Interview Wie Corona den Praxis-Alltag der Therapeuten auf den Kopf stellt „Die Krise beschäftigt meine Patienten vielfältig “

Bitburg-Prüm · Psychotherapeut aus Bitburg spricht über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Menschen und auf seine Arbeit.

 Markus Hangarter, Psychotherapeut aus Bitburg.

Markus Hangarter, Psychotherapeut aus Bitburg.

Foto: TV/Privat

Die Angst vor der Krankheit Covid-19 oder die Angst vor dem Verlust der Arbeit, Depression durch Quarantäne: Jeder dritte Deutsche fühlt sich durch die Corona-Krise psychisch belastet. Das geht aus einer Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach mit 1200 Teilnehmern hervor. Viel zu tun also auch für Psycho-Therapeuten, deren Praxisalltag das Virus ebenfalls auf den Kopf gestellt hat.

Davon berichtet der Bitburger Psychologe Markus Hangarter.

Herr Hangarter, beschäftigt die Corona-Krise ihre Patienten?

Hangarter: Ja, in vielfältiger Art und Weise. Insbesondere zu Beginn war eine große Verunsicherung und Angst spürbar. Im Alltag stieg beispielsweise die Belastung insbesondere von Alleinerziehenden massiv an, da die Fremdbetreuung von Kindern nicht mehr gewährleistet war.

Auch Angehörige medizinischer Berufe, etwa in der Altenpflege leiden unter den veränderten Bedingungen, denn neben Sorgen um die Gewährleistung des Eigenschutzes, müssen sie für die Ängste und Nöte ihrer Bewohner ein offenes Ohr haben und fehlende Besuche oder ehrenamtliche Aktivitäten abfangen. Außerdem gibt es Patienten, die durch die Erkrankung von Angehörigen oder Bekannten selbst direkt betroffen sind und um deren Leben bangen. Da soziale Kontakte reduziert sind und Freizeitangebote wegfallen, fehlt in vielen Fällen ein kompensatorisches Gegengewicht zur Belastung. Hinzukommen Einsamkeit und vermehrt auch finanzielle Sorgen.

Wie gehen Ihre Patienten mit der Pandemie um? Wie hat sich der Ausbruch des Virus auf die Anzahl der Sitzungen ausgewirkt?

Hangarter: Meine therapeutische Praxis war durchgehend geöffnet. Nur sehr vereinzelt gab es Patienten, die die Therapien ausgesetzt haben und anfangs lieber zu Hause bleiben wollten. An manchen Tagen habe ich keine Präsenzsitzungen durchgeführt, sondern nur Telefonate oder Videositzungen. Aktuell steigt die Quote der Präsenzsitzungen aber deutlich an.

Wie wurden Videositzungen und Telefonate als Alternative zur Präsenztherapie angenommen?

Hangarter: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband haben rasch reagiert und einige Regelungen getroffen, die die Arbeit erleichtert haben. So sind die Kontingente für Videosprechstunden vorübergehend ausgesetzt worden. Das heißt, dass derzeit 100 Prozent der Sitzungen über Videochat erfolgen können. Diese Regelungen gelten bis Ende Juni. Im März war es auch möglich psychotherapeutische Leistungen telefonisch zu erbringen. Leider wurde diese Regelung zum ersten April wieder abgeschafft. Telefonate sind nun nur noch begrenzt abrechenbar und ersetzen keine Therapieeinheiten mehr. Gerade in der Eifel stößt die Videotelefonie aber oft technisch an ihre Grenzen, weil die Internetverbindung nicht überall ausreicht. Sodass ich mir wünschen würde, dass reine Telefonate als Alternative wieder zugelassen würden. Außerdem verfügt nicht jeder Patient über die entsprechende Technik.

Welche Sicherheits- und Hygienevorkehrungen haben Sie in Ihrer Praxis getroffen?

Hangarter: In der Praxis gelten die gesetzlichen Regelungen, das heißt: Maskenpflicht für Wartezimmer und überall dort, wo kein ausreichender Abstand gehalten werden kann. In den Gesprächen stehen die Sessel nun eben weiter auseinander. Auf Händeschütteln wird verzichtet und vor dem Betreten der Praxis sind alle Patienten aufgefordert, ihre Hände zu desinfizieren. Glücklicherweise hat die Kassenärztliche Vereinigung allen Praxen insgesamt 50 Masken (davon 10 FFP2) und einen Liter Handdesifektionsmittel zum Selbstschutz kostenlos zur Verfügung gestellt.

Markus Hangarter wurde 1975 in Stuttgart geboren, vor der Niederlassung als psychologischer Psychotherapeut in Bitburg war er 14 Jahre lang im Mutterhaus Trier als leitender Psychologe der Psychiatrie tätig. Neben der Praxistätigkeit ist er als Dozent, Supervisor und Prüfer am Weiterbildungsstudiengang „Psychologische Psychotherapie“ der Uni Trier aktiv.

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