Beste Freundinnen auf Zeit
Prüm · Keine Geburt ohne Hebamme: So ist es Vorschrift. Doch hohe Kosten für die Haftpflichtversicherung verleiden immer mehr jungen Frauen den Weg in den Beruf. Dennoch ist es gelungen, das Prümer Team neu zusammenzustellen. Im Gespräch mit dem TV berichten sie über ihren anspruchsvollen Beruf. Außerdem bieten sie heute im Krankenhaus einen Informationsabend an.
Prüm. 150 Kinder werden jährlich im Prümer Krankenhaus geboren. Mal sind es einige mehr, mal einige weniger. Immer dabei sind die Hebammen, deren Team nun neu zusammengestellt worden ist (der TV berichtete).
Der Berufsstand leidet unter den enormen Kosten für die notwendige Berufshaftpflichtversicherung, die in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Derzeit beläuft sich der Jahresbeitrag auf rund 4200 Euro. Denn ein Fehler bei der Geburt kann schwere Folgen haben, beispielsweise eine lebenslange Behinderung, die immense Kosten verursacht. "Da muss man gut versichert sein", sagt Kathrin Kiefer. Viele Hebammen haben daher in den vergangenen Jahren ihren Beruf aufgegeben - und es wird immer schwieriger, Nachwuchs zu finden. "Es ist eine spannende Aufgabe, die Spaß macht, aber die Bedingungen sind nicht einfacher geworden", sagt Petra Hoffmann-Thielen, die seit 19 Jahren Schwangere begleitet und hilft, Kinder auf die Welt zu bringen.
"Der Kontakt zur Hebamme kann ab dem Moment beginnen, an dem der Schwangerschaftstest positiv ist", erklärt ihre Kollegin Kathrin Kiefer, ebenfalls seit Jahren als Hebamme in Prüm tätig. Ab dann stünden sie bei allen Fragen und Problemen rund um die Schwangerschaft als Begleiterinnen zur Verfügung und können Vorsorgeuntersuchungen übernehmen. "Die Hebamme ist wie eine beste Freundin auf Zeit", sagt Kiefer. Denn Frauen hätten untereinander einen besonderen Bezug und trauten sich, Dinge anzusprechen, über die sie nicht mit dem Frauenarzt reden wollten.
Selbstständige Beleghebammen
"Das Schöne in Prüm ist die persönliche Betreuung", sagt Petra Hoffmann-Thielen. So werde von der ersten Geburtswehe an die Schwangere durchgehend nur noch von einer Hebamme begleitet. "So ist eine intensivere und individuellere Betreuung möglich", sagt sie. Diese reiche bis zum Abstillen des Kindes und werde komplett von den Krankenkassen finanziert. Bis zu 20 Schwangere werden von einer Hebamme gleichzeitig betreut.
Die vier Prümer Hebammen arbeiten als Selbstständige und haben mit dem Krankenhaus einen Belegvertrag geschlossen. Das heißt, die Entbindungen finden im Prümer Krankenhaus statt. Darüber hinaus stimmen sie sich ab, sodass immer eine von ihnen Rufbereitschaft hat, also rund um die Uhr bei Geburten oder Problemen hinzugezogen werden kann.
Auch nach der Entbindung werden die Hebammen einbezogen und sind auf der Station im Krankenhaus präsent - etwa bei der täglichen Visite auf der Wochenstation. "Die Zusammenarbeit mit den Krankenschwestern der Station klappt wirklich sehr gut", sagt Hoffmann-Thielen.
"Für uns ist wichtig, dass auch weiterhin bei uns im Haus Geburten stattfinden können", sagt Andreas Fidelak, der kaufmännische Direktor des Krankenhauses. Zur Grundversorgung, die man in Prüm gewährleisten will, gehöre nun einmal auch die Möglichkeit, Kinder zu gebären.
Beim Informationsabend am heutigen Donnerstag ab 19 Uhr stellen sich Andrea Blum, Veronique Wagner, Kathrin Kiefer und Petra Hoffmann-Thielen vor und informieren werdende Eltern gemeinsam mit Frauenarzt Dr. Leonard Wagner über ihre Angebote.
Extra
In Deutschland gibt es derzeit etwa 18 000 Hebammen, 60 Prozent von ihnen arbeiten freiberuflich. Die Ausbildung dauert drei Jahre und findet an Hebammenschulen statt, die an Krankenhäuser angeschlossen sind. Die Ausbildung endet mit einer staatlichen Prüfung. Der Deutsche Hebammenverband tritt allerdings dafür ein, dass Hebammen künftig an Hochschulen ausgebildet werden. ch