Bitburg wird 2000 - und keiner feiert

Bitburg · 1998 würdigte man in Festreden Bitburgs 1800 Jahre. 2015 will die Stadt eine 1300-Jahr-Feier ausrichten. Dabei ist Bitburg weder rund 1800 noch 1300 Jahre alt. Es wird dieses Jahr 2000. Und niemand feiert.

 Im Gegensatz zu Bitburg hat Trier seinen 2000. Geburtstag im Jahre 1984 gebührend gefeiert – mit Glanz und Gloria und jeder Menge Prominenz: Bernard Vogel, von 1976 bis 1988 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Bundespräsident Karl Carstens und Triers Oberbürgermeister Felix Zimmermann (von links). Foto: Stadtarchiv Trier

Im Gegensatz zu Bitburg hat Trier seinen 2000. Geburtstag im Jahre 1984 gebührend gefeiert – mit Glanz und Gloria und jeder Menge Prominenz: Bernard Vogel, von 1976 bis 1988 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Bundespräsident Karl Carstens und Triers Oberbürgermeister Felix Zimmermann (von links). Foto: Stadtarchiv Trier

Bitburg. Die Augen gleiten über Buchstaben, bleiben an einer Zahl hängen, gleiten kurz weiter. Und kehren dann abrupt zur Zahl zurück. Erstaunt. Belustigt. Gibt's doch gar nicht!

Der Satz, der die Verwunderung auslöst, steht auf einer großen Info-Tafel, die Besucher an der Bitburger Römermauer über die Geschichte der Stadt informiert. Er lautet: "An der römischen Fernstraße von Trier nach Köln entstand um 10 nach Christus die römische Straßenstation Beda (Bitburg), aus der sich eine größere Ansiedlung, ein Vicus, entwickelte."

10 nach Christus. Und wir haben 2010. Macht 2000 Jahre Bitburg! Ja, hat denn die Stadt ihren 2000. Geburtstag verschlafen?

Als Trier 1984 runde 2000 Jahre alt wurde, war die Stadt fast ein ganzes Jahr lang im Freudentaumel. Der Bundespräsident kam. Auch der Generaldirektor der Unesco. Es kamen zig Kamerateams, es kamen Millionen Besucher - und das ganz ohne moselfränkische Übertreibung.

Die Bundespost brachte eine Sonderbriefmarke mit der Porta Nigra heraus. Und in Hunderten Veranstaltungen feierten die Trierer ausgiebig ihre kulturellen Schätze, auf die sie fortan noch stolzer waren als jemals zuvor.

Und was macht Bitburg? Nichts. "Man hätte mehr daraus machen können", räumt Werner Krämer, Pressesprecher der Stadt ein. Allerdings hat er auch Erklärungen dafür, dass Bitburg seine 2000-Jahr-Feier nicht begeht. Denn in fünf Jahren feiert es erstmal seine 1300-Jahr-Feier. Logischerweise, da es 1965 - gleichzeitig mit dem ersten Grenzlandtreffen (das später in Folklore-Fest umbenannt wurde) - schon eine 1250-Jahr-Feier gab.

Grund für diese Feiern ist eine karolingische Urkunde aus dem Jahre 715, in der die Stadt erstmals als "castrum bedense" erwähnt wird. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um das älteste schriftliche Zeugnis der Stadt. Denn eine Inschrift aus dem Jahr 198 nach Christus beweist, dass Bitburg zu dieser Zeit ein Theater hatte, für dessen Unterhaltung ein reicher Mann 50.000 Denare stiftete. Daher gedachte man 1998 beim Folklore-Fest auch nicht der 1283, sondern der 1800 Jahre, die es Bitburg schon gab.

Obwohl es Bitburg natürlich schon viel länger gibt. Nämlich rund 2000 Jahre. Ein exaktes Datum lässt sich nach Auskunft von Karl-Josef Gilles vom Trierer Landesmuseum nicht festlegen. Er geht davon aus, dass die Straßensiedlung etwa zeitgleich mit der römischen Fernstraße entstand - also etwa 16 vor Christus.

Die ältesten Münzen, die in Bitburg bei Bauarbeiten am Rathaus gefunden wurden, stammen aus dem ersten Jahrzehnt vor Christus. Mit dem Jahr zehn vor Christus könne man allerdings zu früh dran sein. Zwanzig Jahre später habe es Bitburg aber ganz sicher schon gegeben, sagt Gilles. Oder kurz: "Zehn nach ist sicher nicht falsch."

Gefeiert wird wohl dennoch erst, wenn Bitburg im Jahr 2015 seit 1300 Jahren schriftlich erwähnt ist. no/yz

Meinung

Alles sehr merkwürdig

Warum feiert eine Stadt, die nachweislich mindestens 2000 Jahre alt ist, keine 2000-, sondern eine 1300-Jahr-Feier? Das muss man nicht verstehen. Denn es ist nicht nur irreführend. Es ist auch einfach unsinnig. Hat Bitburg doch eine römische Geschichte, auf die es stolz sein könnte. Eine Geschichte, mit der man Menschen für die Stadt interessieren könnte. Doch scheint das römische Erbe in der Bierstadt keine allzu große Rolle zu spielen. Vielleicht, weil die Römerhochburg Trier zu nahe scheint? Eine gute Gelegenheit von dieser Nähe zu profitieren, wäre das Konstantin-Jahr gewesen. 2000 Jahre Bitburg! Dies hätte womöglich manchen der vielen Besucher Triers zu einem Abstecher in die Eifel bewegen können. Chance verpasst. 2000-Jahr-Feier verpennt. Schade drum. k.hammermann@volksfreund.de

Extra Was Trier feiert: 1984 hat Trier seine 2000-Jahr-Feier begangen. Anlass dieser Feier war nicht die erste schriftliche Erwähnung der Stadt, sondern ihre Gründung im Jahr 16 vor Christus. Inzwischen weiß man allerdings, dass Trier noch ein Jahr älter ist als zunächst gedacht. Als Beleg für diese Annahme gilt der Bau der ersten Römerbrücke Triers im Jahr 17 vor Christus. Das haben Untersuchungen der verwendeten Eichenpfähle ergeben. (kah)

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