Bitburgs neuer Glockenturm: Er klingt wieder (Fotos/Videos)

Bitburg · Bitburger retten mit privater Initiative den Glockenturm in der Fußgängerzone. Der spielt vielleicht bald schon ein neues Lied.

"Muss i denn, muss i denn zu-um Städtele hinaus, Städtele hinaus …" tönt es durch die Bitburger Fußgängerzone. Passanten bleiben stehen und blicken erstaunt unter ihren Regenschirmen nach oben. Einige zücken ihr Handy und machen Fotos. Sie klingen wieder, die Glocken am Turm bei der Liebfrauenkirche. Jahrelang waren sie verstummt. Zum Leidwesen des Gewerbevereinsvorsitzenden Edgar Bujara und seiner Familie. Denn der Vater von Karin Bujara-Becker, Klaus Becker, hatte einst die Idee zum Turm.

"Der Gewerbeverein wollte damals etwas Bleibendes schaffen, einen markanten Punkt, damit man am Gäßestrepperbrunnen auf die obere Fußgängerzone aufmerksam werde", erklärt Bujara. Becker war es auch, der dem damaligen Bürgermeister Joachim Streit am 14. März 1997 als Gewerbevereinsvorsitzender den Glockenturm offiziell übergab. "Die Verwirklichung des Turms war nur durch sein großes Engagement möglich", sagt Bujara.

Seitdem spielten die 18 Glocken jede Stunde ein Lied, je nach Jahreszeit Volksweisen oder Weihnachtslieder - 14 Stück am Tag, von 10 bis 18 Uhr. "Im Frühtau zu Berge" gehörte genauso zum Repertoire wie "Hänschen klein" und "Schneeflöckchen, Weißröckchen".
Begleitet wurden die musikalischen Einlagen von zwei Handwerkerfiguren, die nach Norden und Süden aus einem Türchen im Turm grüßten: im Wechsel ein Metzger, ein Schmied, ein Schreiner, ein Zimmermann, ein Bäcker und - na klar, in Bitburg auch ein Brauer. Und zwar nicht irgendwelche Handwerker, nein, die Figürchen waren echten Personen aus Bitburg nachempfunden - für Touristen ein Hingucker.

Doch dann blieb 2010 die Uhr stehen am Bitburger Glockenturm. Und nicht nur das, auch die Musik verstummte. Die Witterung hatte dem Wahrzeichen der Fußgängerzone zugesetzt. Das Problem: Die Technik war kompliziert, die Reparatur musste eine Spezialfirma übernehmen, und Geld war auch keines da. Bis sich 2015 die Bujaras und Beckers der Sache annahmen: Sie organisierten fünf Edelflohmärkte, deren Erlös sie spendeten. "Ich möchte mich bei meiner Familie und meinen Freundinnen bedanken, die mehrfach ihren Kleiderschrank aussortiert, stundenlang ausgezeichnet, sortiert, aufgebaut und verkauft haben", sagt Bujara-Becker. Aber auch zahlreiche andere private Spender hätten spontan hochwertige Kleidung gestiftet.

Im Herbst 2016 spendete der Gewerbeverein den Erlös des ersten Konradfestes, rund 10.000 Euro. Firmen, Vereine und Gastronomen aus der Region beteiligten sich unentgeltlich für den guten Zweck. Beim Weihnachtsmarkt stellte Familie Bujara ihr altes Kinderkarussell auf und spendete auch dessen gesamten Erlös. Außerdem verzichtete sie bei privaten Feiern auf Geschenke und sammelte stattdessen für den Turm. Insgesamt kamen in anderthalb Jahren 53.771,85 Euro zusammen.

"Jetzt ist es soweit", verkündet Bujara, "die Sanierung ist abgeschlossen." - "Wir beide sind überwältigt von der Unterstützung in der Bevölkerung", sagt seine Frau, "wir sind froh, dass der Glockenturm meines Vaters saniert ist und seinen ursprünglichen Zweck wieder erfüllt: nämlich die Steigerung der Attraktivität der Fußgängerzone."

Das findet auch der Bürgermeister: "Die Stadt hat eine ihrer Attraktionen zurück und darauf sind wir stolz." Die Sanierung sei - wie auch schon der Bau des Turmes - ein einzigartiges Beispiel dafür, was man mit privatem Engagement zum Wohle der Allgemeinheit auf die Beine stellen könne. Und damit wollen die Bujaras und Beckers weitermachen. Sollte nicht das ganze Geld benötigt werden, hätten sie schon ein neues Projekt im Auge, verrät der Gewerbevereinsvorsitzende. Und er verrät noch etwas: Eventuell wird das Repertoire des Glockenturms bald um ein neues Lied ergänzt. Vielleicht tönt dann "Hei lustisch Beburger Jungen dat sei mir" durch die Fußgängerzone.
KOSTENDer Bau des Turms hatte 152.000 DM gekostet. 42.000 DM übernahm die Stadt, die restlichen 110.000 DM spendeten Gewerbetreibende. Die Erneuerung der Uhren kostete knapp 9000 Euro. Für die Instandsetzung des Geläuts und der Figuren kalkuliert die Spezialfirma aus Calw 42.000 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort