Beretta, Handschellen und viel trockener Humor

Spangdahlem · Ohne ihr Okay setzt niemand auch nur einen Fuß auf das Militärgelände. Ihr Humor soll der trockenste aller Militärs auf der Airbase Spangdahlem sein. Und im Ernstfall stehen die Militärpolizisten an vorderster Front. Nachdem der TV zuletzt ihre Arbeit mit der Hundestaffel vorgestellt hat, hat er nun eine Streife begleitet.

Spangdahlem. "Wir sind die, die hinrennen, wenn alle anderen weglaufen. Wir stehen zwölf Stunden bei Regen und Schnee am Tor und verteidigen die Base", so umreißt Polizist Blair Kelley die Arbeit der Militärpolizei auf der Airbase Spangdahlem. Und die beginnt für ihn als Schichtführer um vier Uhr am Morgen. Dann gibt es erst einmal die Übergabe von der Nachtschicht. "Anschließend trinke ich soviel Kaffee, wie ich kriegen kann", sagt Kelley gut gelaunt.
Die Rundtour beginnt erst um 9 Uhr am Haupttor der Airbase. Vorab müssen Formalitäten erledigt werde: Ohne schriftliche Erlaubnis kommt niemand auf das streng bewachte Militärgelände. Vor dem Besucheramt wartet schon ein amerikanisches Polizeiauto - ein Chevrolet mit Handschaltung. Keine besondere Ausstattung, sauber ist es auch nicht. Naja, es ist schließlich ein Arbeitswerkzeug. Beim Einsteigen fällt sofort eine riesige blaue Metall-Thermoskanne auf, die zwischen den Vordersitzen liegt. "Er braucht immer sein Pensum Kaffee", erklärt Kelleys Partnerin, Melanie Bryant. Sie ist Deutsche, arbeitet seit 14 Jahren bei den amerikanischen Streitkräften. Die Uniform der beiden zeigt keine Unterschiede, doch die Ausbildung ist eine andere.
Während Bryant eine Ausbildung zur Polizistin mit anschließendem zweimonatigen Intensivtraining in Verteidigung und Waffenkunde absolviert hat, ist Kelley Soldat bei den US-Streitkräften und war für die Spezialausbildung zum Militärpolizisten für dreieinhalb Monate in den USA. Eine Kontrollfahrt steht auf dem Programm. Es geht quer über die Dörfer, in denen sich die Housings befinden - Häuserblocks, in denen Amerikaner leben. Alles ruhig. Weiter geht die Fahrt über die B 50 nach Bitburg. Kurz vor der Albachmühle sagt Bryant: "Diese Kurven bilden eine gefährliche Unfallstelle. Viele Amerikaner kommen aus Texas und wissen nicht, wie man bei Schnee fahren muss."
"Welcome to Eifelwest Community" begrüßt die Bitburger Housing das Zweierteam. Viele Häuserblocks sind leer. In manchen Fenstern hängen vergilbte Gardinen. Rund 100 Amerikaner sollen hier noch leben. Den beiden begegnet nur der Militärpolizist am Tor. Das Areal wirkt wie eine Geisterstadt. Bis 2017 soll das Gebiet an den Bund zurückgegeben werden.
Bis jetzt ist alles Routine. Nein, einen Bombenanschlag hätte es seit langer Zeit nicht mehr gegeben. Das sei auch gut so, sagt Bryant. Das dramatischste Ereignis sei ein Einsatz gewesen, bei dem ein Zivilist gedroht habe, sein Kind und sich selbst zu töten. "Da mussten wir ausrücken und in die Wohnung einbrechen", sagt die blonde Polizistin, "doch alles ging glimpflich aus."
Auf dem Rückweg nach Spangdahlem fällt dem Team ein verdächtiges Fahrzeug gegenüber der Base auf. Per Funk geben sie das Kennzeichen durch. Sie steigen aus, gehen zum Fahrer und lassen sich seine Papiere zeigen. Ein wenig furchteinflößend sehen sie schon aus, in ihren olivfarbenen Tarn-Uniformen, am Gürtel ein Paar Handschellen und die Schusswaffe, eine Beretta M9. Der Autofahrer guckt verdutzt. Er mache nur eine Mittagspause. Nein, einen Fotoapparat hätte er nicht dabei. Warum? "Fotos von der Airbase zu machen ist verboten", erklärt Bryant. Ständig kämen Flugzeugfans aus Luxemburg und Holland. "Die sammeln Flugzeugleitwerknummern wie Briefmarken", sagt Kelley. Sonst seien die Fans harmlos.
Schon geht es durch das Lieferantentor zurück auf die Base. Auf dem Arnold Boulevard, der das Gelände auf sechs Kilometern umrundet, fahren sie zur Leitstelle. Dort ist gerade das Training einer Gruppe junger Militärpolizisten zu Ende gegangen. Im Raum stehen Tische wie in einem Klassenzimmer. In der Ecke steht ein seltsam lebensecht wirkender Puppenkörper, der arg mitgenommen aussieht. Kelley: "An ihm werden die erlernten Verteidigungstechniken getestet." Aber eigentlich probiere man vieles lieber am lebenden Gegenüber aus, das könne schon mal blaue Flecken geben. Ja, auch den Elektroschocker würden die Polizisten an sich testen. Schließlich müsse man ja wissen, was man seinem Gegenüber da antue.
Was für den Außenstehenden befremdlich klingt, nehmen die Militärpolizisten locker. "Wir haben einen ganz speziellen Humor. Viele Kollegen aus anderen Abteilungen halten uns für verrückt", sagt Kelley belustigt. "Wir sind die, die unsere Airbase verteidigen. Wir müssen allzeit bereit sein." Auch in Afghanistan sei er gewesen, das gehöre dazu. Jederzeit können die ausgebildeten Spezialisten in ein Kriegsgebiet abkommandiert werden. Kelleys Arbeitstag endet oft erst gegen 18 Uhr am Abend. Für die deutschen Mitarbeiter gilt eine normale Acht-Stunden-Schicht. Wie viele Polizei-Einheiten pro Schicht unterwegs sind, darf Kelley nicht preisgeben. Da sind die Sicherheitsvorschriften klar definiert.
Ein spannender Tag rund um die Militärpolizei geht zu Ende. Wieder am Haupttor angekommen, öffnet Bryant die hintere Wagentür. Selbst entsteigt dem Polizei-Chevi niemand. Irgendwie befreiend nach einem Tag auf dem Rücksitz, auf dem sonst Verbrecher sitzen.Extra

Etwa 14 000 Menschen arbeiten und leben auf dem Gelände der Airbase Spangdahlem, die eine Fläche von rund 620 Hektar hat. 840 Zivilbeschäftigte sind Deutsche. Die Militärpolizeizählt 350 Mitarbeiter. Darunter sind 31 deutsche Polizisten, davon fünf Frauen. MRA

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