Unser Dorf hat Zukunft Bettingen geht nach Bundeswettbewerb mit Silber in die Zukunft

Bettingen · Beim Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hat Bettingen die Silbermedaille gewonnen. Was macht das Dorf so lebenswert? Wir waren auf Spurensuche.

 Bettingen aus dem Oberdorf fotografiert: Inmitten von grünen Wäldern erstreckt sch das Dorf über die ganze Länge des Tals und an dessen Hügeln.

Bettingen aus dem Oberdorf fotografiert: Inmitten von grünen Wäldern erstreckt sch das Dorf über die ganze Länge des Tals und an dessen Hügeln.

Foto: Julia Nemesheimer

Fährt man von Bitburg aus nach Westen, merkt man schon, wie grün alles wird. Nur wenige Kilometer entfernt liegt der Ort Bettingen in einem ruhigen Tal. Um die Mittagszeit treiben sich, wenn man genauer hinschaut, viele Bettinger im Dorf herum. Entweder sitzen sie gemütlich unter dem Sonnenschirm vor dem Haus oder auf der Terrasse oder aber sie sind am Werkeln. Denn nicht nur die große Baustelle mitten im Unterdorf ist geschäftig, auch die Dorfbewohner selbst. Am Haus, im Garten, direkt an der Straße – die Bettinger haben viel zu tun.

Was aber vor allem überzeugt: die Aussicht aus dem Oberdorf. Stellenweise kann man das ganze Tal überblicken und fast hat man den Eindruck, mitten im Urlaub zu sein.

Ein Rundgang durch Bettingen
30 Bilder

Ein Rundgang durch Bettingen

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Foto: Julia Nemesheimer

Das sagen die Bürger: Die Bettinger jedenfalls wohnen alle sehr gerne in ihrem Ort – viele schon seit ihrer Geburt, manche mit Unterbrechung. Daniela Thommes etwa ist gerade dabei, hier ein Haus zu bauen. Gemeinsam mit ihrem Mann und den zwei Kindern zieht es sie zurück in die Heimat. „Vor allem wegen der Kinder macht es Sinn“, denn hier gebe es alles: vom Kindergarten bis Grundschule hin zu den Freizeitmöglichkeiten in den vielen Vereinen. „Der Ort bietet einem etwas.“

Das sieht auch Christian Heck ähnlich, der gerade Schönheitsreparaturen an seinem Haus vornimmt. „Mich hat die Liebe hierhergezogen, meine Frau kommt gebürtig aus Bettingen.“ Auch für ihn hat das Dorf alles, was es braucht: eine gute Gemeinschaft, den Fußballverein, eine Kneipe und bald eben auch einen Supermarkt. Seine Schwägerin Natalie Masselter ergänzt, dass man im Oberdorf viel Ruhe habe, gleichzeitig aber auch schnell im Unterdorf sei, wenn da mal gefeiert werde.

 Bettingen: Direkt an der Prüm, mit einer historischen Kirche in der Ortsmitte und preisgekrönten Häusern. Viele bleiben direkt hier wohnen oder ziehen später wieder zurück in die alte Heimat.

Bettingen: Direkt an der Prüm, mit einer historischen Kirche in der Ortsmitte und preisgekrönten Häusern. Viele bleiben direkt hier wohnen oder ziehen später wieder zurück in die alte Heimat.

Foto: Julia Nemesheimer

Hier oben stehen auch historische Häuser, die liebevoll restauriert wurden – etwa das Vogthaus. Erbaut im frühen 15. Jahrhundert zählt es nicht nur zu den ältesten Häusern Bettingens, sondern auch der Eifel. Kaum einen Steinwurf entfernt liegt die alte Burgruine, und wenn man noch ein Stück weitergeht, findet man einen alten Bauernhof, der modernisiert und 2017 mit dem ersten Platz des Baukulturpreises Eifel ausgezeichnet wurde.

Doch Bettingen kann nicht nur schön aussehen, es bietet der Jugend und den langjährigen Bewohnern keinen Grund, wegzuziehen. Die 15-jährige Lucie Uelrichs kann sich vorstellen, hier auch später zu leben. „Man kennt schließlich jeden, nach Bitburg ist es nicht weit und gleichzeitig ist es ruhig und nicht so hektisch wie in der Stadt“, erzählt sie beim Spazieren mit dem Hund. Auch Brigitte Recklat, Mutter eines 15-Jährigen, sieht die vielen Möglichkeiten, die die Vereine und der Jugendraum den jungen Bettingern bieten. „Es kommt natürlich drauf an, was die Kinder draus machen – aber ein gutes Angebot ist da.“

 Der umgebaute, modernisierte Hof wurde 2017 mit dem Baukulturpreis Eifel ausgezeichnet.

Der umgebaute, modernisierte Hof wurde 2017 mit dem Baukulturpreis Eifel ausgezeichnet.

Foto: Julia Nemesheimer

Was an oberster Stelle steht bei den Bettingern: die Nähe zur Natur, die schöne Aussicht und die Ruhe. Das lässt einen hierbleiben – oder wieder zurückkommen.

Das sagt der Bürgermeister: „Das haben wir nur als Dorfgemeinschaft zusammen hinbekommen.“ Der 62-jährige Jürgen Holbach wurde bei der diesjährigen Kommunalwahl erneut zum Ortschef gewählt – nach bereits 25 Jahren im Amt. Die Wahl führt allerdings auch dazu, dass derzeit noch keine konstituierende Sitzung stattgefunden hat. „Die ist erst im August, daher sind wir gerade in einem Handlungsvakuum“, sagt Holbach. Entsprechend kann er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, was genau mit dem Preisgeld passieren wird. Ideen gibt es aber schon einige.

 Die Kirche von bettingen liegt am Ende einer Kopfsteinpflasterstraße.

Die Kirche von bettingen liegt am Ende einer Kopfsteinpflasterstraße.

Foto: Julia Nemesheimer

Das ohnehin schon sehr naturnahe und grüne Bettingen soll noch grüner werden. So gebe es in den Neubaugebieten verkehrsberuhigende Inseln, die schöner begrünt werden könnten. „Steine wollen wir da sicherlich keine reinsetzen“, sagt Holbach lachend und nimmt damit Bezug auf die Steingärten, die in vielen Orten, etwa Bitburg, vermehrt zu sehen sind (der TV berichtete). „Wir sind auf dem Trip mit dem grünen Daumen“, sagt der Ortsbürgermeister. Für August sind zwei Baumschnittworkshops angesetzt, für die sich interessierte Bürger bei der Gemeindeverwaltung anmelden können. Ein weiterer Vorschlag des Bürgermeisters wäre entsprechend auch eine Investition des Preisgeldes in weitere Bäume.

Auch die Jugendgruppe, die sich viel engagiert hat und gerade ihren neuen Raum im Gemeindehaus bezieht, könnte von den Geldern profitieren und damit das ein oder andere Möbelstück finanzieren.

Bei vier Spielplätzen im Ort gebe es immer etwas, das repariert oder ersetzt werden müsse, sagt Holbach. Die Senioren wünschen sich zusätzliche Ruhebänke auf den Spazierwegen rund um das Altersheim. „Ich erhalte viele Wünsche und Anregungen von Bürgern, die sich damit auch aktiv an der Dorfgestaltung beteiligen“, meint der Ortschef.

Diese rege Teilhabe freut Holbach genauso wie das vielfältige Team, das sich mit dem Projekt „Unser Dorf hat Zukunft“ beschäftigt hat: „Da waren viele aus dem Gemeinderat dabei, aber auch Bürger, die gar nichts mit der Dorfpolitik zu tun haben.“ Bis aber schlussendlich entschieden wird, in was genau investiert wird, dauert es noch ein wenig. „Außerdem ist es keine riesige Summe – je nach Projekt wird die Gemeinde mit drauflegen oder Investoren finden müssen“, sagt Holbach.Der Gewinn möchte aber auch gefeiert werden. „Bald haben wir Spatenstich beim Supermarkt“, erzählt Holbach.

Bisher konnte das witterungsbedingt nicht realisiert werden. Sobald aber die Bodenplatte gegossen und die ersten Steine gesetzt werden, soll dies zum Anlass für eine kleine Feier genommen werden. „Da gibt es dann einen Umtrunk für alle und wir stoßen gemeinsam auf die Silbermedaille an.“

Das ist passiert und so geht es weiter: Nach der Goldmedaille im Landesentscheid darf sich Bettingen nun auch die Silbermedaille im Bundeswettbewerb umhängen. Der  Ort in der Verbandsgemeinde Bitburger Land ist damit unter den 30 Dörfern, die vom Bundesministerum für Ernährung und Landwirtschaft ausgezeichnet wurden. 10 000 Euro Preisgeld sind mit dem Gewinn verbunden, genauso wie ein Besuch bei der Grünen Woche in Berlin im Januar 2020. Dort werden die Auszeichnungen ganz offiziell verliehen.

Damit der Ehre noch nicht genug, gibt es doch zu einem späteren Zeitpunkt außerdem einen Empfang im Schloss Bellevue bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

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