortsgemeinde einer Eingliederung in die VG Gerolstein oder in die VG Prüm" zustimmen.
Zitat aus einem Begleitschreiben, das ebenfalls im Ort verteilt wurde: Man sei der Überzeugung, dass ein Ratsbeschluss bezüglich einer Fusion "nur auf Basis der Meinung aller Gönnersdorfer" gefasst werden könne. Deshalb wolle man dem Rat eine "Entscheidungshilfe" geben.
"Das ist eine private Aktion", sagt Walter Schmidt. "Keine Ahnung, wie das hinterher bewertet werden soll." Er sei von Bürgern bereits darauf angesprochen worden, die zwar für eine Fusion mit Prüm seien, jetzt aber nicht wüssten, wie sie sich verhalten sollen: abstimmen und die Aktion damit unterstützen oder "die Zettel in die Tonne kloppen. Und das Schlimme ist, dass hier Ratsmitglieder einen Beschluss des Rates in dieser Form untergraben." Der sei nun einmal gefasst, und zwar schon Anfang Mai - "wie in zehn weiteren Orten." Da brauche man keine Entscheidungshilfe mehr.
Erschwerend kommt für Schmidt hinzu, dass in einem weiteren Papier, das die vier Unterzeichner zur Kommunalwahl hatten verteilen lassen, falsche Behauptungen aufgestellt würden - unter anderem zur Höhe der Kreisumlage, die den Bürgern ins Haus stünde (obwohl die Obere Kyll bei einer Fusion mit Prüm bekanntlich den Kreis Vulkaneifel nicht verlassen würde). Auch die Aussage in diesem Papier, die Fusion mit Prüm werde übereilt angegangen und vom VG-Rat "einfach so" durchgewinkt, zieht für Schmidt nicht. Er verweist auf die früheren und erfolglosen Verhandlungen der Oberen Kyll mit Hillesheim und Gerolstein: "Da haben wir uns zweieinhalb Jahre lang die Stunden um die Ohren gekloppt. Und vor allem: Die wollten uns nicht."
Pikant sei auch der Umstand, dass Vietoris bei der Abstimmung im VG-Rat über Verhandlungen mit Prüm nicht dagegen votierte - und nun in die andere Richtung marschiere.
Josef Vietoris hält dagegen: Für Verhandlungen könne man doch auf jeden Fall stimmen. Das Eckpunktepapier zur Fusion mit Prüm habe er allerdings nicht mehr mit abgesegnet - und er habe bereits früher im Ortsgemeinderat für eine Bürgerbefragung plädiert: "Was anderen Gemeinden zusteht, muss auch für uns gelten."
Kreistagsmitglied Vietoris bekennt auch, dass er einen Wechsel in die VG Gerolstein für den besseren Weg halte: "Auf jeden Fall. Die Bedingungen sind optimal." Gerolsteins VG-Chef Matthias Pauly habe zudem gesagt, dass er "bis zu 50 Prozent" der Schulden aus den Gemeinden der Oberen Kyll übernehmen werde, sagt Vietoris, der eine kreisübergreifende Fusion für "Murks" hält. Das Ergebnis der privaten Befragung will er akzeptieren, auch wenn es nicht in seinem Sinn ausfällt: "Wenn die Leute mehrheitlich für Prüm sind, habe ich kein Problem damit."
Für Walter Schmidt hat die Aktion dennoch keinen Sinn - außer diesem: "Der kann nur sein, Krach ins Dorf zu bringen. Und der ist jetzt da."
Mitinitiator Klaus Cölln versucht, die Wogen zu glätten: Die Befragung sei für ihn ein Akt der Basisdemokratie. "Es soll nichts weiter gemacht werden als die Leute zu befragen, was sie dazu meinen. Das kann doch für den Gemeinderat nicht schlecht sein. Es ist nur ein Votum", sagt Klaus Cölln. "Kein Mensch kann den Gemeinderat zu seinen Beschlüssen zwingen."Meinung

Mehr Flurschaden
Zwar hätte die Ortsgemeinde schon früher eine Befragung vornehmen können, um herauszufinden, wohin die Bürger von Gönnersdorf tendieren, nach Prüm oder Gerolstein. Gemeindechef Walter Schmidt und der Rat wollten jedoch den Fusionsbeschlüssen des Verbandsgemeinderats nicht vorgreifen. Allerdings hätten sie auch nicht unbedingt einen Grund dazu gehabt: Denn es blieb bisher beim Thema Kommunalreform und Fusionsabsichten recht ruhig im Dorf. Meistens ein Indiz dafür, dass die Bürger entweder mit der Richtung einverstanden sind, in die es läuft - oder dafür, dass ihnen das alles eher egal ist. Das ist es jetzt, nach der privaten Befragungs-Aktion, vermutlich nicht mehr. Offen bleibt aber auch, wie hieb- und stichfest deren Ergebnis sein kann. Es kracht also mal wieder - ein weiterer Flurschaden im Zuge der Reform, den die Bürger zahlen müssen. fp.linden@volksfreund.de

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