Besinnliche Schauspielkunst

Wallersheim/Prüm · Die Fastenzeit ist traditionell eine Zeit der Besinnung, eine Zeit, die an das Leiden und Sterben Jesu erinnern soll. Dazu gehören auch Passionsspiele - und derer gibt es noch in der Eifel, etwa in Wallersheim vom 23. Februar bis 29. März sowie in Rieden bei Mendig und St. Vith in Belgien.

 Die Aufführungen der Theatergruppe der Feuerwehr Daun-Steinborn – hier ein Foto aus dem Jahr 1949 – erfreuten sich großer Beliebtheit. Foto: privat

Die Aufführungen der Theatergruppe der Feuerwehr Daun-Steinborn – hier ein Foto aus dem Jahr 1949 – erfreuten sich großer Beliebtheit. Foto: privat

Wallersheim/Prüm. Wenn am Samstag, 23. Februar, 100 Laienschauspieler bei den Passionsspielen in Wallersheim (Eifelkreis Bitburg-Prüm) die letzten Tage Jesu begreifbar machen, blicken sie auf eine lange Tradition zurück. Sie brachten in ihrer gefühlvollen Darstellung den Menschen, die in früheren Zeiten nicht lesen und schreiben konnten, die Bibel bilderreich und anschaulich nahe.
Dorf Geschichte

 Feuerwehr spielt biblische Geschichte: 400 Besucher sahen die Vorstellungen in Gillenfeld im März und April 1924. Foto: privat

Feuerwehr spielt biblische Geschichte: 400 Besucher sahen die Vorstellungen in Gillenfeld im März und April 1924. Foto: privat


Passionsspiele sind bereits im 13. Jahrhundert nachweisbar. Während des Mittelalters wurden sie meist Mysterienspiele genannt. Diese gab es nicht nur an Karfreitag, sondern auch zu Ostern mit szenischer Darstellung der Auferstehung oder - teilweise heute noch - zu Weihnachten wie etwa in Form von Lebendigen Krippen.
Bekannt war die Karfreitagsprozession von Prüm, von der Salvatorkirche hinauf auf den Kalvarienberg, meist verbunden mit einem Passionsspiel. Im Gegensatz zu heute, wo der Christusdarsteller ein bestens beleumundeter Mann sein muss, war es seinerzeit in Prüm wohl meist ein Mann, der schuldbeladen die Jesus-Rolle als Buße auf sich nahm. Anschaulich erlebten die Zuschauer die Leidensgeschichte, empfanden tiefes Mitleid und erneuerten so ihren Glauben.
Solche Passionsspiele bemühten sich stets, möglichst wortgetreu mit den biblischen Evangelien zu sein. Festgelegte Texte oder vorgeschriebene Rollen existierten weniger. Die meisten Spielorte oder -leiter gestalten Szenen und Dialoge frei. Und bei dieser "künstlerischen Freiheit" kam es in der Vergangenheit häufig zu komischen Episoden oder possenhaften Handlungen. "Solche Darstellungen waren zu komisch, um zu Andacht und Beschaulichkeit anregen zu können", schreibt der Volkskundler Wrede. Statt tränenreicher Ergriffenheit brach oft ausgelassenes Gelächter aus, wenn "beim Einzug nach Jerusalem" der Esel bockte und Jesus abwarf oder der Nachbar den Jesusdarsteller heftiger geißelte, als es das Drehbuch vorschrieb. So kam es wegen solcher unbeabsichtigten Entgleisungen auch 1782 zu einem generellen Verbot der Passionsspiele seitens des Trierer Erzbischofs Wenzeslaus wegen "Trinkerei und Ausgelassenheit", nicht nur in Prüm, sondern auch in Trier, Wittlich und anderen Orten.
Prüm hielt sich wohl nicht so streng an diesen geistlichen Befehl, denn 1795 noch war die beliebte Karfreitagsprozession, bei der Bürger den Kreuzweg Christi szenisch nachstellten, im Gebrauch, wurde in diesem Jahr unter Strafandrohung von der französischen Besatzungsregierung verboten.
In den letzten Jahrzehnten erfahren die Passionsspiele eine Wiederbelebung. So auch in Wallersheim, wo seit 1987 alle fünf Jahre in der Pfarrkirche St. Nikolaus die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu Christi dargestellt wird. In diesem Jahr sind insgesamt 15 Aufführungen zwischen Samstag, 23. Februar, und Karfreitag, 29. März, geplant, immer freitags, samstags und sonntags.
Auch in Rieden bei Mendig gibt es seit 1987 etwa alle fünf Jahre Passionsspiele zu sehen; zum zehnten Mal 2011. Im ostbelgischen Marienwallfahrtsort Schönberg bei St. Vith werden seit 1993 alle fünf Jahre Passionsspiele aufgeführt, zuletzt im März und April des vergangenen Jahres. Die nächsten Spiele sind für 2017 geplant.
All diese Passionsspiele haben eines gemeinsam: Ausverkaufte Säle beweisen hohes Interesse bei der Bevölkerung. Presse und Fernsehen berichten ausführlich über diese Besonderheiten. Die Bühnenbilder, Musik, eine einfache und ungekünstelte Sprache sowie Laienschauspieler geben dem biblischen Stoff volkstümliche Anschauung.
Fast überall halten sich die Texte eng an biblische Vorgaben. Aber im Gegensatz zur Vergangenheit wird heute darauf Wert gelegt, dass aus der Textgestaltung die Darstellungen der Juden als "Christus-Mörder" verschwinden und keine antisemitischen Tendenzen abgeleitet werden können.
Karten für die Passionsspiele in Wallersheim gibt es für 15 Euro (10 Euro für Kinder bis 15 Jahre) im Internet unter www.passionsspiele-wallersheim.de sowie unter der Telefonnummer 06558/9002888 (dienstags und freitags von 17 bis 19 Uhr, sonst Anrufbeantworter).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort